Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verborgene Muster

Titel: Verborgene Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
Wache.
»Einer von der alten Schule«, sagte Rebus zu sich selbst. »Also, was könnte ich für Feinde
haben?« Er betrachtete den Brief erneut, dann untersuchte er den Umschlag. Nur sein Name stand
darauf, ungleichmäßig getippt. Die Nachricht war abgegeben worden, genau wie beim ersten Mal. In
der Tat verdammt merkwürdig.
Er ging wieder die Treppe hinunter zum Empfang.
»Jimmy?«
»Ja, John.«
»Hast du das hier gesehen?« Er zeigte dem Dienst habenden Sergeant den Briefumschlag.
»Das?« Der Sergeant runzelte nicht nur die Stirn, sondern schien das ganze Gesicht in Falten zu
legen. Nur vierzig Jahre bei der Truppe konnten einen Menschen so weit bringen, vierzig Jahre
voller Fragen und Rätsel; Kreuze, die man zu tragen hatte. »Der muss unter der Tür durchgeschoben
worden sein, John. Ich hab ihn selbst da vorne auf dem Fußboden gefunden.« Er deutete vage in
Richtung Eingangstür. »Ist was damit?«
»Ach nein, eigentlich nicht. Danke, Jimmy.«
Doch Rebus wusste, dass ihm dieser kleine Brief die ganze Nacht keine Ruhe lassen würde, und das
nur wenige Tage, nachdem er die erste anonyme Nachricht bekommen hatte. Er legte beide Briefe
nebeneinander auf seinen Schreibtisch. Die Schrift einer alten Schreibmaschine, vermutlich einer
tragbaren. Das S war ungefähr einen Millimeter höher als die übrigen Buchstaben. Billiges Papier
ohne Wasserzeichen. Das in der Mitte geknotete Stück Schnur war mit einem scharfen Messer oder
einer Schere abgeschnitten worden. Die Nachricht. Dieselbe mit Schreibmaschine getippte
Nachricht.

ÜBERALL SIND ANHALTSPUNKTE.

Das mochte ja durchaus sein. Jedenfalls war es das Werk eines Spinners, irgendein dummer Scherz.
Aber warum er? Es ergab keinen Sinn. In dem Moment klingelte das Telefon.
»Detective Sergeant Rebus?«
»Am Apparat.«
»Rebus, hier ist Chief Inspector Anderson. Haben Sie meine Nachricht erhalten?«
Anderson. Ausgerechnet Anderson. Der hatte ihm gerade noch gefehlt. Von einem Spinner zum
nächsten.
»Ja, Sir«, sagte Rebus, der sich den Hörer unter das Kinn geklemmt hatte und besagten Brief auf
seinem Schreibtisch aufriss.
»Gut. Können Sie in zwanzig Minuten hier sein? Die Besprechung findet in der Einsatzzentrale in
der Waverley Road statt.«
»Ich werde da sein, Sir.«
In der Leitung ertönte das Freizeichen, während Rebus las. Es war also wahr, es war offiziell. Er
wurde für den Entführungsfall abgestellt. Gott, was für ein Leben. Er steckte die Zettel, die
Briefumschläge und die Schnur in seine Jackentasche und sah sich frustriert im Büro um. Wer
verscheißerte hier wen? Ein göttlicher Eingriff wäre nötig, innerhalb einer halben Stunde in der
Waverley Road Station zu sein. Und wann sollte er seine übrige Arbeit erledigen? Er hatte drei
Fälle, die in Kürze vor Gericht gingen, dazu noch etwa ein halbes Dutzend, bei denen dringend der
Papierkram erledigt werden müsste, bevor er sich an gar nichts mehr erinnerte. Eigentlich wäre es
sogar ganz schön, sie einfach aus dem Gedächtnis zu streichen. Sie auszulöschen. Er schloss die
Augen. Und öffnete sie wieder. Der Papierkram lag noch da, unübersehbar. Sinnlos. Immer hinkte
man hinterher. Sobald er einen Fall abgeschlossen hatte, traten zwei oder drei neue an seine
Stelle. Wie hieß doch gleich dieses Wesen? Hydra, oder? Das war's, dagegen kämpfte er an. Immer
wenn er einen Kopf abgeschlagen hatte, landeten mindestens zwei neue in seinem Eingangskorb. Aus
dem Urlaub zurückzukommen war ein Alptraum.
Und jetzt würden sie ihm auch noch Felsblöcke geben, die er den Hügel hinaufschieben
sollte.
Er schaute zur Decke.
»Mit Gottes Hilfe«, flüsterte er. Dann ging er zu seinem Auto.
----
II
    Die Sutherland Bar war eine beliebte Kneipe. Hier gab es keine Musikbox, keine Videospiele,
keine einarmigen Banditen. Die Ausstattung war spartanisch, das Fernsehbild flackerte und sprang
die meiste Zeit. Frauen waren bis weit in die sechziger Jahre dort nicht willkommen gewesen.
Anscheinend hatte man etwas zu verbergen gehabt, nämlich das beste Bier vom Fass in ganz
Edinburgh. McGregor Campbell trank einen Schluck aus seinem schweren Pint-Glas, den Blick starr
auf den Fernseher über der Bar gerichtet.
»Wer gewinnt?«, fragte eine Stimme neben ihm.
»Ich weiß nicht«, sagte er und wandte sich der Stimme zu. »Ach, hallo Jim.«
Ein stämmiger Mann saß neben ihm, das Geld schon in der Hand, und wartete darauf, bedient zu
werden. Seine Augen waren ebenfalls auf den Fernseher

Weitere Kostenlose Bücher