Verborgene Liebesglut
egal wie.
Ermattet hing Philippe an den schweren Ketten. Mühsam versuchte er mit der Zunge seine aufgeplatzten Lippen zu befeuchten, doch sein Mund war ausgetrocknet. Seine Handgelenke schmerzten, und er konnte sich kaum bewegen. Seine Gedanken verloren sich in einer tiefen Hoffnungslosigkeit. Noch einmal versuchte er, das rostige Schloß aufzubiegen, doch schon bald versagten seine Kräfte, und geschwächt ließ er sich zurückfallen.
Erschöpft blickte er in das Verließ. Obwohl seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er seine Umgebung nur schemenhaft erkennen. Einer der beiden Männer schien an der schmalen Stiege Wache zu halten. Philippe nahm seine Umrisse undeutlich in den wenigen Lichtstrahlen wahr, die von oben durch das Loch hereinfielen. Es war Ned, der Unhold, der versucht hatte, ihn durch seine Berührungen zu beleidigen.
Plötzlich raschelte es neben Philippe im Stroh, und er spürte, wie etwas über seine Füße lief. Erschrocken schrie er auf.
„Was ist denn da los? Verfluchter Bengel!" Geräuschvoll erhob sich Ned und spuckte seinen Kautabak aus. „In diesem Loch sieht man ja seine eigene Hand vor den Augen nicht!" Mit diesen Worten war er auch schon an den Franzosen herangetreten. „Also, was ist los mit dir? Warum schreist du?"
„Nichts ist los, nichts. Da war nur etwas im Stroh. Es hat sich bewegt." Philippe fühlte sich unsicher.
Der Dunkle schaute ihn mit seinen finsteren Augen an und lachte. „Bewegt? Was meinst du, was sich hier alles bewegt? Aber woll'n wir mal schauen." Er schlurfte durch das feuchte Heu zurück und holte seinen alten, schweren Degen. „Na, was denn? Wo tut's denn weh?" Langsam schlenderte er, vor sich hin fluchend, durch den dunklen Raum und wirbelte mit seinen Stiefeln hier und da ein wenig Heu auf. „Ha!" Mit einer schnellen Bewegung stach er ins Dunkel hinein, und man konnte ein lautes Quieken vernehmen. „Lausige Biester!" Er lachte laut auf und schmiß etwas von sich, das mit einem klatschenden Geräusch in die Ecke fiel.
„Na? Zufrieden? Kann der Herr Graf jetzt ruhig schlafen?"
Philippe ekelte sich noch mehr als vorher, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu schweigen. „Ich wollte Sie nicht stören", murmelte er mit einer unsicheren Stimme.
„Du störst mich nicht", antwortete Ned. „Wir sind hier ganz allein in dieser gottverlassenen Ruine. Peter hat sie schon abkommandiert, und da ist man doch froh, etwas Lebendiges, Warmes um sich zu haben. Und sei es auch nur so etwas wie dich." Er tätschelte den Gefangenen mit seiner Pranke. Philippe versuchte sein Gesicht abzuwenden, doch Ned hielt ihn am Kinn fest. „Sachte, sachte, mein Kleiner. Ich tu dir doch nicht weh."
Philippe versuchte ihm in die Augen zu schauen, um zu erkennen, ob er angelogen wurde. Ned hatte seinen breiten Mund zu einem Lächeln verzogen. „Paß auf, mein Schätzchen. Ich kann auch nichts dafür. Sie gibt mir Geld, viel Geld! Und wenn ich mit dem ganzen fertig bin, verschwinde ich wieder in die Stadt. Ich will keine Scherereien. Mach's mir nicht schwerer, als es ist. Du tust mir fast ein wenig leid, weißt du? So ein hübscher Kerl. Du hast mehr Glück im Leben gehabt als unsereins. Du gefällst mir. Am liebsten würde ich dich mitnehmen, wenn da nicht deine kleine, miese Krankheit wäre."
Die Nähe dieses Mannes bereitete Philippe Übelkeit.
Ned lachte auf, und plötzlich schlang er seinen Arm um die Brust des Jungen, drückte ihn an sich und rieb seinen Unterleib langsam am Oberschenkel des Gefangenen. Sein Mund machte ein schmatzendes Geräusch, und Philippe konnte den scharfen Geruch des Kautabaks und der faulen Zähne riechen.
Neds Blick war auf die vollen Lippen Philippes gerichtet, für einen Moment schien er zu zögern. Doch dann lockerte er plötzlich seinen Griff, stopfte Philippe einen Knebel in den Mund und ging ein paar Schritte in den Raum. „Wie gesagt", brummte er, „keine Scherereien. Ist das klar?"
Philippe sank entkräftet in seine Ketten zurück. Er war diesmal ungeschoren davon gekommen, aber wie lange noch?
Finstere Gedanken schossen ihm durch den Kopf. ,Sind wir wirklich alleine hier? Dieser Ned kann doch nicht etwa glauben, daß ...? Erwartet er etwa immer noch Liebesdienste von mir?' Er erschrak bei dieser Vorstellung. Niemand würde ihn beschützen, wenn dieser grobe Mann auf die Idee käme, seine Wehrlosigkeit auszunutzen. Niemand würde seine Hilferufe hören. Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke, wie er
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