Verbotene Begierde (German Edition)
Nennung des Patienten bei seinem Namen ließ ihr die Sache noch näher gehen, als es ohnehin der Fall war.
»Ich habe in der Nacht drei Mal nach ihm gesehen, zuletzt heute früh um fünf Minuten vor sechs.«
»In welchem Zustand befand sich Herr Vaskardi?«
»Darf ich zunächst Ihren Dienstausweis sehen?«
Der Polizist kritzelte unbeeindruckt mit einem kratzenden Geräusch, das ihr bis in die Haarspitzen fuhr, auf einem Block. Erst nach Sekunden hob er den Kopf und musterte sie unter zusammengekniffenen Brauen.
»Detective Chief Superintendent Priest.«
Eine Dienstmarke blitzte vor Vanessas Gesicht auf.
»Danke, Detective.«
»Der Zustand Herrn Vaskardis?« Der Mann machte nicht viele Worte. Er senkte den Blick auf seinen Block und wartete demonstrativ auf ihre Antwort.
»Das Befinden des Patienten war zufriedenstellend.« Vanessa griff nach ihren Unterlagen. Sie führte detailliert die Blutdruck- und Pulswerte auf, bestätigte, dass Vaskardi die Nacht hindurch ruhig geschlafen hatte und keinerlei ungewöhnliche Vorkommnisse aufgetreten waren. Nach einer Weile begann ihr der Kopf zu schwirren, die Müdigkeit brannte in ihren Augen und sie war froh, als Priest aufstand, ihr zunickte und zur Tür schritt.
»Halten Sie sich zu unserer Verfügung.«
Das Zufallen der Tür im Schloss klang wie ein Pistolenschuss. Vanessa fragte sich, was genau der Detective meinte. Ob sie hier im Hospital bleiben sollte? Das konnte er wohl nicht verlangen. Sie entschloss sich, nach Hause zu fahren. Die Erschöpfung zerrte an ihren Nerven, die Zeit rann ihr davon. In sechs Stunden musste sie den nächsten Nachtdienst antreten.
Kapitel 9
Das Mondlicht stach grell vom schwarzen Nachthimmel, immer wieder verdunkelt von Wolkenbergen, die sich in rasender Geschwindigkeit vorbeischoben. Im Moment hatte der Regen aufgehört, der den aufgeweichten Boden durchschwemmt und zahlreiche neue Erdrutsche ausgelöst hatte.
Die Gruppe, die in der Finsternis den Weg suchte, bestand aus einer Frau und sechs Männern, angeführt von Jack. Alec war der Zweite in der Reihe und Dylan bildete das Schlusslicht der Personen, die mit einem Seil miteinander verbunden waren und sich in oberschenkelhohen Stiefeln einen Weg den Schlamm hindurchbahnten.
Die Fahrt in den beiden Jeeps war zirka zwei Meilen vor ihrem Ziel, einem kleinen Dorf mit ungefähr hundert Seelen, abrupt beendet worden, weil die Straße von einem an die zwei Meter tiefen Graben unterbrochen war. Sie hatten sich mit den Ausrüstungsgegenständen bepackt und den Weg zu Fuß fortgesetzt. Seit über einer Stunde stapften sie durch den Morast und Alec versuchte abzuschätzen, wie weit sie noch von der Siedlung entfernt sein mochten.
Der Weg war beschwerlich, immer öfter mussten sie von der Schotterstraße, die schon schwierig zu befahren gewesen war, abweichen, weil Erdmassen den Weg blockierten. Ab und zu rutschte jemand aus, wurde manchmal von seinem Hintermann aufgefangen oder brachte einen anderen mit zu Fall, sodass sie sich mühselig wieder aus dem Schlamm aufrappelten. Ohne die Sicherheitsmaßnahme mit dem Seil wären sie schneller vorangekommen, aber es war zu riskant, den unwegsamen Marsch in der Dunkelheit ohne Sicherung zu absolvieren. Zu groß war die Gefahr, dass einer ins Rutschen kam und in einer Erdspalte versank, bevor die Kollegen ihn bergen konnten.
Eine Horde Ratten kreuzte ihren Weg und Alec ahnte, dass sie sich dem Dorf näherten. Als die ersten schwachen Schreie an seine Ohren drangen, färbte sich der Horizont grau und ließ das Herannahen des Morgens erahnen.
Jack rief »Stopp«, und die Gruppe hielt an, die hinteren gingen noch ein paar Schritte weiter und kamen um ihren Anführer versammelt zum Stehen. Alec erkannte einen toten Hund, dessen Beine steif aus dem Boden stachen. Er war von einem Baumstamm getroffen worden und schien im Schlamm erstickt zu sein. Vielleicht hatte der Schlag ihn jedoch auch vor dem grausamen Erstickungstod bewahrt.
Alec kniff die Augen zusammen und versuchte, sich in der fortschreitenden Morgendämmerung zu orientieren. Er hatte das Eingeborenendorf einige Male besucht, um Impfungen durchzuführen und gedacht, dass er sich auskennen würde, aber sein Blick erfasste nichts Vertrautes. Die Hütten aus Lehm, Stroh und einfachen Ziegeln waren zerschmettert, er konnte nicht einmal mehr den Dorfplatz mit der Feuerstelle ausmachen, an der die Bewohner ihre Tänze und Rituale abgehalten hatten. Er fürchtete, nur wenige
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