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Verbotene Früchte im Frühling

Titel: Verbotene Früchte im Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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China.“
    Um Matthew Swifts Lippen zuckte es, während er darüber nachdachte, was sie gerade gesagt hatte. „Da China für Hanf der weltweit größte Produzent ist“, meinte er dann, „könnte man vermutlich auch sagen: Für allen Hanf in China – aber das hört sich irgendwie anders an. Wie immer Sie es ausdrücken wollen, ich werde dieser Gans nicht helfen.“ Er bückte sich nach seinem Kescher.
    „Bitte“, sagte Daisy.
    Swift sah sie mit gequälter Miene an.
    „Bitte, bitte“, wiederholte sie.
    Kein Gentleman konnte einer Lady widerstehen, die so etwas zweimal sagte.
    Swift murmelte etwas Unverständliches.
    Ein zufriedenes Lächeln erschien auf Daisys Gesicht. „Danke.“
    Doch ihr Lächeln verschwand, als er warnend zu ihr sagte: „Dafür schulden Sie mir einen Gefallen.“
    „Natürlich“, gab Daisy zurück. „Ich hätte auch nie erwartet, dass Sie etwas umsonst tun.“
    „Und wenn ich diesen Gefallen irgendwann einfordere, dann werden Sie nicht einmal daran denken, ihn mir zu verweigern.“
    „Innerhalb vernünftiger Grenzen. Ich werde Sie nicht heiraten, nur weil Sie eine arme Gans gerettet haben.“
    „Glauben Sie mir“, erwiderte Swift finster, „an eine Heirat dachte ich nicht.“ Er begann, seinen Überrock auszuziehen, wobei es ihm schwerfiel, den feuchten Tweedstoff von seinen breiten Schultern zu streifen.
    „Was … was tun Sie da?“, fragte Daisy und sah ihn aus großen Augen an.
    Um seinen Mund erschien ein unwilliger Zug. „Ich werde es nicht zulassen, dass dieser verdammte Vogel meinen Rock ruiniert.“
    „Ein paar Federn auf Ihrem Mantel sind noch kein Grund zur Aufregung.“
    „Es sind nicht die Federn, die mir Sorgen bereiten.“
    „Oh.“ Daisy unterdrückte ein Lächeln.
    Sie sah zu, wie er den Rock und die Weste ablegte. Das zerknitterte weiße Hemd klebte ihm an der Brust und wirkte beinahe durchsichtig an seinem Bauch und dort, wo es unter dem Hosenbund verschwand. Weiße Hosenträger liefen über seine Schultern und kreuzten sich auf seinem Rücken. Die Kleidungsstücke legte er sorgfältig über den Kescher, damit sie nicht schmutzig wurden. Eine sanfte Brise spielte mit seinem Haar und wehte ihm eine Locke in die Stirn.
    Die seltsame Situation – die bösartige Gans, der durchnässte Matthew Swift in Hemdsärmeln – brachte Daisy zum Lachen. Hastig presste sie eine Hand vor den Mund, doch sie konnte nichts dagegen tun.
    Er schüttelte den Kopf, lächelte aber. Daisy fiel auf, dass er niemals lange lächelte, ein Lächeln von ihm verschwand immer so schnell, wie es gekommen war. Es glich einem Naturphänomen, auf das man einen kurzen Blick erhaschen konnte, einer Sternschnuppe zum Beispiel.
    „Wenn Sie irgend jemandem etwas davon erzählen, Sie kleiner Kobold, dann werden Sie dafür bezahlen.“ Die Worte sollten eine Drohung sein, doch etwas lag in seinem Ton – etwas Erotisches –, das ihr einen Schauer über den Rücken schickte.
    „Ich werde niemandem davon erzählen“, sagte Daisy atemlos. „Ich würde in genauso schlechtem Licht dastehen wie Sie.“
    Swift griff in die Tasche des Überrocks, den er ausgezogen hatte, holte ein kleines Taschenmesser hervor und reichte es ihr. Bildete sie es sich nur ein, oder ließ er seine Finger extra lange auf ihrer Hand ruhen?
    „Wofür ist das?“, fragte sie unbehaglich.
    „Um die Schnur am Fuß des Vogels abzuschneiden. Seien Sie vorsichtig – es ist sehr scharf. Es wäre mir nicht recht, wenn Sie versehentlich eine Schlagader verletzen würden.“
    „Keine Sorge, ich werde ihm nicht wehtun.“
    „Ich meinte mich, nicht die Gans.“ Er warf einen prüfenden Blick auf den ungeduldigen Vogel. „Wenn du Schwierigkeiten machst“, sagte er zu dem Tier, „kommst du zum Abendessen in die Pastete.“
    Drohend hob der Vogel seine Schwingen, um so groß wie möglich zu wirken.
    Vorsichtig, einen Fuß vor den anderen setzend, bewegte Matthew sich voran und schränkte so den Bewegungsradius des Vogels ein. Das Tier fauchte und zischte, dann stürmte es vorwärts. Swift packte das Tier und fluchte, während er versuchte, dem hackenden Schnabel auszuweichen. Eine Wolke von Federn stob auf.
    „Erdrosseln Sie ihn nicht“, rief Daisy, als sie sah, dass Swift den Hals des Vogels gepackt hielt.
    Es war vielleicht ein Glück, dass Swifts Antwort in dem Flattern und Kreischen der Gans nicht verständlich war.
    Irgendwie gelang es ihm, den Vogel festzuhalten, bis er tobend und fauchend in seinen Armen hing.

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