Verborgene Sehnsucht
Nun, er hatte Arschloch gemeint.
Obwohl er wusste, was jetzt richtig wäre – sie hochheben und aus dem Zellenblock tragen –, konnte Rikar sich nicht bewegen. Er wollte bleiben wo er war, mit seiner Gefährtin im Arm, ihrem tiefen, gleichmäßigen Atem lauschen, den engen Körperkontakt genießen. Es spielte keine Rolle, dass sie beide noch angezogen waren. Das Zusammensein mit ihr drehte sich nicht um Sex. Zumindest im Moment nicht. Später würde es das, und er würde sie für sich beanspruchen. Aber heute war alles, was er wollte, sie zu halten. Zu beschützen. Ihr Vertrauen zu gewinnen, indem er ihr zeigte, dass er geduldig sein konnte. Dass es ihm reichen würde, ihr nah zu sein, bis sie bereit war weiterzugehen.
Er rollte sich auf der Matratze nach hinten und drehte sie sanft auf den Rücken. Sie zog die Brauen zusammen und murmelte etwas, die Lageveränderung gefiel ihr nicht. Er sprach leise zu ihr, beruhigte sie mit seiner Stimme. Mit einem schläfrigen Brummen drehte sie sich zu ihm und kuschelte ihr Gesicht in seine Armbeuge. Unfähig, sich zurückzuhalten, strich er mit der Fingerspitze über ihre Unterlippe. Er sehnte sich so danach, sie zu küssen, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.
Stattdessen hauchte er ihr einen Kuss auf die Schläfe und wandte sich dann nach Norden, vergrub die Nase in den weichen Strähnen ihres Haars. Hmm, sie roch nach Immergrün und Frost … und ihm. Oh, ja. Sein Geruch war überall an ihr, und er liebte es. Genauso wie der besitzergreifende Bastard in seinem Inneren. Jetzt würde jeder andere Krieger, der ihr nahe kam, wissen, dass sie ihm gehörte.
Oder, treffender, dass er ihr gehörte.
Er ließ den Blick schweifen und musterte den Umriss ihres Gesichts. Den bezaubernden Schwung ihrer Nase. Die hohen Wangenknochen über der sanften Kurve ihres eigensinnigen Kinns. Die vollen, reichen Lippen. Himmel, seine Gefährtin war wunderschön – so anziehend, dass es ihm den Atem raubte.
Er hob die Hand und strich mit der Fingerspitze den Schwung ihrer Augenbraue nach, bewunderte, wie weich sie war. Sie seufzte, als er sie liebkoste, die Augen noch immer geschlossen, den Körper entspannt, nicht wach, aber auch nicht mehr im Tiefschlaf.
So war es für alle Frauen nach dem Energiefluss … der absolute Frieden nach immenser Lust. Nun, zumindest wenn man es richtig machte.
Er lächelte. Ja, der Ort war vielleicht Mist, aber wenigstens hatte er sich ihr gegenüber richtig verhalten, als er sich genährt hatte. Gott sei Dank. Das Letzte, was er wollte, war ihr wehzutun. Sein Hunger war entsetzlich gewesen. Unersättlich. Aber er hatte es geschafft, ihn zu zügeln, nur so viel genommen, wie sie ihm geben wollte. Sie hatte genauso geschmeckt, wie er es in Erinnerung hatte, wie Eis und Schnee. So dekadent wie eisgekühlter Wodka direkt aus dem Gefrierfach.
Er senkte den Kopf und küsste sie auf den Mundwinkel, eine sanfte Berührung, kaum spürbare Zärtlichkeit. Er wollte ihr für das danken, was sie ihm gegeben hatte. Sie war so gut gewesen … hatte ihn so erfüllt, dass sein Körper vibrierte und sein Geist voll frischer Energie pulsierte. Und Magie. Die Macht setzte ihn von innen heraus in Brand, floss durch seine Adern, brachte seine Fingerspitzen zum Kribbeln.
Himmel, hatte er sich jemals so gut gefühlt?
Nein. Nicht mal annähernd.
Rikar küsste sie noch einmal, strich mit der Nase über ihre, bevor er sich zurückzog und den Kopf schüttelte. Er konnte nicht anders, als sie zu bewundern. Aber vor allem überraschte er sich selbst. Seine Einstellung hatte eine ziemliche Kehrtwende hingelegt. Eine perfekte 180-Grad-Drehung von dem unabhängigen Hurensohn, der er noch vor weniger als einem Monat gewesen war. Angela aber war etwas Besonderes. Eine außergewöhnliche Frau, die gab, ohne an sich selbst zu denken. Aber das war jetzt ohnehin sein Job. An sie zu denken, für sie zu sorgen, ihr alles zu geben, was sie brauchte, um sich im Black Diamond wohlzufühlen.
Ein hervorragender Plan. Mit einem riesigen, verdammten Haken, an dem alles hing. Würde sie ihn als ihren Gefährten akzeptieren? Zulassen, dass er sich um sie sorgte und kümmerte?
Rikar hoffte es, aber es würde ein ganzes Stück Arbeit bedeuten, sie davon zu überzeugen. Das wusste er. War nicht naiv genug zu glauben, sie würde ihr Leben aufgeben – all das, wofür sie in der menschlichen Welt so hart gearbeitet hatte. Dass sie ihn einmal genährt hatte, ganz gleich, wie willig sie gewesen war,
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