Verborgen im Niemandsland
seine Reitgerte ein zweites Mal auf ihn niedersausen. »Ich äußere keine Wünsche, sondern ich gebe Befehle! Natürlich wirst du uns zu deinen Komplizen führen!«
»Ich bitte untertänigst um Entschuldigung, Sir!«, wimmerte Henry.
»Fesselt ihm die Hände und auf den Wagen mit ihm!«, befahl Danesfield herrisch. Dann betrat er Joshua Parkers Niederlassung, sah sich dort um und wählte unter den Vorräten aus, was seine Soldaten mitnehmen und auf den Transportwagen laden sollten. Als das geschehen war, befahl er seinem Corporal, die Handelsstation in Brand zu setzen.
»Und was soll mit dem Halbblut und der Leiche geschehen?«, wollte Jethro Haines wissen, als das Feuer im Haus schon um sich griff und die ersten Flammen das Dach aufbrachen.
»Um die Leiche dieses Verbrechers werden sich schon die Dingos und die Aasgeier kümmern! Ein anständiges Grab hat er nicht verdient!«, gab er kaltherzig zur Antwort und zögerte kurz, bevor er hinzusetzte: »Und das Halbblut lasst laufen!«
»Jawohl, Sir!« Jethro Haines war froh, dass der Offizier darauf verzichtete, unschuldiges Blut zu vergießen - auch wenn es nur das einer Aborigine war.
»Und dann lassen Sie aufsitzen und abmarschieren, Corporal!«, befahl Danesfield. »Wir haben noch einige Stunden gutes Tageslicht, bis es Zeit ist, ein Nachtlager zu suchen!«
Als das Kommando mit Henry Blake auf dem Kutschbock des Transportwagens abrückte, stand Parkers Handelsstation lichterloh in Flammen und ließ eine mächtige Rauchwolke in den Himmel aufsteigen.
Cleo reihte sich hinter dem Wagen in die kleine Kolonne ein. Endlich! Endlich wussten sie, wo sie die Bande zu suchen hatten!
»Wir kommen, Abby!«, flüsterte sie voll hämischer Freude. »Deine Zeit läuft ab! Endgültig!«
Dreißigstes Kapitel
»Was soll der Schwachsinn?«, brüllte Patrick Gillespie, als er sah, wie Mike Mahoney sein Gewehr auf ein Känguru anlegte, das beim Näherkommen der Reitergruppe zwischen zwei Büschen hervorgestürzt war und nun mit großen Sätzen das Weite suchte. Ein Junges schaute kurz aus dem Beutel des flüchtenden Tieres hervor. »Hast du sie nicht mehr alle, Mahoney? Wir haben jetzt keine Zeit für derlei einfältige Ballerei! Oder willst du vielleicht hier zurückbleiben und das verdammte Vieh ausweiden?«
Mike Mahoney ließ den Hahn sofort wieder einrasten und steckte das Gewehr weg. »Wär doch mal 'ne Abwechslung gewesen, Pat!«, rief Mike Mahoney mit schiefem Grinsen zurück.
»Wenn dir nach Abwechslung zumute ist, kannst du sie haben!«, drohte ihm Gillespie, ein Mann, gebaut wie ein Schrank und mit der Kraft eines Steinbrechers.
Die Männer um ihn herum lachten.
»Nee, so sehr drängt's nicht!«, versicherte Mike Mahoney, als hätte er die Drohung nur als kameradschaftlichen Scherz auf-gefasst. Er ließ sich jedoch in der neunzehnköpfigen Gruppe entlaufener irischer Sträflinge schnell ein wenig zurückfallen, um sich aus dem Blickfeld ihres Anführers zu bringen.
Mit einem so brutalen und muskulösen Mann wie Patrick Gillespie, der auf jegliches Aufbegehren gegen seine Autorität sofort mit einer Herausforderung zu einem Zweikampf antwortete, legte man sich besser nicht an, wenn man nicht seine eisenharte Faust oder gar sein Messer zu spüren bekommen wollte. Mit beidem wusste in ihrer Bande keiner besser umzugehen als er. Allein Chris Sullivan, der sein Zwillingsbruder hätte sein können, vermochte ihm das Wasser zu reichen, und deshalb hatten sie bei ihnen auch das uneingeschränkte Sagen. Die beiden Männer kannten sich schon von Irland her. Gemeinsam hatten sie in Minen gearbeitet und in den Torfmooren geschuftet, und gemeinsam waren sie auch hierher ans Ende der Welt verbannt worden, nachdem sie sich an einem kläglich gescheiterten Aufstand gegen die Engländer beteiligt hatten, die ihr Land seit Generationen besetzt hielten, es wie eine mittelalterliche Pfründe ausbeuteten und das Volk knechteten und ihm alle Rechte verwehrten. Und sie kannten nicht die geringsten Skrupel, Blut zu vergießen und zu töten, das hatten sie mit allen anderen Mitgliedern der Bande gemein.
Patrick Gillespie winkte wenig später, als sie ein größeres Waldstück passiert hatten, Sean McCoy zu sich heran. Der Ire mit dem feuerroten Haarschopf lenkte sein Pferd in die Lücke, die Patrick Gillespie und Chris Sullivan an der Spitze der Reitergruppe für ihn öffneten.
»Was steht an, Pat?«
»Wir wollen noch mal über den Kerl reden, von dem ihr uns erzählt habt«,
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