Verborgen im Niemandsland
gehörten. Aber als es schließlich zur Abstimmung kam, sprach sich die überwiegende Mehrzahl der Siedler für den ebenso schlichten wie passenden Namen Frangipani Valley aus. Den Flusslauf, der sich im Westen durch das Tal wand, tauften sie Emu Creek, weil sich dort mehrere Emus immer wieder zur Tränke einfanden. Dem etwas breiteren der beiden Flüsse gaben sie wegen der vielen rund gewaschenen Steine im Flussbett, über die das klare Wasser hinwegrauschte, den Namen Stony River.
»Und jetzt sollten wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Aufteilung des Tals in einzelne Farmen vornehmen wollen, ohne dass es dabei zu Streit kommt«, sagte Silas Mortlock und schnitt damit das wohl wichtigste Thema ihrer abendlichen Beratung an.
»Wir können uns morgen früh bei Sonnenaufgang mit unseren Wagen doch in einer Reihe nebeneinander aufstellen und dann ein kleines Wettrennen zu den besten Plätzen veranstalten«, schlug Douglas Brown scherzhaft vor.
Gelächter erhob sich. Die Siedler waren sich wieder so nah und einander wohlgesonnen wie nie zuvor. Denn jeder wusste, dass es in ihrem Frangipani Valley gutes Land im Überfluss gab, sodass keiner Angst zu haben brauchte, zu kurz zu kommen.
»Ja, weil du mit deinen stämmigen Braunen dabei bestimmt ganz vorn liegen und das beste Stück Land ergattern würdest! Während jedem anderen, der so wie ich Ochsen vorgespannt hat, nur die zweite und dritte Wahl bleibt!«, antwortete Vernon Spencer mit gutmütigem Spott. »Nein, wenn du schon ein Wettrennen haben willst, bin ich eher dafür, dass sich jeder vier Markierungspfosten nimmt und dann zu Fuß auf den Weg macht, Little Brown!«
Die Vorstellung, welch komische Figur der kurzbeinige Farmer bei solch einem Wettrennen abgeben würde, sorgte erneut für allgemeine Heiterkeit. Dann jedoch kehrte eine ernsthaftere Stimmung in die Versammlung zurück. Und eine der ersten Übereinkünfte bestand darin, dass jede Familie Anspruch haben sollte, einen Zugang zu ausreichend fließendem Wasser zu erhalten. Auch wurde einstimmig beschlossen, dass niemand das Recht hatte, einen Wasserlauf umzuleiten oder zu stauen, um sich für Zeiten der Trockenheit Vorteile zu verschaffen. Zuwiderhandlungen sollten streng bestraft werden.
Zum Schluss einigten sie sich darauf, das Los darüber entscheiden zu lassen, in welcher Reihenfolge die Inbesitznahme des Landes vonstatten gehen sollte. Jedes Familienoberhaupt schrieb seinen Namen auf einen flachen Stein und warf ihn in einen
Holzeimer, der mit einem Tuch abgedeckt wurde. Einer der flachen Flusskiesel trug auch den Namen Emily McGregor. Andrew sollte für sie Land abstecken, das er treuhänderisch verwalten und ihr übergeben würde, wenn sie volljährig war - oder den Bund der Ehe einging.
Amy, die sechsjährige Tochter von Rosalyn und Frank Täte, wurde auserkoren, mit verbundenen Augen einen Stein nach dem anderen aus dem Eimer zu holen. Und dann sollte Silas Mortlock unter den scharfen Augen von Henry Blake und Douglas Brown den jeweiligen Namen ausrufen.
Der vierte Stein, den die kleine Amy aus dem Holzeimer griff, war der der Chandlers. Drei Steine später hörte dann auch Emily ihren Namen.
»Hoffentlich will keiner von den beiden anderen, die vor mir an der Reihe sind, ausgerechnet direkt neben der Chandler-Farm sein Land abstecken!«, sagte Emily bang, hoffte sie doch, ihr Land in unmittelbarer Nähe von der Heimstätte ihrer Pflegeeltern abstecken zu können.
»Ich glaube nicht, dass du dir deswegen Sorgen machen musst«, antwortete Abby. »Das Tal ist so groß, dass niemand darauf versessen sein wird, dem nächsten Nachbarn schon in Steinwurfnähe auf der Pelle zu sitzen.«
Am folgenden Morgen, nach einer vor freudiger Erwartung unruhigen Nacht, zogen die Wagen in der Reihenfolge los, die das Losverfahren am Abend zuvor bestimmt hatte. Und schnell zeigte sich, dass sich jeder einen anderen Lieblingsplatz ausgeguckt hatte. Denn die Wagenkolonne löste sich wie ein weit auseinander gezogener Fächer in alle Richtungen auf. Und wer sah, dass der Platz, wo er sich gern niedergelassen hätte, schon von einem anderen Siedler in Besitz genommen war, der fuhr einfach ein Stück weiter und fand bald einen Ort, der ihm genauso gut gefiel.
Abby und Andrew zog es an das Ostufer des Stony River und sie befanden sich damit in unmittelbarer Nachbarschaft von
Megan und Timothy O'Flathery, Terence und Jessica Rigby und leider auch Henry Blake und seiner Frau Jane. Abby und Andrew lenkten
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