Verborgene Muster
mir herein. Hat noch nicht mal vorher
angerufen. Was sollte ich denn tun?«
Seine Hände hielten das Lenkrad so fest umklammert, als wären sie dort festgeklebt. Der Mann warf
noch einmal einen prüfenden Blick in den Rückspiegel.
»Die Luft ist rein«, sagte er und griff hinter sich. Ein kleines Päckchen glitt durch Michaels
Fenster. Er warf einen Blick hinein, nahm einen Umschlag aus der Tasche und griff nach dem
Zündschlüssel.
»Man sieht sich, Mister Rebus«, sagte der Mann, während er den Umschlag öffnete.
»Ja«, sagte Michael und dachte, nicht, wenn ich es irgendwie vermeiden kann. Diese Arbeit wurde
allmählich ein bisschen zu heikel für ihn. Diese Leute schienen über alles, was ihn betraf,
genauestens informiert zu sein.
Er wusste jedoch, dass die Angst sich immer wieder in Luft auflöste und Euphorie an ihre Stelle
trat, wenn er eine weitere Ladung abgesetzt und einen hübschen Profit bei dem Deal eingestrichen
hatte. Wegen dieses Moments, wenn sich die Angst in Euphorie verwandelte, machte er das Spiel
immer weiter mit. Das war besser als der schnellste Kavaliersstart, den man je an einer Ampel
hinlegen konnte.
Jim Stevens, der oben von dem Edinburgh Folly aus das Ganze beobachtete, einer lächerlichen Kopie
eines griechischen Tempels aus dem Viktorianischen Zeitalter, die nie vollendet wurde, sah
Michael Rebus wegfahren. Der Ablauf war soweit nichts Neues für ihn. Was ihn jedoch brennend
interessierte, war dieser Kontakt hier in Edinburgh, ein Mann, den er nicht einordnen konnte, der
ihm schon zweimal entwischt war und der ihm zweifellos auch diesmal wieder entwischen würde.
Niemand schien zu wissen, wer diese mysteriöse Person war, und es wollte auch niemand so genau
wissen. Es sah nach Ärger aus. Stevens, der sich plötzlich hilflos und alt fühlte, konnte nichts
weiter tun, als sich die Autonummer zu notieren. Vielleicht konnte ja McGregor Campbell etwas
damit anfangen, aber er musste vorsichtig sein, damit Rebus ihm nicht auf die Schliche kam. Er
schien da in einer Sache zu stecken, die sich als viel verwickelter erwies, als er erwartet
hatte.
Zitternd versuchte er sich einzureden, dass gerade das ihn so anmachte.
----
X
»Kommen Sie rein, wer immer Sie auch sind.« Leute, die Rebus völlig fremd waren, nahmen ihm
Mantel, Handschuhe und die mitgebrachte Flasche Wein ab, und sofort steckte er mitten in einer
dieser überfüllten, verräucherten und lauten Partys, bei denen es zwar einfach ist, Leute
anzulächeln, aber fast unmöglich, jemanden kennen zu lernen. Er ging vom Flur in die Küche und
von dort durch eine Verbindungstür ins Wohnzimmer.
Sessel, Tisch und Sofa waren an die Wände geschoben worden, und die freie Fläche war gefüllt mit
sich verrenkenden und kreischenden Paaren, die Männer ohne Krawatte und in Hemden, die ihnen am
Körper klebten.
Die Party hatte anscheinend früher begonnen, als er erwartet hatte.
Ein paar der Gesichter um sich herum und unter ihm kannte er. Während er sich einen Weg durch das
Wohnzimmer bahnte, musste er über zwei Inspektoren steigen. Er sah, dass auf dem Tisch am anderen
Ende des Raums reichlich Flaschen und Plastikbecher standen. Das schien ihm ein ganz günstiger
und halbwegs sicherer Beobachtungsposten zu sein.
Dorthin zu gelangen war allerdings ein Problem, und er musste an die Sturmangriffsübungen bei der
Armee denken.
»Hi!«
Cathy Jackson, die eine passable Stoffpuppe abgegeben hätte, torkelte ihm kurz über den Weg,
bevor sie von dem großen - dem sehr großen - Mann, mit dem sie so etwas Ähnliches tat wie tanzen,
herumgerissen wurde.
Rebus brachte irgendwie ein »Hallo« hervor. Sein Gesichtsausdruck glich dabei eher einer Grimasse
als einem Lächeln. Er brachte sich an dem Getränketisch so einigermaßen in Sicherheit und nahm
sich einen Whisky und dazu ein Bier. Das würde für den Anfang reichen. Dann beobachtete er, wie
Cathy Jackson, für die er sich gebadet, rasiert, in Schale geschmissen und mit einem
Duftwässerchen eingesprüht hatte, ihre Zunge tief in den Mund ihres Tanzpartners schob. Rebus
glaubte, dass ihm gleich schlecht würde. Seine Partnerin für den Abend hatte ihn versetzt, bevor
der Abend noch richtig begonnen hatte! Das würde seinen Optimismus für die Zukunft ein wenig
dämpfen. Und was sollte er jetzt machen? Unauffällig verschwinden oder versuchen, ein paar
freundliche Worte aus dem Hut zu zaubern?
Ein stämmiger Mann, der überhaupt nicht wie ein Polizist aussah,
Weitere Kostenlose Bücher