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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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nichts unternehmen, so haben wir hier in Amerika in einem Jahr eine Diktatur!«
    »Du übertreibst, wie immer«, sagte Barrett.
    »Ich hab’s ja gesagt: du interessierst dich nicht dafür!«
    Bernstein reizte ihn, aber das war für Barrett nichts Neues. Seit vier Jahren, seit sie sich 1980 kennengelernt hatten, ging das so. Damals waren sie beide zwölf gewesen. Barrett war knapp einen Meter achtzig groß, stämmig und muskulös, Jack dagegen sah jetzt sehr zerbrechlich aus und war für sein Alter zu klein. Ein unerklärliches Band hielt die beiden zusammen – vielleicht der Reiz des Gegensätzlichen. Barrett akzeptierte den schnellen und präzisen Verstand seines Freundes, und er hatte den Verdacht, daß Jack ihn wiederum als Beschützer brauchte. Und Jack brauchte Schutz, denn er gehörte zu der Art von Menschen, die man oftmals schon verprügelte, obwohl sie noch kein Wort gesagt oder etwas Schlimmes getan hatten.
    Jetzt waren sie beide sechzehn Jahre alt, und in diesem Augenblick war für Jim Barrett wieder der Moment gekommen, da er die Nähe seines Freundes nicht ertragen konnte.
    »Was willst du von mir?« fragte er.
    »Kommst du einmal mit zu unseren Versammlungen?«
    »Ich möchte nichts mit Untergrundarbeit zu tun haben.«
    »Untergrund!« schrie Bernstein ihn an. »Das ist doch nur so ein Reizwort, und mit Worten läßt sich vieles, aber oft auch gar nichts sagen. Jeder, der ein wenig zur Verbesserung dieser Welt beitragen möchte, ist wohl in deinen Augen ein Widerstandskämpfer, wie?«
    »Nun …«
    »Nehmen wir Christus, war er etwa einer?«
    »Vielleicht könnte man ihn so nennen«, sagte Barrett vorsichtig. »Dann weißt du ja auch, was mit ihm geschehen ist.«
    »Er war nicht der erste, der für seine Überzeugung starb, und er wird nicht der letzte sein. Du dagegen gehst lieber auf Nummer Sicher. Du bleibst behäbig in deinem Sessel hocken und sieht zu, wie diese Bastarde die Welt zerfleischen. Was wirst du sagen, wenn du sechzig bist, und die ganze Welt in ein riesiges Sklavenlager verwandelt worden ist? Du klirrst mit deinen Ketten und sagst: ›Nun gut, ich lebe, also ist noch alles in Ordnung.‹«
    »Besser ein lebender Sklave als ein toter Partisan.«
    »Wenn du das wirklich glaubst, bist du verkommener, als ich dachte.«
    »Ich sollte dich dafür zusammenschlagen, Jack. Du störst mich wie ein lästiger Moskito!«
    »Glaubst du wirklich an das, was du da eben gesagt hast? Glaubst du das wirklich?«
    Barrett zuckte die Achseln. »Woran glaubst du?«
    »Komm zu einem unserer Treffen, Jimmy. Zerreiße den Kokon, der dich umgibt und tue etwas. Wir brauchen Menschen wie dich.« Bernsteins Stimme hatte plötzlich alle Aggressivität verloren, klang tiefer, ernster. »Jemand von deinem Format, Jimmy, könnte uns sicherlich viel helfen. Wenn ich dich nur von der Bedeutung unserer Arbeit überzeugen könnte …«
    »Wie können eine Handvoll Studenten und Schüler die Welt verändern?«
    Jack hatte schon eine scharfe Antwort auf der Zunge, beherrschte sich aber. »Wir sind nicht nur junge Leute«, sagte er dann. »Aber wie in deinem Fall, so fehlt den meisten jungen Leuten eine Aufgabe, ein Ziel, das sie sich setzen. Wir haben auch Männer über dreißig dabei, und wenn du sie kennen würdest, würdest du anders denken und verstehen, was ich meine. Sprich zum Beispiel einmal mit Pleyel, und du wirst wirkliche Hingabe an eine Sache und Überzeugung kennenlernen. Oder mit Hawksbill. Wir haben sogar Mädchen unter uns. Sie sind ziemlich emanzipiert und freizügig, falls du in dieser Richtung etwas brauchst.«
    »Seid ihr Kommunisten, Jack?«
    »Nein, ganz sicher nicht. Wir haben zwar Marxisten unter uns, sicher, aber bei uns sind viele politische Richtungen vertreten. Man könnte uns vielleicht sogar als Antikommunisten bezeichnen, denn wir meinen, daß der Staat nur ein Minimum an Mitspracherecht in persönlichen Dingen haben sollte, während die Marxisten, wie dir sicherlich bekannt ist, alles für planbar halten. In diesem Sinne sind wir eher Anarchisten, da wir der Regierung praktisch alle Rechte nehmen wollen. Siehst du nun, wie wenig Bezeichnung manchmal aussagen können? Für viele Linke sind wir Rechtsabweichler, für die Rechten dagegen Linksradikale. Kommst du einmal zu uns?«
    »Erzähl mir mehr von den Mädchen.«
    »Sie sind attraktiv, intelligent und nett. Einige von ihnen finden vielleicht sogar Interesse an einem apolitischen Menschen wie dir, nur weil du so ein wandelnder Muskelberg

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