Verbotene Früchte im Frühling
Sie spürte, wie sie errötete.
Swift ließ seinen Blick einen Moment zu lange auf ihr ruhen, als wäre er fasziniert von etwas, das er in ihren Augen sah. Dann verneigte er sich. „Ich werde Sie jetzt wieder Ihrem Tee überlassen. Es war mir ein Vergnügen, Myladies.“ Und mit einem Blick auf Annabelle fügte er ernsthaft hinzu: „Sie haben eine reizende Tochter, Madam.
Dass mein geschäftlicher Vortrag sie nicht sehr interessierte, werde ich ihr verzeihen.“
„Das ist sehr nett von Ihnen, Sir“, erwiderte Annabelle, deren Augen vor Belustigung funkelten.
Swift begab sich wieder ans andere Ende des Zimmers, während die jungen Damen sehr beschäftigt taten, unnötigerweise ihrem Tee noch Zucker beigaben oder die Serviette auf ihren Knien glatt strichen.
Evie sprach als Erste. „Du hattest recht“, sagte sie zu Lillian. „Er ist absolut scheußlich.“
„Genau“, pflichtete Annabelle ihr bei. „Das Erste, woran man bei seinem Anblick denkt, ist ein Teller voll Spinat.“
„Haltet den Mund, alle beide“, sagte Lillian und biss in ein Stück Toast.
Am Nachmittag bestand Lillian darauf, Daisy zum Boulespielen mitzunehmen. Normalerweise hätte Daisy nichts dagegen gehabt, doch gerade war sie in ihrem Roman an einer mitreißenden Stelle, wo eine Gouvernante mit Namen Honoria auf dem Dachboden einem Gespenst begegnete. „Wer sind Sie?“, hatte Honoria noch hervorgebracht und den Geist angestarrt, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihrer großen Liebe Lord Clayworth aufwies. Gerade als der Geist antworten wollte, hatte Lillian Daisy das Buch aus den Händen gerissen und sie aus der Bibliothek gezerrt.
„Verdammt!“, hatte Daisy geklagt. „Verdammt, verdammt! Lillian, gerade bin ich an der spannendsten Stelle!“
„Während wir hier reden, spielt draußen auf dem Rasen ein halbes Dutzend interessanter Männer Boule“, erwiderte ihre Schwester schroff. „Und mit ihnen zu spielen ist weitaus wichtiger, als hier allein in einem Buch zu lesen.“
„Ich kann kein Boule.“
„Gut. Dann bitte einen der Herrn, es dir zu zeigen. Wenn es eine Sache gibt, die jeder Mann gern tut, dann ist es, einer Frau zu erklären, wie etwas gemacht wird.“
Sie gingen zu der Rasenfläche hinüber, wo man für die Zuschauer Tische und Stühle bereitgestellt hatte. Einige Spieler ließen große Holzkugeln über das Grün rollen und lachten, als die Kugel eines Spielers in dem schmalen Graben am Rand der Rasenfläche verschwand.
„Hmm“, bemerkte Lillian und musterte die Anwesenden. „Wir haben Konkurrenz bekommen.“ Daisy erkannte die drei Frauen, die ihre Schwester meinte: Miss Cassandra Leighton, Lady Miranda Dowden und Elspeth Higginson.
„Ich hätte lieber keine unverheirateten Frauen nach Hampshire eingeladen“, sagte Lillian, „aber Westcliff meinte, das wäre zu offensichtlich gewesen. Zum Glück bist du hübscher als sie alle. Auch wenn du klein bist.“
„Ich bin nicht klein“, widersprach Daisy.
„Zierlich dann also.“
„Das gefällt mir auch nicht besser. Es klingt, als wäre ich unbedeutend.“
„Es ist besser als untersetzt“, erklärte Lillian. „Das ist das einzige andere Wort, das mir noch einfällt, um deine fehlende Körpergröße zu beschreiben.“ Als Daisy sie finster ansah, lächelte sie. „Zieh kein Gesicht, Liebes. Ich präsentiere dir ein ganzes Buffet voller unverheirateter Männer, und du kannst dir aussuchen … Oh, verdammt.“
„Was? Was ist?“
„Er spielt mit.“
Daisy musste nicht fragen, wer er war – der verärgerte Klang von Lillians Stimme ließ daran keinen Zweifel aufkommen.
Als sie den Blick über die Gruppe schweifen ließ, sah Daisy Matthew Swift am Rande des Rasens mit ein paar anderen jungen Männern zusammenstehen und zusehen, wie die Abstände zwischen den einzelnen Kugeln ausgemessen wurden. Wie alle anderen trug er eine helle Hose, ein weißes Hemd und eine Weste. Er war schlank und muskulös, und seine lässige Haltung zeugte von seiner Selbstsicherheit.
Ihm entging nichts, und er schien das Spiel sehr ernst zu nehmen. Matthew Swift musste immer sein Bestes geben, selbst bei einem Rasenspiel.
Daisy war ziemlich sicher, dass er jeden Tag um irgendetwas kämpfte. Und das passte nicht zu ihren Erfahrungen mit den privilegierten jungen Männern im alten Boston, im alten New York, all jenen verwöhnten Sprösslingen, die genau wussten, dass sie niemals arbeiten mussten, wenn sie das nicht wollten. Sie fragte sich, ob Swift jemals
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