Verbotene Früchte im Frühling
als die der Hunts oder Westcliffs, verband sie eine geheimnisvolle und leidenschaftliche Intensität.
Und solange Evie glücklich war, würde Lillian sich gegenüber St. Vincent höflich verhalten.
„Thurso“, wiederholte Lillian misstrauisch und blickte von St. Vincent zu ihrem Gemahl hinüber. „Für mich klingt das nicht englisch.“
Die beiden Männer tauschten einen Blick, dann erwiderte Marcus ruhig: „Genau genommen liegt es in Schottland.“
Lillian kniff die Augen zusammen. „Llandrindon ist Schotte? Aber er spricht ohne Akzent.“
„Den größten Teil seines Lebens hat er in englischen Schulen verbracht, und dann in Oxford“, erwiderte St. Vincent.
„Hm.“ Viel wusste Lillian nicht über schottische Geografie, aber von Thurso hatte sie noch nie gehört. „Und wo genau liegt Thurso? Gleich hinter der Grenze?“
Westcliff mied ihren Blick. „Etwas mehr im Norden. In der Nähe der Orkneys.“
„Am nördlichen Rand des Kontinents?“ Lillian glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu können. Es fiel ihr schwer, ihre Stimme zu einem zornigen Flüstern zu senken. „Warum sparen wir uns allen nicht ein bisschen Zeit und Mühe und verbannen Daisy gleich nach Sibirien? Dort wäre es vermutlich wärmer. Gütiger Himmel, wie konntet ihr beide Llandrindon als Kandidaten auswählen?“
„Ich musste es tun“, widersprach St. Vincent. „Er hat drei Landsitze und besitzt eine ganze Herde von Vollblütern.
Und jedes Mal, wenn er in den Klub kommt, steigen meine nächtlichen Gewinne um fünftausend Pfund.“
„Dann ist er ein Verschwender“, meinte Lillian finster.
„Das macht ihn nur noch interessanter für Daisy“, sagte St. Vincent. „Eines Tages wird er das Geld eurer Familie brauchen.“
„Es ist mir egal, welche Vorteile er besitzt, aber der Plan ist, meine Schwester in diesem Land zu halten. Wie oft werde ich Daisy sehen, wenn sie in diesem verdammten Schottland sitzt?“
„Es ist immer noch näher als Nordamerika“, stellte Westcliff fest.
In der Hoffnung, in ihr eine Verbündete zu gewinnen, wandte sich Lillian an Evie. „Evie, sag doch etwas.“
„Es ist egal, woher Lord Llandrindon stammt.“ Evie streckte die Hand aus, um eine Haarsträhne zurückzustreichen, die sich aus Lillians Frisur gelöst hatte. „Daisy wird ihn nicht heiraten.“
„Warum glaubst du das?“, fragte Lillian misstrauisch.
Evie lächelte ihr zu. „Oh … nur so ein Gefühl.“
Getrieben von dem Wunsch, das Spiel zu beenden und zu ihrem Roman zurückzukehren, hatte Daisy schnell begriffen, wie man Boule spielt. Der erste Spieler rollte die weiße Kugel bis ans Ende des Rasens, ohne dass sie dabei über den Rand hinauskullern durfte. Ziel des Spiels war es, die eigenen drei Kugeln mit Schwung so dicht wie möglich neben der weißen zu platzieren.
Die Schwierigkeit bestand darin, dass die Holzkugeln an einer Seite nicht ganz rund waren, sodass sie niemals geradeaus rollten. Daisy lernte schnell, diese Asymmetrie zu berücksichtigen und je nach Bedarf die Kugel ein wenig nach links oder rechts auszurichten. Es war ein schneller Rasen, mit kurzem Gras und harter Erde, was Daisy gerade recht war, denn sie hatte es eilig, zu Honoria und ihrem Geist zurückzukehren.
Da es ebenso viele Frauen wie Männer gab, wurde die Gruppe in Zweierteams aufgeteilt. Daisy spielte mit Llandrindon zusammen, der sehr geschickt war.
„Sie sind recht gut, Miss Bowman“, erklärte er. „Sind Sie sicher, dass Sie noch nie gespielt haben?“
„Niemals“, erwiderte Daisy heiter. Sie hob eine Kugel auf und drehte die flachere Seite nach rechts. „Es muss daran liegen, dass Sie es mir so gut erklärt haben, Mylord.“ Sie trat zwei Schritte vor bis zur Linie, dann holte sie aus und ließ die Kugel rollen. Die stieß eine ihrer Gegenspielerinnen geschickt aus dem Weg und blieb exakt fünf Zentimeter neben der weißen Kugel liegen. Daisy hatte diese Runde gewonnen.
„Gut gemacht“, sagte Mr. Rickett und putzte seine Brillengläser. Dann setzte er die Brille wieder auf und lächelte Daisy an. „Sie bewegen sich mit so viel Anmut, Miss Bowman. Es ist eine Freude, Ihrem geschickten Spiel zuzusehen.“
„Ich fürchte, mit Geschick hat es nicht viel zu tun“, erwiderte Daisy bescheiden. „Anfängerglück.“
Lady Miranda, ein schlankes blondes Mädchen mit einem Porzellanteint, betrachtete besorgt ihre zarten Hände.
„Ich glaube, ich habe mir einen Fingernagel abgebrochen“, erklärte sie.
„Ich geleite Sie
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