Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
ich hier bleiben.“
„Nicht nötig. Im Hotel geht alles seinen Gang, und mein Stellvertreter ruft mich, falls etwas geschieht.“
„Ich wünschte, ich könnte dasselbe von der Polizei sagen“, seufzte Santos. Vor neun Wochen hatten sie die letzte Leiche des Schneewittchen-Killers gefunden, und Santos fürchtete, er war weitergezogen. Sogar die Medien spekulierten schon darüber, dass der Feldzug des Killers, zumindest in New Orleans, zu Ende war.
Santos ballte die Hände. Er musste diesen Burschen schnappen, er musste wissen, ob er auch seine Mutter umgebracht hatte.
Glory beobachtete ihn besorgt. „Was ist los? Ist etwas passiert?“ „Nichts, das ist es ja gerade.“
Offensichtlich verwirrt, sagte sie: „Falls du gehen musst, ich kann Lily sagen …“
„Nein, ich habe ein bisschen Zeit.“ Er deutete zur Tür. „Ich rufe nur gerade mal Jackson an und hole mir einen Kaffee am Automaten. Möchtest du etwas?“
„Nein danke, ich versorge mich später.“
„Ruf mich, falls sie aufwacht.“
„Mache ich.“
Er ging lächelnd in den Flur und dachte an die Geschichten, die sie eben erzählt hatten, und die allgemeine Heiterkeit. Einen Moment lang hatte er vergessen, dass er Glory weder mochte noch ihr traute. Er hatte ganz vergessen, dass sie eine Gegnerin war.
„Santos!“
Er blickte auf und sah Liz im Flur mit einer Topfpflanze auf sich zukommen. Er ging ihr entgegen und gab ihr einen flüchtigen Kuss. „Liz, was machst du denn hier?“
„Ich wollte Lily besuchen.“ Sie hielt die Pflanze hoch. „Ist das ein ungünstiger Augenblick?“
„Natürlich nicht.“ Sein Lächeln wirkte etwas gezwungen. Er hatte ihr nichts von Lilys und Glorys Begegnung erzählt, weil er ihre Reaktion vorausgesehen hatte. Aber er hätte auch das hier vorhersehen müssen. „Leider schläft sie gerade.“
„Oh.“ Enttäuscht warf sie einen kurzen Blick über seine Schulter zur Tür des Krankenzimmers. „Ich habe dich in letzter Zeit wenig gesehen.“
Er schob die Hände in die Hosentaschen. „Es war alles ein bisschen viel mit Lilys Erkrankung und meiner üblichen Arbeit.“ Seine Entschuldigung klang selbst für ihn lahm. Aus unerklärlichen Gründen hatte er seit Lilys Herzanfall nicht den Wunsch verspürt, zu Liz zu gehen.
„Schon okay. Ich verstehe das. Ich weiß noch, wie es war, als mein Dad im Krankenhaus lag. Ich habe dich eben nur vermisst.“
Er kam sich wie ein Halunke vor, weil er ihr nicht dasselbe sagen konnte, obwohl er es gern getan hätte. Er wusste, wie sehr sie sich nach seiner Liebe sehnte. Irgendwie fühlte er sich für ihre Gefühle verantwortlich, und er hasste das. „Sobald Lily zu Hause ist, wird das Leben wieder normaler.“
„Wie geht es ihr?“
„Sie macht sich fabelhaft. Es geht ihr erstaunlich gut. Der Arzt sagt, dass sie bald nach Hause kann. Vielleicht schon morgen.“
„Kein Scherz? Das ist wunderbar.“
„Unglaublich. Und ich dachte schon, ich hätte sie verloren.“
„Es freut mich für dich.“ Liz schenkte ihm ein Lächeln, das angespannt wirkte. Sie übergab ihm die Pflanze. „Ich schicke etwas zu essen rüber. Gib mir Bescheid.“
„Mache ich. Danke.“
„Wenn ich sonst etwas tun kann, lass es mich wissen.“ Er nickte, und sie faltete die Hände vor sich. „Ich muss zurück. Das Geschäft ist in letzter Zeit lebhafter geworden.“
„Tatsache?“ fragte er erfreut lächelnd. „Und wie läuft der Absatz meines traditionellen Hamburgers?“
„Auf Sparflamme. Ich fürchte um die Gesundheit des amerikanischen Mannes.“
Er legte den Kopf zurück und lachte. Es tat gut, sehr gut sogar, unbeschwert zu lachen. „Ich bin froh, dass du gekommen bist, Liz. Ich werde Lily sagen, dass du da warst.“
Er beugte sich vor, küsste sie und ließ sich diesmal ein wenig Zeit, es zu genießen.
„Santos, sie ist aufgew…“
Er riss den Kopf hoch und blickte über die Schulter zurück. Glory steckte den Kopf in den Flur, die Wangen gerötet.
„Tut mir Leid. Ich wusste nicht, dass du beschäftigt … ich meine, ich wusste nicht, dass du nicht allein … bist.“
„Schon okay.“ Er ließ Liz los. „Sie wacht auf?“
„Ja, ich dachte, du wolltest es wissen.“ Glory blickte an ihm vorbei zu Liz und riss erstaunt die Augen auf. „Liz? Liz Sweeney? Mein Gott, bist du das?“
Er spürte Liz starr werden. „Hallo, Glory.“
„Ich kann es nicht glauben. Du bist es wirklich! Wie geht es dir?“
„Fein“, erwiderte sie zornbebend. „Und das ist nicht
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