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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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Vorgärten mischte.
    Genau im selben Moment erreichen sie das Tor der Nummer achtzehn. Als er sich umdreht und sie anblickt, sieht er genau so aus wie in ihren Träumen: ein großer, dunkler Fremder mit nachdenklichen Augen und vollen Lippen – ein Mann wie aus den Schauergeschichten, die Pina so gern liest; ein Mann, dem man nicht widerstehen kann. Und so gehört Maria ihm bereits, bevor Felix überhaupt ein Wort gesagt hat.

Valentina
    Als sie von der Finchley Road in die baumbestandene Straße in Hampstead abbiegt, kommt die Sonne heraus, und das ölige Pflaster schimmert in allen Regenbogenfarben. Doch Valentinas Stimmung verfinstert sich zunehmend. Die Wut auf ihren Vater ist verflogen, jetzt empfindet sie nur noch Angst. Was, wenn er ihr die Tür vor der Nase zuschlägt? Kann sie die harte Realität ertragen, von ihm abgewiesen zu werden? Passiert in ihrem Leben nicht schon genug? Warum muss sie sich das jetzt auch noch antun?
    Doch gerade ihre unglückliche Situation mit Thomas bringt sie dazu, ihren Vater aufzusuchen. Nach einer weiteren schlaflosen Nacht, in der sie gegrübelt hatte, wie sie Thomas ihre Liebe beweisen kann, hat sie festgestellt, dass sie ihm noch immer nicht ganz vertraut, auch wenn er sie darum gebeten hat. Er hat ihr erneut seine Liebe gestanden. Aber sie begreift nicht, warum er weiterhin mit Anita zusammen ist. Während die Stunden vergingen und sie Antonellas leisem Schnarchen im Bett nebenan gelauscht hatte, war Valentina aufgefallen, dass es noch eine andere schicksalhafte Fügung in ihrem Leben gab: kurz vor ihrer Abreise nach London Garelli getroffen und dabei erfahren zu haben, dass ihr lang vermisster Vater ausgerechnet in London lebte. Vielleicht lag darin der Schlüssel zu ihrem Herzen? Wenn sie sich ihrem Vater und der Angst, von ihm abgewiesen zu werden, stellte, konnte sie Thomas vielleicht endlich vertrauen und ihn endgültig zurückgewinnen. Denn sie ist noch immer unentschlossen. Sie will Thomas zurück, aber sie hat Angst, sich ihm zu öffnen. Sie wünschte, es gäbe keine Anita, keine Konkurrentin.
    Als der Morgen graute, war Valentina verzweifelt aufgestanden. Sie beschloss, sich mit dem alten Filmmaterial von Maria Brzezinska abzulenken. Trotz des Namens der Tänzerin und der Tatsache, dass sie ihr erstaunlich ähnlich sah, konnte Valentina nicht glauben, dass es sich um ihre Großmutter handelte. Dieser engelsgleiche, kreative Geist war das genaue Gegenteil der schüchternen Ehefrau und Mutter, von der sie gehört hatte. Auf allen Bildern, die Valentina von ihrer Großmutter kannte, war eine kleine rundliche Frau abgebildet. Nichts an ihr ließ vermuten, dass sie einst dieses ätherische Wesen gewesen war, das über die Bühne schwebte. Und wenn das tatsächlich ihre Großmutter war, warum hatte sie ihrer Tochter nie von ihrer Zeit als Tänzerin erzählt? Warum verheimlichte sie diesen Teil ihrer Vergangenheit? Valentina versuchte, dem Tanz zu folgen, aber das Material war nicht vollständig und endete abrupt, als die Figur, die ihre Großmutter zu sein schien, von einem anderen Tänzer in die Luft gehoben wurde.
    Valentina schaltete den Film aus und legte den Laptop zur Seite. Sie lag auf dem Sofa. Gern hätte sie Antonella geweckt und sich ihr anvertraut. Sie würde ihr gern erzählen, dass sie Thomas gesehen hatte. Doch sie wusste, dass ihre Freundin ihr raten würde, ihn zu vergessen, vor allem weil er mit jemand anderem ausging. Antonella mochte häufig den Partner wechseln und abenteuerlustig sein, aber sie nahm keiner Frau den Mann weg. Das hatte Valentina bislang ebenfalls von sich behauptet. Aber sie konnte einfach nicht glauben, dass Thomas es ernst mit Anita meinte. Etwas in ihr war stärker als die Sorge um die Gefühle der anderen Frau. Natürlich war es nicht nett, dass Valentina sich die Trennung der beiden wünschte, aber sie konnte nicht anders.
    Valentina verlangsamt ihren Schritt und zieht die Adresse, die Garelli ihr aufgeschrieben hat, aus der Manteltasche, liest sie noch einmal. Sie ist nur noch wenige Häuser entfernt. Ein Mann kommt auf sie zu. Ihr Magen verkrampft sich, ihre Handflächen werden feucht. Er ist um die sechzig, groß, hat volles graues Haar und trägt eine Brille. Er könnte es sein. Valentina weiß nicht, wie stark ihr Vater sich seit ihrem sechsten Lebensjahr verändert hat. Mechanisch geht sie auf ihn zu. Vor Angst ist ihre Kehle wie zugeschnürt. Als er fast auf ihrer Höhe ist, sieht sie ihm ins Gesicht. Er hat sehr dunkle

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