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Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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kam aus der Küche und steuerte
mit zwei leeren Gläsern in der Hand und Zigarette im Mund auf den Getränketisch zu.
»Verdammt noch mal«, sagte er an niemand Bestimmten gerichtet, »ist ja 'ne ziemlich beschissene
Party, finden Sie nicht? Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise.«
»Ja, ist alles nicht so toll.« Rebus dachte bei sich, jetzt hab ich 's geschafft, ich hab mit
jemandem geredet. Das Eis ist gebrochen, also könnte ich mich jetzt ohne weiteres absetzen.
Doch er blieb. Er beobachtete, wie der Mann sich recht gekonnt durch die Tanzenden schlängelte,
die Drinks sicher in der Hand, wie schutzbedürftige kleine Tiere. Er beobachtete, wie die Tänzer
ihren Kriegstanz wieder aufnahmen, als eine weitere Platte aus der unsichtbaren Stereoanlage zu
dröhnen begann und eine Frau, die genauso unbehaglich wirkte wie er, sich durch den Raum zwängte
und auf Rebus und den Getränketisch zusteuerte.
Sie war etwa in seinem Alter, und die Zeit hatte durchaus ihre Spuren hinterlassen. Sie trug ein
für seine Begriffe halbwegs modisches Kleid, doch was hatte er schon mit Mode am Hut? In seinem
Anzug sah er in dieser Gesellschaft direkt wie einer Beerdigung entsprungen aus. Ihre Haare waren
erst kürzlich gestylt worden, vielleicht sogar an diesem Nachmittag. Sie trug eine
sekretärinnenhafte Brille, aber sie war keine Sekretärin. Das konnte Rebus bereits an der Art und
Weise erkennen, wie sie sich den Weg zu ihm bahnte.
Er hielt ihr eine frisch gemixte Bloody Mary entgegen.
»Ist das okay?«, brüllte er. »Hab ich richtig oder falsch geraten?«
Sie kippte den Cocktail dankbar in sich hinein und holte erst Luft, als er das Glas erneut
füllte
»Danke«, sagte sie. »Normalerweise trinke ich keinen Alkohol, aber das war jetzt genau das
Richtige.« Na großartig, dachte Rebus bei sich, ohne dass seine Augen aufhörten zu lächeln. Cathy
Jackson hat sich um Verstand und Moral gesoffen, und ich bin bei einer Antialkoholikerin
gelandet. Doch dieser Gedanke war seiner unwürdig und wurde auch seiner Gesprächspartnerin nicht
gerecht. Zerknirscht sandte er ein paar stumme entschuldigende Worte nach oben.
»Haben Sie Lust zu tanzen?«, fragte er, um für seine Sünden zu büßen.
»Du machst wohl Witze!«
»Mach ich nicht. Was ist denn los?« Rebus, der wegen seines Anflugs von Chauvinismus ein
schlechtes Gewissen hatte, konnte es nicht fassen. Sie war ein Detective Inspector. Dazu noch die
in dem Mordfall für die Presse zuständige Beamtin.
»Ach nichts«, sagte er, »es ist nur so, dass ich auch an dem Fall arbeite.«
»Weißt du, John, wenn das so weitergeht, wird bald jeder Polizist und jede Polizistin in
Schottland an dem Fall arbeiten. Das kannst du mir glauben.«
»Wie meinst du das?«
»Es hat eine weitere Entführung gegeben. Die Mutter des Mädchens hat das Kind heute Abend als
vermisst gemeldet.«
»Scheiße. Verzeihung.«
Sie hatten miteinander getanzt, getrunken, sich getrennt, sich wieder getroffen und taten nun,
als wären sie bereits alte Freunde, zumindest an diesem Abend. Sie standen im Flur, ein Stück von
dem Lärm und dem Chaos auf der Tanzfläche entfernt. In der Schlange vor der einzigen Toilette der
Wohnung, am anderen Ende des Flurs, wurden die Leute allmählich ungehalten.
Rebus merkte, wie er durch Gill Templers Brille, durch das ganze Glas und Plastik hindurch in
ihre smaragdgrünen Augen starrte. Er wollte ihr sagen, er hätte noch nie so schöne Augen wie ihre
gesehen, aber er befürchtete, dass ihm das als Klischee angekreidet würde. Sie hielt sich jetzt
an Orangensaft, er hatte sich hingegen mit einigen weiteren Whiskys in eine lockere Stimmung
gebracht, da er nichts Besonderes mehr von dem Abend erwartete.
»Hallo, Gill.«
Der stämmige Mann vor ihnen war der Typ, mit dem Rebus sich am Getränketisch unterhalten
hatte.
»Lange nicht gesehen.«
Der Mann versuchte, Gill Templer auf die Wange zu küssen, torkelte aber stattdessen an ihr vorbei
und stieß mit dem Kopf gegen die Wand.
»Bisschen viel getrunken, Jim?«, sagte Gill ganz sachlich.
Der Mann zuckte die Schultern und sah Rebus an.
»Wir haben alle unser Kreuz zu tragen, was?«
Eine Hand streckte sich Rebus entgegen.
»Jim Stevens«, sagte der Mann.
»Ah, der Reporter?«
Rebus drückte kurz die warme, feuchte Hand des Mannes.
»Das ist Detective Sergeant John Rebus«, sagte Gill.
Rebus bemerkte, dass Stevens kurz rot wurde und seine Augen etwas Gehetztes annahmen. Aber er
hatte sich schnell wieder im

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