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Verbannte der Ewigkeit

Verbannte der Ewigkeit

Titel: Verbannte der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Furcht vor einer Verhaftung und der Erleichterung gelebt, nicht festgenommen zu werden, hatte er schließlich den Gedanken an eine Verhaftung in die hinterste Ecke seines Hirns verbannt und ihn fast vergessen. Und jetzt hatte man ihn endlich doch ergriffen.
    Barrett wunderte sich ein wenig über sich selbst, als er feststellte, daß die einzige Reaktion auf diese Tatsache Erleichterung war. Die Ungewißheit war vorbei, jetzt wußte er, woran er war.
    Barrett war jetzt achtunddreißig Jahre alt und Chef der östlichen Abteilung der Kontinentalen Befreiungsfront. Seit seiner Jugend hatte er mit Tausenden kleinen Schritten versucht, das Regime zu beseitigen, ohne einen sichtbaren Schritt weitergekommen zu sein. Janet wurde immer noch vermißt. Jack Bernstein, sein Mentor in revolutionären Dingen, war mit fliegenden Fahnen übergelaufen. Hawksbill war vor ein paar Jahren an Leberzirrhose gestorben. Es liefen Gerüchte um, daß es ihm noch gelungen sei, eine Zeitmaschine zu bauen, und daß die Regierung inzwischen damit experimentierte. Man hörte, daß dazu politische Gefangene mißbraucht wurden, und daß auch Norman Pleyel ein Opfer dieser Experimente geworden sei. Man hatte ihn im März 2005 verhaftet und nie wieder etwas von ihm gehört. Nach seiner Verhaftung war Barrett auch nominell der Führer der Bewegung geworden – er hatte allerdings gehofft, noch etwas mehr Zeit für seine Arbeit zu haben.
    Seltsamerweise bedauerte Barrett in gewisser Weise nicht, daß er jetzt auch das Schicksal der anderen Verhafteten erleiden würde. Er war müde geworden, wollte, daß andere die schwierige und langwierige Aufgabe der Vorbereitungen der Revolution übernahmen.
    Die Revolution, dachte er bitter. Sie war schon zum Scheitern verurteilt gewesen, als man mit ihrer Vorbereitung begonnen hatte. Er erinnerte sich an Jack Bernsteins Worte aus dem Jahre 1987: »Seht ihr nicht die Gefahr? Wir werden immer mehr Einfluß verlieren, wenn wir nicht die nächste Generation auf unsere Seite ziehen. Die Syndikalisten beeinflussen die Kinder und bringen ihnen bei, daß der Syndikalismus das einzig Wahre und Schöne sei, und je länger sie sich an der Macht halten können, desto länger wird sich diese Staatsform halten können, das ist ein tödlicher Kreislauf! Jeder, der die alten Zustände wieder einführen will, oder jener, der die neuen noch verbessern will, wird als bombenwerfender Terrorist abgetan!« Ja, Jack hatte recht behalten. Die Befreiungsfront hatte sich natürlich um Kinder gekümmert, aber nicht genug. Trotz einer immer geschickteren Propaganda, der Vermischung von Unterhaltung und Agitation, der finanziellen Unterstützung Tausender Amerikaner und der Mithilfe der fähigsten Köpfe des Landes hatte man praktisch nichts erreicht. Es war ihnen nicht gelungen, die breite Masse der Bevölkerung aus ihrer Lethargie zu reißen: alle die, die mit der Regierung zufrieden waren, alle jene, die Angst vor Veränderungen hatten.
    Meine Verhaftung ist kein Verlust, dachte Barrett. Ich kann der Bewegung keine neuen Impulse mehr geben, ich bin verbraucht. Im Grunde habe ich schon vor langer Zeit aufgegeben; wenn ich noch länger dabei bin, stecke ich die Leute mit meinem Pessimismus nur an.
    Es stimmte: Seit Jahren war er kein revolutionärer Agitator mehr gewesen, sondern ein Bürokrat der Revolution, ein Aktenwurm. Er wußte nicht einmal, wie er reagieren würde, wenn die Revolution morgen ausbräche. Wäre er erfreut oder erschrocken, plötzlich all seine Theorien in die Praxis umsetzen zu müssen? Ihm war das Leben am Rande der Revolution zu einer Gewohnheit geworden, und er fühlte sich wohl an diesem Platz. Sein wirkliches Engagement für die Veränderung war schon lange eingeschlafen.
     
    »Sie sind sehr ruhig«, sagte der Mann links neben ihm.
    »Sollte ich schreien und toben?«
    »Wir haben, offengesagt, mehr Ärger mit Ihnen erwartet. Immerhin sind Sie ein Spitzenmann der Bewegung …«
    »Dann kennen Sie mich aber schlecht. Ich bin lange darüber hinweg, daß mich noch interessiert, was man mit mir macht.«
    »So, wirklich? Das paßt allerdings nicht zu dem, was wir über Sie wissen. Sie sind doch eingeschworener Revolutionär von der ersten Stunde an, Barrett. Sie gelten als gefährlicher Radikaler, deshalb haben wir Sie überwacht.«
    »Warum haben Sie so lange gewartet, mich zu verhaften?«
    »Wir halten es nicht für sinnvoll, einfach jemanden zu verhaften. Darüber gibt es ein langfristiges Programm, und der Zeitpunkt

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