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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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oder etwa nicht? Dennoch kann sie ihre Neugier nicht zügeln.
    »Ich muss gehen«, erklärt sie, deutet auf ihren Koffer und steht auf. »Ich fliege nach London. Können wir uns noch einmal treffen, wenn ich zurück bin? Erzählen Sie mir dann alles über meinen Vater?«
    »Natürlich, aber warum fragen Sie ihn nicht einfach selbst?«
    Sie erstarrt.
    »Wissen Sie denn, wo er ist?«
    Sie hatte angenommen, dass Garelli nicht wüsste, wo ihr Vater sich aufhielt, nachdem er all die Jahre keinen Kontakt zu ihm gehabt hatte.
    »Wir mussten ihn wegen seiner Geschichte im Auge behalten, wissen Sie. Soweit ich weiß, ist er nicht umgezogen.«
    »Wo lebt er denn?«
    Garelli hält ihrem Blick stand. Auf seinem Gesicht erscheint ein Lächeln.
    »In London.«

Maria
    »Meine Intention ist es, die verschiedenen Kräfte des Lebens in ihrem steten Wechselspiel zu zeigen.« Bruno Lempert klingt wie ein Lehrbuch. Maria hat Schwierigkeiten, seinem Englisch zu folgen. »Um diese Naturkräfte darzustellen, benötigt man ein reines Instrument.«
    Maria würde sich gern am Rücken kratzen, aber keiner der anderen Tänzer rührt sich. Es ist, als lauschten sie Gott persönlich. Lempert hebt die Brauen und starrt sie an. Obwohl seine Augen einen intensiven Braunton haben, wirken sie auf Maria kühl. Sie sind rund und werden von schweren Lidern überschattet. Maria hat ein wenig Angst vor ihrem neuen Tanzlehrer, der für sie in Rätseln spricht.
    »Dazu brauche ich Tänzer. Ihr sollt mit euren Körpern die unterschiedlichen Elemente darstellen. Wenn ihr tanzt, könnt ihr nicht ihr selbst sein.«
    Jetzt sieht er ihr direkt in die Augen. Maria errötet. Er weiß, dass ich ihn nicht verstehe, denkt sie panisch. Am liebsten würde sie aus dem Studio fliehen, aber das kann sie nicht. Dazu haben ihre Mutter, Pina und auch Jacqueline zu viel auf sich genommen, um ihr das hier zu ermöglichen. Sie wünschte, Jacqueline wäre ihre Lehrerin und nicht dieser strenge Mann. Aber offenbar geht ihre Mentorin in die Schulen, um den Londoner Schulmädchen das neue Ballett beizubringen. Sie übernimmt das tägliche Brot. Marias Lehrer hingegen ist kein anderer als Lempert persönlich, Direktor und Gründer der neuen Tanzschule und Kollege und Freund von Kurt Jooss. Er hat in Jooss’ Ballett getanzt. Er weiß, wovon er spricht, und die zwanzig Frauen und Männer sind die wenigen Auserwählten. Dennoch meldet sich in Maria leiser Widerspruch, denn nur wenn sie tanzt, hat sie das Gefühl, ganz sie selbst zu sein. Wenn sie das aufgeben soll, wird ihr Tanz seelenlos.
    »Dazu ist natürlich eine Entwicklung notwendig«, fährt Lempert fort. »Um die Naturkräfte darzustellen, müssen wir ihre Dynamik in euren Körpern, eurem Geist und eurer Seele studieren. Dann machen wir sie mit Hilfe der Bewegung sichtbar.«
    Ein blondes Mädchen neben Maria niest und zieht ein Taschentuch aus ihrem Trikotärmel, um sich die Nase zu putzen. Maria sieht zu ihr hinüber. Das Mädchen ist tiefrot vor Scham, und Maria empfindet augenblicklich Sympathie mit ihr. Sie blicken sich an und lächeln, dann wenden sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Lehrer zu.
    »Aber zuallererst«, sagt er und läuft im Kreis um sie herum, wobei Maria nicht weiß, ob sie sich umdrehen und ihm mit dem Blick folgen oder ob sie stillsitzen soll, »müssen wir am Anfang beginnen. Dazu müssen wir den Widerstand in euren Körpern brechen und sie von den standardisierten Gesten befreien.«
    Nun steht er wieder vor ihnen und klatscht in die Hände. Nach kurzem Zögern erhebt sich die Gruppe. Maria schüttelt die steifen Beine aus.
    »Bitte hebt die Hand, wenn ihr schon klassisches Ballett gelernt habt.«
    Bis auf sie, das blonde niesende Mädchen und eine Frau mit einem schwarzen Kurzhaarschnitt, die etwas älter als die anderen wirkt, sowie zwei von vier Männern, heben alle die Hand.
    Lempert verzieht das Gesicht, und Maria spürt erneut, wie sie errötet. Die erste Stunde, und schon schämt sie sich wegen ihres fehlenden Trainings. Wie konnte sie nur annehmen, dass sie auf derselben Entwicklungsstufe wie die anderen stünde? Sie blickt zu dem blonden Mädchen hinüber, und wieder lächeln sie sich zu.
    »Bitte«, weist Lempert die kleine Gruppe an, dann drängt er die anderen Tänzer in den hinteren Bereich des Studios. »Kommt und stellt euch auf dieser Seite des Raumes auf.« Zu ihrer Überraschung stehen Maria und ihre Kollegen vor den anderen.
    »Nun«, Lempert stützt die Hände in die Hüften und wendet

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