Verbotene Früchte im Frühling
kleinen Empfangszimmer auf und ab. Er hatte mit Matthew ein Treffen nach dem Essen verabredet, während die anderen Gäste sich unten zusammenfanden. „Sie ist zu klein, und sie ist oberflächlich. Als das Kind geboren wurde, sagte ich zu meiner Frau: Gib ihr einen praktischen Namen. Jane, Constance oder so etwas. Stattdessen wählte sie Marguerite – Französisch, ich bitte Sie! Nach einer Cousine mütterlicherseits. Und dann wurde alles noch schlimmer, als Lillian, die damals erst vier Jahre alt war, erfuhr, dass Marguerite das französische Wort für eine verdammte, unbedeutende Blume war. Aber von da an nannte Lillian ihre Schwester Daisy – Gänseblümchen –, und dabei blieb es …“
Während Bowman weiterschimpfte, dachte Matthew daran, wie perfekt dieser Name zu ihr passte, der Name jener kleinen Blume mit den weißen Blütenblättern, die so zart und doch so unvergänglich war. Es sagte einiges über sie aus, dass Daisy in einer Familie mit so vielen starken Persönlichkeiten eigensinnig genug war, um ihrer eigenen Natur treu zu bleiben.
„… offensichtlich muss ich den Handel etwas versüßen“, sagte Thomas Bowman. „Ich kenne Sie gut genug, um zu wissen, dass Sie sich eine ganz andere Art von Frau suchen würden, eine mit mehr gesundem Menschenverstand als so ein leichtfertiges kleines Ding wie Daisy. Daher …“
„Es ist nicht nötig, etwas zu versüßen“, unterbrach ihn Matthew mit ruhiger Stimme. „Daisy – das heißt, Miss Bowman – ist so, wie sie ist…“ Wunderschön. Begehrenswert. Bezaubernd. „… vollkommen in Ordnung. Eine Frau wie Miss Bowman zu heiraten wäre Belohnung genug.“
„Gut“, knurrte Thomas Bowman, offenbar nicht überzeugt. „Sehr höflich von Ihnen, so etwas zu sagen. Trotzdem werde ich Sie in Form einer großzügigen Mitgift entschädigen, mehr Anteile an der Firma und so weiter. Ich versichere Ihnen, Sie werden sehr zufrieden sein. Was nun die Heirat angeht…“
„Ich habe nicht Ja gesagt“, unterbrach ihn Matthew.
Bowman hörte auf, hin und her zu gehen, und sah ihn fragend an.
„Erstens“, fuhr Matthew vorsichtig fort, „ist es möglich, dass Miss Bowman in den nächsten zwei Monaten einen passenden Bewerber findet.“
„Bewerber von Ihrem Kaliber wird sie nicht finden“, widersprach Thomas Bowman.
Trotz seiner Belustigung antwortete Matthew sehr ernsthaft. „Vielen Dank. Aber ich glaube nicht, dass Miss Bowman Ihre hohe Meinung teilt.“
Der ältere Mann winkte ab. „Ach was, die Frauen ändern ihre Meinungen so häufig, wie sich in England das Wetter ändert. Sie können sie dazu überreden, Sie zu mögen. Geben Sie ihr ein paar Blumen, machen Sie ihr ein paar Komplimente, oder noch besser, zitieren Sie etwas aus den verdammten Gedichtbänden, die sie liest. Es ist so leicht, eine Frau zu verführen, Swift. Sie müssen nur …“
„Mr. Bowman“, unterbrach ihn Matthew, der plötzlich doch beunruhigt war. Himmel, das Letzte, was er brauchte, waren Belehrungen von seinem Arbeitgeber darüber, wie man eine Frau verführt. „Ich denke, das schaffe ich schon allein und ohne weitere Ratschläge. Darum geht es nicht.“
„Was sonst… Ah!“ Bowman lächelte ihn weltmännisch an. „Ich verstehe.“
„Sie verstehen was?“, fragte Matthew ahnungsvoll.
„Offensichtlich fürchten Sie meine Reaktion, wenn Sie später feststellen, dass meine Tochter nicht Ihre Erwartungen erfüllt. Aber solange Sie sich diskret verhalten, werde ich dazu schweigen.“
Seufzend rieb Matthew sich die Augen. Ganz plötzlich fühlte er sich erschöpft. Das alles hier war zu viel für ihn, so kurz nachdem sein Schiff in Bristol gelandet war. „Damit wollen Sie sagen, dass Sie nicht hinsehen werden, wenn ich meine Frau betrüge.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
„Für uns Männer gibt es Versuchungen. Dergleichen geschieht nun einmal. So ist der Lauf der Welt.“
„Nicht für mich“, erwiderte Matthew müde. „Ich halte mein Wort, sowohl in geschäftlichen Dingen als auch in meinem Privatleben. Wenn oder falls ich gelobe, einer Frau treu zu sein, dann stimmt das auch. Egal, was geschieht.“
Bowmans großer Schnurrbart zuckte vor Belustigung. „Sie sind noch jung genug, um sich Skrupel leisten zu können.“
„Die Alten können das nicht mehr?“, fragte Matthew mit einem Unterton liebevollen Spotts.
„Manche Skrupel werden überbewertet. Mit der Zeit werden Sie das herausfinden.“
„Das hoffe ich nicht.“ Matthew
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