Verbotene Begierde (German Edition)
ein Unglück herbeiführen, das den Tod brachte. Es war überflüssig, in die Gedanken seiner Freunde einzudringen, um zu wissen, dass sie dieselben Überlegungen hegten. Sobald sie das Flugzeug verlassen haben würden, musste jeder seiner Verpflichtung nachkommen, sich vollends auf die Arbeit konzentrieren und Hand in Hand tun, was notwendig war; ohne Angst, ohne Zögern, ohne Egoismus, nur darauf bedacht, sich gegenseitig zu unterstützen und Leben zu retten.
*
Vanessa war klar gewesen, dass Rob nicht mehr da sein würde, wenn sie aufstand. Sie schlüpfte ins Bad und entdeckte ein rosa Herzchen, das er mit Lippenstift auf den Spiegel gemalt hatte. Darunter stand in einer schräg gestellten Handschrift: »Mein Leben ist nichts ohne dich, Bellissima.«
Reflexartig ruckten ihre Hände auf die Brust. Für einen Moment schwankte sie, ob sie lachen oder weinen sollte. Diese Nacht war nichts als ein einmaliges Abenteuer, sie würde Rob nie wiedersehen. Sie wusste nicht mal, ob sie überhaupt fähig wäre, ihm in die Augen zu blicken. Es war nicht ihre Art, Männer abzuschleppen und mit ihnen intim zu werden. Die Scham trieb Röte in ihr Gesicht. Sie durfte nicht weiter darüber nachdenken, dann würde das heulende Elend sie überfallen und das wollte sie nicht. Dafür war die Erinnerung an die vergangenen Stunden einfach zu fantastisch. Nur … eine Wiederholung würde es niemals geben.
Als sie mit Lauren telefonierte, erfuhr sie, dass Dylan und Alec da gewesen waren und ihre Freundin am Morgen verlassen hatten. Das haute sie fast vom Hocker. Vanessa ließ sich ihr Auftauchen und die Sache mit Chris drei Mal erzählen, und während Lauren ihr von der Liebesnacht vorschwärmte, schwelgte sie in ihren eigenen Träumen, die bei den Beschreibungen farbige Bilder in ihrem Geist hervorriefen. Sie steigerte ihre Aufmerksamkeit, als sie hörte, dass die Männer einen mehrmonatigen Einsatz in Afrika absolvierten, in einem Katastrophengebiet, in dem tausenden Menschen der Tod durch Überschwemmungen, Hunger und Seuchen drohte. Sie staunte nicht schlecht, als Lauren erklärte, dass die beiden einer Gruppe von Medizinern und weiteren Fachkräften angehörten, die sich unterschiedlichen Rescue-Teams anschlossen, wie beispielsweise den Doctors Without Borders, dem Roten Kreuz, dem Komitee Cap Anamur oder einer der anderen in- und ausländischen Organisationen, die an den Krisenherden dieser Welt, nach Naturkatastrophen oder in Kriegsgebieten, selbstlose Hilfe leisteten.
Ihre Einsätze dauerten meist Monate. Sie mussten mit ungeschultem, einheimischem Personal umgehen, sie einweisen und lehren, sich häufig zusätzlich um organisatorische Aufgaben kümmern; sie hatten gelernt, unter den schlechtesten Bedingungen teils ohne ausreichende medizinische Ausstattung und Medikamente zu arbeiten, wanderten oft stundenlang durch unwegsames Gelände, um am Ende der Strapazen das Glück zu verspüren, Leben gerettet zu haben.
Lauren war völlig aus dem Häuschen. Alec und Dylan hatten ihr versprochen, sich aus dem Einsatzgebiet zu melden, wann immer es möglich war und nach diesem Einsatz würden sie mindestens ein Jahr zu Hause bleiben, um an verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen.
Vanessa hörte aufmerksam zu, stellte einige Zwischenfragen, die ihre Freundin leider nicht zu ihrer Zufriedenheit beantworten konnte, und surfte nach dem Telefonat auf der Suche nach Informationen stundenlang im Internet. Irgendetwas hatte in ihrem Kopf geklingelt, was das aparte Gesicht von Rob durch ihre Gedanken ziehen ließ, doch noch etwas anderes begann in ihr zu brodeln. Sie meldete sich online zu einem Französischkurs an und setzte sich zum Ziel, die Sprache innerhalb der nächsten Monate so weit zu vertiefen, dass sie diese fließend beherrschte.
Vanessa hatte häufig Nachtdienst und lag morgens völlig erledigt in ihrem Bett und lernte Grammatik und Vokabeln, bis ihr die Augen zufielen. Die Grübelei, warum sie sich das antat, hatte sie längst aufgegeben.
Während einer ihrer Nachtschichten im Hospital rief man sie per Lautsprecherdurchsage aus. Ihr Pager war defekt und der Ersatz ließ auf sich warten.
»Frau Doktor Carter, bitte dringend in OP 3.«
Sie sprang von ihrem Schreibtischstuhl auf, zog in fliegender Hast ihren Kittel an und rannte zu den Fahrstühlen. Schon aus einiger Entfernung sah sie, dass alle drei Aufzüge in entfernten Etagen steckten, daher eilte Vanessa ohne ihren Schritt zu bremsen ins Treppenhaus,
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