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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Mails befand sich allerdings in Dahlmans eigenem Laptop, auf den sie keinen Zugriff hatten. Aber über den Computer an seinem Arbeitsplatz konnte Lisbeth feststellen, dass Dahlman außer seiner » millennium.se «-Mailadresse noch einen privaten Account bei Hotmail hatte. Sie brauchte sechs Minuten, um das Hotmailkonto zu knacken und seine Korrespondenz des letzten halben Jahres herunterzuladen. Fünf Minuten später hatte Mikael genügend Belege dafür, dass Janne Dahlman interne Informationen über die Situation bei Millennium nach außen gegeben und den Redakteur von Monopol über geplante Reportagen auf dem Laufenden gehalten hatte. Diese Spionage war mindestens seit dem letzten Herbst im Gange.
    Sie schalteten die Computer wieder aus, gingen zurück in Mikaels Wohnung und schliefen ein paar Stunden. Am nächsten Morgen um zehn Uhr rief er Christer Malm an.
    »Ich habe Beweise, dass Dahlman für Wennerström arbeitet.«
    »Hab ich mir’s doch gedacht. Okay, dann werf ich das verdammte Schwein heute endgültig raus.«
    »Tu’s nicht. Tu überhaupt nichts.«
    »Nichts?«
    »Vertrau mir, Christer. Wie lange ist Dahlman noch in Urlaub?«
    »Am Montag fängt er wieder an.«
    »Wie viele sind heute in der Redaktion?«
    »Tja, hier ist es halb leer.«
    »Kannst du für zwei Uhr ein Meeting einberufen? Sag nicht, worum es geht. Ich komme dann zu euch.«
     
    Sechs Leute saßen vor Mikael am Konferenztisch. Christer Malm sah müde aus, Henry Cortez hingegen so frisch verliebt, wie es nur Vierundzwanzigjährige sein können. Monika Nilsson wirkte gespannt. Christer Malm hatte mit keinem Wort angedeutet, worum es bei diesem Meeting gehen würde, aber sie war lange genug dabei, um zu wissen, dass hier etwas Ungewöhnliches im Busch war. Außerdem passte es ihr nicht, dass man sie aus dem information loop herausgehalten hatte. Die Einzige, die aussah wie immer, war die Teilzeitangestellte Ingela Oskarsson, die sich zwei Tage pro Woche um die administrativen Aufgaben, das Abonnentenregister und Ähnliches kümmerte. Sie wirkte nicht mehr sonderlich gestresst, seit sie vor zwei Jahren Mutter geworden war. Die andere Teilzeitkraft war die freiberufliche Journalistin Lotta Karim, die einen ähnlichen Vertrag wie Henry Cortez hatte und gerade aus dem Urlaub gekommen war. Christer war es auch gelungen, Sonny Magnusson aus seinem Urlaub in die Redaktion zu bestellen.
    Mikael begrüßte sie alle und bat erst einmal um Verzeihung, dass er während des ganzes Jahres derart durch Abwesenheit geglänzt hatte.
    »Was wir heute mit euch besprechen wollen, konnten Christer und ich noch nicht mit Erika diskutieren, aber ich versichere euch, dass ich mit ihr reden werde. Heute müssen wir über die Zukunft von Millennium entscheiden.«
    Er machte eine Pause und ließ seine Worte wirken. Keiner stellte Fragen.
    »Das letzte Jahr war sehr schwierig. Ich wundere mich, dass keiner von euch auf die Idee gekommen ist, sich einen anderen Job zu suchen. Ich muss wohl annehmen, dass ihr entweder total verrückt seid oder außergewöhnlich loyal oder womöglich sogar gerne bei dieser Zeitschrift arbeitet. Deswegen möchte ich jetzt auch alle Karten auf den Tisch legen und euch ein letztes Mal um euren Einsatz bitten.«
    »Der letzte Einsatz«, wiederholte Monika Nilsson. »Das klingt ja, als wolltest du das Magazin aufgeben?«
    »Genau«, antwortete Mikael. »Nach ihrem Urlaub wird Erika ein düsteres Redaktionstreffen einberufen und euch mitteilen, dass Millennium zu Weihnachten eingestellt wird und ihr alle gekündigt seid.«
    Nun machte sich eine gewisse Unruhe im Raum breit. Sogar Christer Malm glaubte eine Sekunde lang, Mikael könnte es ernst meinen. Doch dann fiel allen sein verschmitztes Lächeln auf.
    »Ich möchte von euch, dass ihr im Herbst ein doppeltes Spiel spielt. Denn es verhält sich leider so, dass unser geschätzter Redaktionsassistent Janne Dahlman noch einen Nebenjob hat - als Informant für Hans-Erik Wennerström. Der Feind ist also ständig über die Geschehnisse in der Redaktion im Bilde, und das erklärt auch einige Rückschläge, die wir letztes Jahr erlitten haben. Das traf ja nicht zuletzt dich, Sonny, als ein Teil unserer Anzeigenkunden, die uns gegenüber positiv eingestellt schienen, sich plötzlich zurückzogen.«
    »Verdammt, hab ich’s mir doch gleich gedacht«, sagte Monika Nilsson.
    Janne Dahlman war in der Redaktion nie allzu beliebt gewesen, und Mikaels Eröffnung schien niemand sonderlich zu schockieren.

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