Verborgene Macht
»Aber hör zu, ich bin noch nicht fertig. Brigitte reicht das noch nicht. Sie hat etwas anderes geplant, Isabella. Etwas Schlimmeres, etwas, wovon der Rat nichts weiß.«
»Was?«
»Ich wünschte, ich wüsste es.« Sie rieb sich mit behandschuhten Händen das kalte Gesicht. »Aber es hat etwas mit einem Cottage zu tun und mit etwas, das die Lebende Erde genannt wird.«
Isabella erbleichte. »Das klingt... Cassie, das klingt schlimm.«
»Ja. Und ich habe das Gefühl, dass Richard etwas darüber weiß.«
»Richard?« Isabellas Atem gefror in der Luft. »Was weiß er?«
»Keine Ahnung, er wollte es mir nicht erzählen. Von einer Sekunde auf die andere hat er sich plötzlich wie ein kleiner Krebs in sein Haus zurückgezogen.«
»Was hat Richard gesagt?« Isabella schaute über die Straße in die tiefen Schatten des Central Parks.
»Nichts. Ich habe dir alles erzählt.«
»Richard hört sich oft so an, als würde er über nichts sprechen.« In Isabellas Augen stand ein stählerner, nachdenklicher Ausdruck, und sie wirkte untypisch vernünftig. »Aber er weiß immer mehr, als er durchblicken lässt.«
Cassie seufzte tief. Plötzlich erschien ihr alles unmöglich schwierig. Wenn es doch nur mit dem Blödmann Ranjit besser gelaufen wäre, dann wäre jetzt alles viel einfacher. »Ich hab’s dir schon erzählt. Plötzlich hat er die Klappe gehalten und ich bin gegangen. Ach ja, er hat mir ein Buch in die Hand gedrückt, obwohl er es fallen gelassen hat, und bevor ich es ihm zurückgeben konnte, war er weg.«
»Er — ah!« Isabella klatschte in die Hände. »Das ist es. Das ist es. Wo ist das Buch?«
»Hier.« Cassie klopfte auf ihre Tasche. »Aber ich habe dir gesagt, dass es nicht mir gehört, es...«
»Oh ihr Kleingläubigen!« Isabella riss Cassie das Buch aus der Hand, nachdem sie es aus der Tasche gezogen hatte. Es war ein alter Stadtführer von New York City. Isabella blätterte es durch, dann stieß sie einen lauten Triumphschrei aus und wedelte ihrer Freundin mit dem Band vor der Nase herum. Die Seite, die sie aufgeschlagen hatte, war mit einem Eselsohr markiert.
»Cassie! Begreifst du nicht? Richard hat dir gesagt, wo sie Jake hinbringen!«
KAPITEL 24
»Eine Waffe. Wir werden irgendeine Waffe brauchen.« Cassie zog Isabella zurück zur Akademie. »Irgendetwas, von dem wir wissen, dass es gegen die Auserwählten wirkt.«
»Hoppla. Du denkst doch nicht etwa an... Keikos Messer?«
»Doch, das tue ich.«
Braves Mädchen! Es ist genau das, was du brauchst, du wirst schon sehen!
Mit einem Blick auf Isabella entschied Cassie sich dagegen, sie wissen zu lassen, dass der Dämon in ihrem Kopf ihr strategische Tipps gab. Das seltsame Messer hatte die mordlustige Keiko im letzten Trimester ziemlich effizient außer Gefecht gesetzt. Jake hatte das Messen an sich genommen, nachdem er und Isabella sie im Arc de Triomphe gerettet hatten. Cassie war sich nicht sicher, was genau es mit der seltsamen Waffe für eine Bewandnis hatte, aber Estelles Erregung verriet ihr, dass das Messer in irgendeiner Weise Macht besitzen musste. Und sie brauchten alle Hilfe, die sie kriegen konnten.
»Ja! Finde es, Cassandra. Finde es!«
Ja, ja. Halt den Mund, Estelle.
He! Du wirst mich schon bald brauchen.
Isabella schüttelte den Kopf. »Aber du weißt nicht einmal, wo...«
»Es ist in Jakes Zimmer«, sagte Cassie entschieden. »Sollte er es geschafft haben, es zu verstecken, bevor Vaughan ihn verhaftet hat.«
Sie eilten zurück in die Lobby der Akademie, und Cassie stach wütend auf den Rufknopf für den Aufzug ein, der eine Ewigkeit zu brauchen schien, bis er unten ankam. Als die Türen endlich im zweiten Stock aufglitten, war alles ruhig. Mit einem Seufzer der Erleichterung schlüpfte Cassie in den Flur. »Komm, es ist niemand da.«
Isabella folgte ihr vorsichtig. »Du glaubst wirklich, dass das Messer immer noch in seinem Zimmer ist? Die Polizei hat den Raum versiegelt, nachdem Jake verhaftet worden ist.«
»Siegel sind dazu da, aufgebrochen zu werden.« Cassie schob das Polizeiband vor Jakes Tür beiseite und drückte die Klinke herunter. »Gib mir deine Haarspange.«
»Wie willst du... in Ordnung.« Achselzuckend zog Isabella eine silberne Nadel aus dem Haar und beobachtete, wie Cassie sie ins Schloss schob.
»Los, mach schon...« Cassie wackelte ungeduldig mit ihrem improvisierten Dietrich.
»Da kommt jemand!«
Cassie zischte einen Fluch. Sie hatte sich so auf das Schloss konzentriert, dass sie die verstohlen
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