Verborgene Lust
Absätzen.
»Lieber nicht«, erwidert Valentina angespannt, aber Anita scheint die Antwort überhört zu haben.
»Du und Thomas kennt euch aus Mailand, und ich schätze, ihr wart zusammen, stimmt’s?«
»Nur ganz unverbindlich«, murmelt Valentina.
»Ich habe bemerkt, wie er dich ansieht.« Anita hickst kurz, dann fährt sie fort: »Ich glaube, für ihn war es nicht so unverbindlich.«
Valentina geht an Anita vorbei in Richtung Ausgang. Plötzlich ist sie gereizt. Was fällt dieser Frau ein, sie nach ihrem Privatleben auszufragen? »Nun, es ist lange vorbei. Du solltest dir deshalb keine Sorgen machen«, schnappt sie.
Anita hält sie am Arm fest. Ihre Finger graben sich in Valentinas Haut und zwingen sie, ihr in ihr Gesicht mit den großen Kulleraugen und den vollen rosa Lippen zu sehen.
»Es tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten«, sagt Anita. »Ich wollte dich nur etwas fragen wegen … Nun, vielleicht kannst du mir bei einer Sache weiterhelfen. Ich mache mir ein bisschen Sorgen wegen Thomas.«
Valentina befreit sich von ihrer Hand. Sie sollte sofort gehen und diese Unterhaltung nicht fortsetzen, aber natürlich siegt ihre Neugierde. »Um was handelt es sich?«, erkundigt sie sich förmlich.
»Nun, als du und Thomas zusammen wart oder was auch immer … habt ihr da miteinander geschlafen?«
Valentina starrt Anita an. Sie kann ihre Unverschämtheit kaum fassen und hat nicht vor, die Frage zu beantworten.
»Weißt du«, fährt Anita fort und lallt dabei ein wenig, »ich war noch nie in einer solchen Situation. Dass ich ein paar Monate mit einem Mann zusammen war, der weder mit mir Schluss machen noch den nächsten Schritt tun will.«
»Welchen Schritt?«
»Sex.«
Das Wort hängt zwischen ihnen in der Luft, und Anitas Offenheit zwingt Valentina, dem hübschen Mädchen direkt in die Augen zu sehen. Sie traut ihren Ohren nicht. Erzählt Anita Chappell ihr gerade, dass sie und Thomas noch nie miteinander geschlafen haben, obwohl sie seit mehreren Monaten zusammen sind?
»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, fährt Anita fort. »Ich meine, er erzählt mir, dass ich schön sei, und wir küssen uns, aber wenn ich weitergehen will, macht er einen Rückzieher.« Sie seufzt. »Es ist langsam frustrierend.«
»Ich finde wirklich nicht, dass du mit mir darüber reden solltest, Anita«, sagt Valentina. »Das ist eine sehr persönliche Angelegenheit.«
»Ja, aber du kennst Thomas, und ich habe mich gefragt, wie lange es gedauert hat, bis ihr miteinander geschlafen habt?«
Valentina kann nicht verhindern, dass die Worte aus ihrem Mund schießen. »In der ersten Nacht.«
»Ihr habt gleich in der ersten Nacht miteinander geschlafen, in der ihr euch kennengelernt habt?«
Valentina nickt. Als sie sieht, wie Anita um Fassung ringt, hat sie ein schlechtes Gewissen.
»Aber das heißt nicht, dass das unbedingt gut war«, fügt sie schnell hinzu. Aus irgendeinem Grund will sie Anita aufmuntern. »Ich meine, wir haben schließlich Schluss gemacht, oder? Vielleicht will er nicht mit dir schlafen, weil er Respekt vor dir hat.«
Anita scheint nicht überzeugt. Und Valentina ist es genauso wenig.
Um die Ecke der Galerie finden Leonardo und Valentina eine kleine Weinbar. Sie bestellen eine Flasche Ripasso und einen Teller mit Manchegokäse, Oliven und Brot. Sobald sie mit Leonardo in einer ruhigen Ecke sitzt, fühlt Valentina sich besser. Ihr Freund beugt sich vor, hebt mit seinem eleganten Finger ihr Kinn und sieht ihr tief in die Augen.
»Also, Signorina Rosselli, was ist los?«
Sie trinkt einen Schluck Wein und denkt nach. »Was hältst du von Thomas’ neuer Freundin Anita?«
»Sie ist eine sehr attraktive junge Frau«, antwortet Leonardo verschmitzt grinsend. »Und nicht nur das, sie scheint auch noch begabt, intelligent und wohlhabend zu sein. Was will man mehr?«
Valentina schlägt Leonardo leicht auf den Arm. »Ach, hör auf, mich zu ärgern! Du weißt schon, was ich meine.«
»Nun, ich glaube, sie ist ein nettes Mädchen. Aber für meinen lieben Freund ist sie zu nett, zu unbeschwert.« Leonardo füttert Valentina mit einer Olive.
»Sie hat mir erzählt, dass sie noch nicht miteinander geschlafen haben«, berichtet Valentina.
Die Information scheint Leonardo ebenso sehr zu überraschen wie zuvor Valentina. »Sie muss lügen. Das kann ich nicht glauben!«, ruft er.
»Ehrlich gesagt, glaube ich, dass es stimmt. Sie hat gesagt, er macht nicht mit ihr Schluss, schläft aber auch nicht mit
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