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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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stornieren und mit ihr nach Stockholm fliegen, schüttelte sie den Kopf.
    »Nein«, widersprach sie. »Wir können den Job jetzt nicht in den Sand setzen. Du musst allein nach Australien fliegen.«
    Sie trennten sich vor dem Hotel.

26. Kapitel
    Dienstag, 15. Juli - Donnerstag, 17. Juli
     
    Mikael nahm einen Inlandsflug von Canberra nach Alice Springs. Etwas anderes blieb ihm nicht übrig, als er am späten Nachmittag ankam. Danach hatte er die Wahl, für die vierhundert Kilometer lange Fahrt Richtung Norden entweder ein Flugzeug zu chartern oder ein Auto zu mieten. Er entschied sich für Letzteres.
    Ein Unbekannter mit dem biblischen Decknamen Joshua, der zu Plagues oder vielleicht auch Trinitys geheimnisvollem internationalem Netzwerk gehörte, hatte am Informationsschalter des Flughafens ein Kuvert hinterlassen, das auf Mikael wartete, als er in Canberra landete.
    Der Telefonanschluss gehörte zu einer gewissen Cochran Farm. Ein kurzer Bericht klärte Mikael darüber auf, dass es sich um eine Schaffarm handelte. Eine Zusammenfassung aus dem Internet lieferte ihm Details über die australische Viehwirtschaft. Australien hat 18 Millionen Einwohner. 53 000 von ihnen sind Schafzüchter, die ungefähr 120 Millionen Schafe besitzen. Allein der Export der Wolle macht einen Umsatz von 3,5 Milliarden Dollar jährlich aus. Dazu kommen der Export von 700 Millionen Tonnen Hammelfleisch sowie das Leder für die Bekleidungsindustrie. Die Fleisch- und Wollproduktion sind die wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes.
    Die Cochran Farm, 1891 von einem Jeremy Cochran gegründet, war Australiens fünftgrößter Agrarbetrieb mit ungefähr 60 000 Merinoschafen, deren Wolle als besonders fein gilt. Neben den Schafen hielt man auch noch Kühe, Schweine und Hühner.
    Mikael stellte fest, dass die Cochran Farm ein Großunternehmen mit einem imposanten Jahresumsatz war, der durch regen Export - unter anderem in die USA, Japan, China und Europa - zustande kam.
    1972 war die Farm von einem Raymond Cochran an Spencer Cochran vererbt worden, der in Oxford studiert hatte. Spencer starb 1994. Seitdem wurde die Farm von seiner Witwe geführt. Auf der Homepage der Cochran Farm war sie auf einem verschwommenen, körnigen Bild zu sehen: eine kurzhaarige blonde Frau mit halb verdecktem Gesicht, die ein Schaf streichelte. Nach Joshuas Angaben hatte das Paar 1971 in Italien geheiratet.
    Ihr Name war Anita Cochran.
     
    Mikael übernachtete in einem ausgetrockneten Kaff mit dem hoffnungsvollen Namen Wannado. Im Pub aß er Hammelbraten und hob drei Pints mit ortsansässigen Leuten, die ihn »mate« nannten und einen lustigen Akzent hatten. Er fühlte sich, als wäre er am Film-Set von Crocodile Dundee .
    Bevor er spätnachts einschlief, rief er Erika in New York an.
    »Tut mir leid, Ricky, aber ich war so beschäftigt, dass ich keine Zeit hatte, dich anzurufen.«
    »Was zum Teufel ist da eigentlich los in Hedestad?«, explodierte sie. »Christer hat angerufen und mir erzählt, dass Martin Vanger bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Und warum gehst du nicht ans Telefon? Ich hab in den letzten Tagen wie verrückt probiert, dich anzurufen.«
    »Ich hab hier kein Netz.«
    »Wo bist du denn?«
    »Ungefähr zweihundert Kilometer nördlich von Alice Springs. Also in Australien.«
    Mikael hatte Erika nur selten überraschen können. Diesmal schwieg sie fast zehn Sekunden.
    »Und was machst du in Australien, wenn ich fragen darf.«
    »Ich bin dabei, meinen Job zu Ende zu bringen. In ein paar Tagen bin ich zurück in Schweden. Ich hab nur angerufen, um dir zu erzählen, dass der Auftrag für Henrik Vanger bald erledigt ist.«
    »Du willst doch nicht etwa sagen, dass du herausgefunden hast, was mit Harriet passiert ist?«
    »Scheint fast so.«
     
    Als er am nächsten Tag gegen zwölf Uhr bei der Cochran Farm ankam, erfuhr er, dass Anita Cochran sich derzeit an einer ihrer Produktionsstätten an einem Ort namens Makawaka aufhielt, der weitere hundertzwanzig Kilometer westlich gelegen war.
    Es wurde vier Uhr nachmittags, bevor Mikael sich seinen Weg über unzählige backroads gesucht hatte. Er blieb an einem Zaun stehen, wo sich eine Gruppe von Schafzüchtern zum Kaffeetrinken um den Kühler eines Jeeps versammelt hatte. Mikael stieg aus, stellte sich vor und erklärte, er suche Anita Cochran. Die Männer schauten auf einen muskulösen Mann um die dreißig, der anscheinend derjenige in der Gruppe war, der die

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