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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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heißt es in dem Song von den Guns N’ Roses? Nothing lasts forever . Stimmt doch, oder? Ihr tut immer noch so, als wären wir Freunde, aber ihr habt nur die guten Zeiten im Kopf. Ihr vergesst, dass ihr uns die Obristen beschert habt. Ihr habt uns diese Monster beschert, aber das blendet ihr einfach aus. Weißt du überhaupt, wovon ich rede? Ihr kommt immer noch zu uns, aber wie uralte, geistig weggetretene Gäste, die vergessen haben, wie ihre Gastgeber heißen. Und ihr kommt in Scharen! Ihr schnüffelt in unserem Land herum wie Hunde, die anderen Hunden nachlaufen. Was ist los mit euch? Ist es in England so scheußlich, dass ihr hierher flüchten müsst? Gut, ich versteh das, mein Land ist schön, keine Frage. Alle Ausländer lieben Griechenland. Alle wollen ein Stück davon haben. Die kaufen sich ein Häuschen auf einer Insel, mit einem Swimmingpool, den sie nie benutzen. Aber ihr Engländer… Du erwartest hier hoffentlich keine Vorzugsbehandlung. Unsere Großmütter haben sich schon bei euren Großvätern bedankt. Von mir kriegst du keine Siegesparade.«
    An anderen Abenden schnappte er sich die Albaner. Mit Florent redete er lange Zeit kein Wort, aber er unterhielt sich mit Kostandin und Modest. Manchmal plauderte er freundlich mit ihnen, etwa über die Sportergebnisse des Vorabends, doch er konnte auch unvermittelt aggressiv werden. Kostandin zeigte wenig Interesse für ihn. Nikos’ Favorit war Modest, Modest mit dem Blick eines geprügelten Hundes. Vor allem ihm gegenüber konnte sein Ton gefährlich scharf werden.
    Tsiknopempti, der rauchige Donnerstag, war der Fleischtag im Karneval, eine letzte Ausschweifung vor der siebenwöchigen Fastenzeit. Das Restaurant machte zeitig auf und blieb bis in die frühen Morgenstunden des folgenden Tages geöffnet. Frau Adamidis arbeitete mit den Nichten vorn, ihr Mann, in einem T-Shirt mit der Aufschrift ZUR VOLLKOMMENHEIT GEREIFT, warf sich wieder auf die gewohnten Küchenabläufe und trieb die anderen mit der Aussicht auf Zulagen an, und dann, als ihm niemand mehr seine Versprechungen abnahm, mit kaltem Bier, Kognak und Zigaretten. Am nächsten Morgen schlief Ben bis elf, und die Albaner ließen ihn in Ruhe. Schließlich kamen Chara und Demi herauf, blieben in der Tür des Männerzimmers stehen und lockten ihn nach unten.
    Sie aßen zusammen, zu viert, in der Flaute nach dem Mittagsbetrieb, die Küche geputzt und bereit für den Abend. Es gab Reis, eine Schüssel Gemüse und mehr Hammelkoteletts, als sie vertilgen konnten. Nikos war schon früher gekommen und hatte sich einen Stuhl und eine Zeitung mitgebracht, um im Warmen zu lesen. Die Kochherde hielten ihre Hitze den ganzen Tag über. Sie unterhielten sich, und alle fünf fühlten sich einigermaßen wohl. Nach dem Essen räumten sie den Tisch ab und machten Kaffee. Es war ruhig im Restaurant, und nachmittags gab es nie so viel zu tun, dass die Zeit schneller vergangen wäre.
    »Na, Engländer, wie geht’s heute?«
    Nikos, noch in seiner ledernen Motorradkluft, streckte die Beine zum Herd hin. »Nicht viel zu tun, wie ich sehe. Im Gegensatz zu mir, ich war die ganze Nacht zugange. Das glaubst du nicht? Zwei deutsche Mädels. Wollten beide mit mir ins Bett, und ich hab mein Bestes gegeben.«
    »Woher wusstest du das?«
    »Woher? Sie haben’s mir gesagt.«
    »Haben sie Griechisch gesprochen?«
    »Deutsch. Das Deutsche kommt vom Griechischen, das ist kein Problem für mich. Ich weiß, was die gemeint haben. Manches versteht man auch ohne Worte. Machst du dich lustig über mich?«
    »Nein.«
    »Gut. Sag mal, bist du verheiratet?«
    Das Gespräch dauerte schon zu lange. Ben trug seinen Ehering nicht. Als Antwort hob er die unberingte Hand. Nikos brummte anerkennend.
    »Dann bist du Junggeselle, wie ich. Ein freier Mann auf der Suche nach dem Abenteuer. Brichst du auf gen Ithaka, wünsch dir eine lange Fahrt voller Abenteuer und Erkenntnisse. Kennst du das? Griechische Dichtung.«
    »Ich hab nicht viel für Dichtung übrig.«
    »Du hast nichts für unsere griechische Dichtung übrig? Warum bist du dann hier, frag ich mich. Nein, ich kann’s mir denken. Die Mädchen bei euch in England, die sind wie die deutschen. Auf die Entfernung sind die blonden Haare so schön, aber wenn man in die Nähe kommt – o Gott! Dann merkt man, wie ungepflegt die sind. Deswegen kommt ihr in das einzige Land, in dem ihr wahre Schönheit findet. Und wie ist es mit dir, Albaner? «
    Beide sahen auf, Modest an der Spüle und Florent, der

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