Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
so? Fahren Sie fort, Detective.“
„Sie hatte einen Herzinfarkt, und es sieht nicht gut aus.“ Das offen auszusprechen schmerzte ihn. Seine Stimme versagte und verriet seine Erschütterung. Was soll ich ohne Lily machen? „Es besteht die Möglichkeit, dass sie stirbt.“
Hope schwieg eine Weile und gab dann eine Unmutsäußerung von sich. „Soll mich das in irgendeiner Weise betreffen, Detective?“
„Haben Sie verstanden, was ich gesagt habe? Ihre Mutter liegt im Sterben.“
„Ja, ich habe es gehört. Aber ich verstehe nicht, warum Sie mich anrufen.“
Er hörte weder Bedauern noch Reue, noch einen Funken Trauer in ihrer Stimme. Wie konnte man so kalt und herzlos sein?
Er atmete tief durch, um sich Wut und Hass nicht anmerken zu lassen. Hope St. Germaine würde sich freuen, wenn er die Beherrschung verlor. Doch für Lily würde er sogar bitten. „Lily möchte Sie sehen. Sie möchte Frieden mit Ihnen schließen.“
„Tut mir Leid, Detective, aber das wird nicht möglich sein.“
„Soll das heißen …“
„Genau das heißt es.“
„Aber sie stirbt, um Himmels willen!“ Nur mit größter Mühe beherrschte er seinen Zorn. „Sie möchte Sie sehen. Es ist ihr letzter Wunsch.“
„Sollte mir das etwas bedeuten? Ich versichere Ihnen, das tut es nicht.“
„Bitte!“ brach es mit halb erstickter Stimme aus ihm hervor, als er an Lily dachte, an ihr Flehen und die jahrelange Sehnsucht nach ihrer Tochter. „Bitte“, wiederholte er. „Ich bitte Sie. Gewähren Sie ihr das. Lassen Sie sie glücklich sterben!“
„Nein, vielen Dank“, erwiderte sie freundlich, als sei er ein Hausierer. „Guten Tag.“
Die Leitung war tot. Fassungslos starrte Santos den Hörer an. Die Hexe hat aufgelegt. Sie hat sich geweigert, den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen.
Er hängte den Hörer des Münztelefons so heftig ein, dass es knallte. Hope St. Germaine würde er es zeigen. Er würde sie da treffen, wo sie am verletzlichsten war. Er würde ihr nicht durchgehen lassen, wie sie Lily behandelte.
Er presste die Handballen auf die Augen. Die liebe, süße Lily, die so viel Liebe gegeben hatte und so oft verstoßen worden war. Er würde ihr ihren Herzenswunsch erfüllen, gleichgültig, was es kostete.
Besser gesagt, er würde ihr einen Herzenswunsch erfüllen.
Nachdem er noch einmal beim Arzt und bei Lily vorbeigeschaut hatte, hinterließ er seine Rufnummer auf der Station und verließ das Krankenhaus. Seinen Zorn im Griff, stieg er in sein Auto, setzte das Alarmlicht aufs Dach und fädelte sich in den Verkehr ein. Er fuhr, wie nur ein altgedienter Polizist es konnte – wie ein beherrschter Irrer.
In weniger als fünfzehn Minuten schaffte er es bis zu Glorys Cottage im Garden District. Mit blinkendem Signallicht hielt er in ihrer Auffahrt. Eine Nachbarin, die die Sonntagszeitung hereinholte, starrte ihn mit offenem Mund entsetzt an und eilte wieder ins Haus. Zweifellos informierte sie jetzt den Rest der Familie und die Nachbarschaft, dass die nette Glory St. Germaine in irgendeiner Schwierigkeit steckt.
Schmunzelnd stieg er aus. Glory würde zum Gespräch des Viertels werden.
Sie öffnete die Tür kurz nach seinem Klopfen. In verwaschenen Jeans und kurzem Strickpullover, ungeschminkt, die Füße nackt, wirkte sie jung und verwundbar wie das sechzehnjährige Mädchen, in das er sich verliebt hatte.
Ihr Anblick war ein Schock, der leidenschaftliche, liebevolle und elektrisierende Erinnerungen weckte. In solchen Momenten erinnerte er sich an Dinge, die er über zehn Jahre verdrängt hatte. Dinge, die den Wunsch in ihm wachriefen, die Zeit zurückdrehen zu können.
Bei diesen Gedanken runzelte er die Stirn. Glory war nicht mehr das Mädchen von damals. Eigentlich hatte es dieses Mädchen nie wirklich gegeben.
„Was?“ fragte sie besorgt und betrachtete ihn forschend. „Was ist passiert?“
„Ein Polizeieinsatz“, erklärte er steif und bemühte sich um den richtigen Ton. „Du musst mit mir kommen.“
„Mit dir kommen?“ wiederholte sie alarmiert. „Was soll das heißen? Stehe ich unter Arrest oder …“
„Nichts in der Art“, erklärte er rasch. „Ich brauche dich im Präsidium. Für ein Verhör.“
„Gab es einen weiteren Mord?“ fragte sie besorgt. „Ist das Hotel betroffen – oder geht es um Pete?“
„Ich kann erst darüber reden, wenn wir unterwegs sind. Tut mir Leid.“ Er räusperte sich. „Würdest du bitte mit mir kommen? Es ist dringend.“
„In Ordnung.“ Sie wich
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