Verborgen im Niemandsland
Ordnung«, sagte Andrew zufrieden und hatte auf einmal ein merkwürdiges, beunruhigendes Gefühl. Irgendetwas schien sich im dämmrigen Raum verändert zu haben. Er glaubte, hinter sich ein kaum merkliches Rascheln von Stoff und ein leises Knirschen von Sand zu hören. Und dann sah er, wie Joshua Parker, der sich gerade mit zwei Schachteln Zündhütchen in der Hand wieder zu ihnen umgedreht hatte, in der Bewegung innehielt und mit ungläubig aufgerissenen Augen an ihnen vorbeiblickte.
Jemand hat sich ins Haus geschlichen und steht hinter uns!, fuhr es Andrew alarmiert durch den Kopf. Und er verfluchte sich dafür, dass keiner von ihnen die offen stehende Tür im Auge behalten hatte - und dass sie auch noch ihre Gewehre aus der Hand gelegt und neben sich gegen den Tisch gelehnt hatten, um die Qualität von Pulver und Blei zu prüfen.
Seine Hand wollte nach der Waffe greifen, aber dafür war es schon zu spät.
Denn im selben Augenblick drückte sich etwas Glattes, Rundes in seinen Nacken, bei dem es sich nur um den Lauf einer Pistole oder eines Gewehres handeln konnte, und eine hämische Stimme sagte in seinem Rücken: »Und ob Blei und Pulver gut sind! Andernfalls wäre der gute Josh auch gar nicht mehr am Leben! So, und jetzt schön die Hände weg von den Gewehren, sonst spicken wir euch mit dem guten Blei, das wir in den Läufen haben!«
»Gäbe eine wahre Sauerei auf die kurze Entfernung und das dreckige Halbblut von Weib hätte 'ne Menge zu putzen!«, sagte eine zweite Stimme drohend.
»Los, hoch die Flossen und schön langsam umdrehen!«, befahl eine dritte Stimme, die wie die beiden anderen unüberhörbar einen irischen Akzent hatte. Und mit Genugtuung fügte der Mann, wohl mehr an seine Komplizen gewandt, noch hinzu: »Wusste doch, dass es besser wäre, noch ein bisschen abzuwarten, als sich mit denen da draußen im Busch eine wilde Schießerei mit ungewissem Ausgang zu liefern!«
In diesem Moment wusste Andrew wie auch seine Gefährten, dass sie es mit Buschbanditen zu tun hatten, die sich offensichtlich schon an ihre Fersen geheftet hatten, noch bevor sie auf der Handelsstation eingetroffen waren! Und keiner von ihnen hatte etwas davon bemerkt. Ahnungslos ob der Gefahr, in der sie wohl schon seit Stunden geschwebt hatten, waren sie ihnen in die Falle gelaufen!
Viertes Kapitel
»Verdammt!«, stieß Henry Blake gepresst und voll ohnmächtiger Wut über ihre Unvorsicht hervor. »Verdammt! Verdammt!«
»Umdrehen! ... Na, wird's bald?«, brüllte einer der Banditen. »Oder sollen wir euch Beine machen?«
Mit erhobenen Händen und der gebotenen Langsamkeit drehten sie sich zu den drei Fremden um. Dass es sich bei den drei Männern, die mit zwei Gewehren und einer Pistole im Anschlag vor ihnen standen, tatsächlich um entlaufene irische Sträflinge handelte, verrieten nicht nur ihr breiter irischer Dialekt, sondern auch ihre abgerissene Kleidung und die Tätowierungen auf ihren nackten Oberarmen. Sie zeigten nämlich die Symbole der niedergeschlagenen irischen Freiheitsbewegung.
»Seid ihr verrückt geworden? Ihr könnt doch nicht einfach meine Kunden überfallen, Sean!«, rief Joshua Parker nun bestürzt und blickte dabei voller Empörung den breitschultrigen Mann an, unter dessen Hut feuerrotes Haar hervorquoll und der eine ähnliche Fellweste wie er trug. »Sean! Liam! Francis! Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Habt ihr vergessen, was wir ausgemacht haben? Ich dulde nicht, dass ihr auf meiner Station ...«
Weiter kam der Händler nicht. »Du hältst das Maul!«, fuhr ihm der Ire namens Sean in die Rede. »Wir machen jetzt eben was Neues aus!«
Der hagere, hohlwangige Bursche, der neben ihm stand, hob die Pistole in seiner Hand und richtete sie auf den Händler. »Sag mir, wenn ich ihm ein Loch in den Schädel pusten soll!«, forderte er Sean auf, der allem Anschein nach der Anführer der drei Banditen war, und bleckte dabei sein hässliches, übergroßes, braun verfärbtes Gebiss, das den Vergleich mit dem eines alten Pferdes kaum zu scheuen brauchte.
Joshua Parker rührte sich zwar nicht von der Stelle, funkelte ihn jedoch herausfordernd an. »Spar dir deine leere Drohung, Liam Mallory! Wenn ihr mich umlegt, schneidet ihr euch ins eigene Fleisch. Dann könnt ihr sehen, wo ihr zukünftig Proviant und all die anderen Sachen herbekommt, die ihr hier draußen braucht, um nicht in die nächsten Siedlungen zu müssen, wo ihr früher oder später einer Soldatenpatrouille in die Fänge
Weitere Kostenlose Bücher