verboten gut
gekommen war. Vieles hatte er natürlich nicht verstanden – Erwachsenenkram eben –, doch er hatte genug über seine Mutter erfahren. Leider nicht nur Positives. Es war gut, dass sein Vater diese Aufzeichnungen nie gefunden hatte.
Marc beschloss, sobald er konnte die Briefe aus den Tiefen seines Kleiderschranks zu holen und noch einmal zu lesen. Er erinnerte sich, dass Joshs Mutter und Bea wohl nicht so verschieden waren. Dann hatte Josh auch kein so rosiges Leben gehabt: Einen Vater, der sich nicht persönlich um ihn gekümmert, und eine Mutter, die nur Männer im Kopf hatte.
Vorsichtig, um Josh nicht zu wecken, schmiegte er sich an ihn, sog seinen Duft auf, fuhr sanft über sein Haar. Vielleicht konnte er Josh ein wenig Geborgenheit im Schlaf geben. Marc wollte ihn so gerne halten, ihn beschützen, ihn … ficken. Verflucht, er wollte Josh am liebsten unter sich spüren, sich tief in ihm versenken, ihn … lieben.
»Hör endlich auf damit!«, knurrte Josh und schlug seine Augen auf.
Hastig wich Marc zurück, hart klopfte der Puls an seinem Hals. »Du schläfst nicht?«
»Wie sollte ich, nach dem ganzen Scheiß!«
»Ich … Es tut mir leid, ich kann dir kaum widerstehen.«
»Ach, das ging in den letzten Monaten wunderbar! Du warst die Ignoranz in Person! Erst wolltest du mich ficken und dann hast du mich nicht mal mit dem Arsch angesehen, als du erfahren hast, wer ich bin. Vielleicht hätte ich gerne gewusst, was Sache ist!« Josh schnaubte. »Und ich kenne meinen Vater kaum, kann nichts für seine Taten.«
»Du hast keine Ahnung, wie schwer es mir gefallen ist nicht zu dir zu gehen, um dir alles zu beichten!«, platzte Marc heraus. Sein Vater hatte ihm verboten, auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen.
Auf dem Unigelände hatte er Josh weiträumig aus dem Weg gehen können, bis in den gemeinsamen Kursen, die waren die Hölle für Marc gewesen. Doch jetzt, wo er Josh zwangsweise derart nah war, erschien es ihm unerträglich, ihn nicht zu berühren.
Josh schlug die Bettdecke zurück und setzte sich auf. »Ich werde Nick fragen, ob ich in seiner Wohnung schlafen kann.«
»Was?« Marc schluckte. War da mal was zwischen Josh und dieser Tucke gewesen? Marc hatte ja bemerkt, wie sehr Nicks Augen geleuchtet hatten, als Josh aufgetaucht war. Marcs Magen zog sich zusammen. »Ich werde mich benehmen, versprochen.«
»Ach, leck mich doch«, murmelte Josh, zog sich an und verließ das Zimmer.
»Liebend gern«, brummte Marc, bevor er sich die Decke über den Kopf warf.
***
Als Josh die Treppen in den Keller hinabschritt, dröhnte ihm schon das Wummern der Beats entgegen. Doch die Party, von der Nick erzählt hatte, würde ihn vielleicht ablenken. Immerhin war Heiligabend. »Da s Fest der Liebe, ts«, spottete er. »Ich hab genug von Liebe.« Wenn Josh tief in sich hineinhorchte, fühlte er jedoch, dass er Marc immer noch liebte. Aber er wusste nicht, ob sich seine Gefühle je in freundschaftliche Liebe umwandeln ließen. Marc machte es ihm auch nicht leicht. Es war wohl am besten, sich erst mal abzulenken. Morgen würde er darüber nachdenken, wie es weitergehen sollte und was er bezüglich Marc und der Entführung unternehmen wollte. Was wohl sein Vater vorhatte? – Darüber wollte Josh lieber auch nicht nachdenken. Er hatte genug vom Denken, er wollte alles, was in den letzten Monaten vorgefallen war, vergessen.
Als er die Tür zum Partykeller, die mit blinkenden Neon-Sternen geschmückt war, öffnete, traf ihn eine Wolke aus künstlichem Nebel und körperlichen Ausdünstungen. Die Musik war hier dermaßen laut, dass er Nick – immer noch flügellos – nur schreiend begrüßen konnte. Der führte ihn durch zahlreiche tanzende Männer, die kaum mehr als ihre Jeans oder anrüchige Kostüme trugen, zu einer Bar. Einige Kerle waren mit Papiergirlanden behangen, andere mit Körperfarben bemalt. Ein paar lächelten ihn an oder zwinkerten ihm zu. Josh schaute möglichst finster zurück. Er hatte jetzt absolut keine Lust zum Flirten.
»Was magst du trinken?«, rief Nick durch das Wummern der Bässe. »Ich geb dir einen aus. Ich glaube, du könntest einen Stimmungsmacher vertragen.«
»Stimmungsmacher klingt gut!«, brüllte Josh zurück und klopfte Nick freundschaftlich auf den Rücken.
Während ihm Nick hinter dem Tresen irgendein buntes Gebräu mixte, schaute sich Josh in dem Kellergewölbe um. Neben der Bar gab es einige Sitzgelegenheiten: Sessel, Stühle und eine Couch in dunklem Lila, dahinter die
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