Verborgene Lust
werden sie zu Darstellern in ihrem eigenen Liebesfilm. Felix führt Maria zum Bett und zieht sie hinunter, sodass sie auf allen vieren auf der weichen Matratze kniet. Dann holt er einen schwarzen Seidenschal unter dem Kopfkissen hervor, den Maria noch nie zuvor gesehen hat. Felix verbindet ihr die Augen. Nun herrscht um sie herum vollkommene Dunkelheit. Maria nimmt nur Felix’ Geruch wahr und hört das Surren der Kamera.
»Ich liebe dich, Maria«, flüstert er, und seine Worte ermutigen sie. Sie hat die goldene Kugel getragen, dafür wird er sie jetzt mit seiner Liebe belohnen. Die Vorstellung, dass die Kamera ihr Liebesspiel aufnimmt, erregt sie noch stärker.
Felix streicht mit dem Finger über ihr Rückgrat. Maria erzittert. Sie spürt, wie Schweißperlen zwischen ihren Brüsten herabfallen, und in ihrem Mund sammelt sich lustvoller Saft. Sie konzentriert sich auf seinen Finger, der über ihren Rücken zu ihrem Po und weiter nach unten gleitet. Felix liebkost sie und bringt sie zurück an den Punkt, an den sie kurz zuvor die goldene Kugel getrieben hatte. Er nimmt den Finger fort, und sie wartet darauf, ihn in sich zu fühlen. Doch einen Augenblick geschieht nichts. Sie schiebt ihr Gesäß nach oben und bietet sich ihm dar. Dann dringt er ganz plötzlich in sie ein. Er stößt so kräftig zu, dass Maria nach vorn geworfen wird und mit dem Kopf die Wand streift. Anschließend zieht er sich ganz langsam zurück, so langsam, dass er sie sanft mit der Spitze seines Glieds berührt und ihre empfindliche Haut reizt.
Dann ist er wieder in ihr und stößt fest und tief zu. Als er sich erneut aus ihr hinausgleiten lässt, spürt Maria, wie sich ihr Unterleib zusammenzieht, sie innerlich erbebt und etwas Unbekanntes Besitz von ihr ergreift. Vielleicht hat es damit zu tun, dass sie heute Abend zu viel Wein getrunken hat, oder vielleicht ist es die Nachwirkung der kleinen goldenen Kugel, oder vielleicht ist es sogar die Vorstellung, dass sie gefilmt werden. Jedenfalls spürt sie ihr unkontrolliertes, archaisches Ich – genau wie Pandora.
Was immer es ist, Maria verliert jeden Bezug zur Realität. Sie lässt Felix immer tiefer in sich eindringen, bis in ihren innersten Kern. Sie liebt ihn so sehr, dass sie keine Angst mehr hat – nicht um ihr Herz, nicht um ihren Körper. Ein Teil von ihr sehnt sich danach, ihn stärker an sich zu binden, als seine Frau es je getan hat; egal, ob sie tot oder lebendig ist. Als Felix in ihr kommt, kommt auch Maria zum Höhepunkt, windet sich in Ekstase, weint und lacht zugleich.
Stunden später, in der zarten Stunde vor Sonnenaufgang, gibt es nur Felix und sie. Die Kameralinse liegt unschuldig in ihrer Kiste. Maria erwacht von dem Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut. Sie öffnet die Augen und sieht den Umriss von Felix’ Kopf an ihrem Bauch. Er liebkost sie mit seiner Zunge. Maria schließt die Augen. Ihr Körper ist so entzückt, dass er völlig losgelöst von ihrem Verstand an seinen Lippen dahinschmilzt. Sie öffnet sich ihm rückhaltlos und kommt noch einmal. Maria stellt sich vor, dass ihre Liebe auf Felix herabregnet und ihn heilt. Sie weiß, dass ihr Geliebter eine Last aus der Vergangenheit mit sich herumträgt, und nur sie kann ihn von ihr befreien.
Valentina
Valentina sitzt in einem voll besetzten U-Bahn-Abteil. Da fällt ihr auf, dass sie letzte Nacht den gleichen Traum hatte wie die Nacht davor. Sie saß nackt in einem U-Bahn-Zug, der, ohne anzuhalten, durch die Stationen raste. In der Scheibe sah sie ihr Spiegelbild, zu ihren Füßen lag der große leere Koffer. Doch diesmal stand kein Vampir-Glen hinter ihr und saugte das Leben aus ihr heraus. Stattdessen begegnete sie allen möglichen Gestalten: einem Rhinozeros, einer großen Bulldogge und sogar Dinosauriern. Sie weiß nicht, was das alles bedeuten soll.
Sind all diese Wesen Teile ihrer Psyche? Stehen sie für ihre animalische Seite oder ihre triebhafte Natur? Bringt ihr Freigeist eine diabolische Seite in ihr zum Vorschein? Sie denkt noch einmal an das Gespräch mit Leonardo von heute Morgen und an die Frage, ob sie schlechte Menschen seien. Er hatte gesagt, dass Moralvorstellungen sich nicht mit der Welt der Erotik vertrügen.
Valentina betrachtet die Menschen, die ihr gegenübersitzen. Alle vermeiden es sorgsam, sich anzusehen, lesen Zeitung oder ein Buch, hören über Kopfhörer Musik oder starren wie Valentina in die Luft. Sie sind alle zusammen und doch jeder ganz für sich. Was für ein Wunder, dass Thomas
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