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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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loszulachen.
    Liz kämpfte mit den Tränen. Wie hatte sie ihr nur sagen können, dass sie ihre Freundin sein wollte und sie mochte. Das klang Mitleid erregend und verzweifelt. Sie sah auf ihre Füße, entsetzt, wie nahe sie den Tränen war. Sie wollte sich keinesfalls weiter demütigen, indem sie den Tränen freien Lauf ließ. Glory St. Germaine bedauerte sie zweifellos auch so schon genug.
    Liz schluckte trocken und machte einen Schritt auf die Tür zu. „Vergiss einfach, was ich gesagt habe. Es war wirklich … dumm.“ Sie machte noch einen Schritt, um nur ja den Raum zu verlassen, ehe sie losheulte. „Wir sehen uns ja noch.“
    Dann wandte sie sich ab und lief zur Tür.
    „Warte!“ Liz blieb stehen, drehte sich jedoch nicht zu Glory um. „Willst du die Wahrheit wissen?“ fragte Glory. „Was du vorhin gesagt hast, stimmt nicht. Du bist die Mutige, nicht ich. Ich war nie Zielscheibe der Verachtung der anderen. Mein Familienname und unser Geld haben mich immer beschützt. Ich kann mir nicht mal vorstellen, wie viel Mut du hast.“
    Liz drehte sich langsam um und sah eine völlig veränderte Glory. Nicht die Kühne, die alle Regeln brach und auf die Meinung der anderen pfiff. Glory stand da mit gesenktem Blick, die Arme fest um sich geschlungen, ein Bild der Verletzlichkeit, Unsicherheit und Einsamkeit.
    „Du hattest Recht“, fuhr sie fort und versuchte zu lachen, was kläglich misslang. „Ich habe keine echten Freunde, weil ich niemand an mich heranlasse.“
    „Aber warum nicht?“ fragte Liz forschend. „Warum willst du nicht, dass dir jemand nahe kommt?“
    „Weil mich alle für mutig halten. ,Glory St. Germaine hat vor nichts Angst‘, sagen alle. Das gefällt mir. So bin ich eben.“ Achselzuckend fügte sie hinzu: „Wenn ich jemand an mich heranlasse, erkennt er die Wahrheit.“
    „Du bist viel mutiger, als du denkst.“
    „Ja?“ Glory lächelte. „Du aber auch.“
    Von draußen hörten sie jemand näher kommen. Nicht irgendjemand, sondern Schwester Marguerite und ihre Assistentin Schwester Josephine. Glory gab Liz ein Zeichen und legte einen Finger an die Lippen. Dann verschwand sie in der letzten Kabine, kletterte auf die Toilettenschüssel und hielt die Tür fest zu. Eine Sekunde später kamen die Schwestern herein.
    Liz lächelte den Nonnen zu.
    „Wir suchen Glory St. Germaine. Hast du sie gesehen?“ fragte die Schulleiterin.
    Liz spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, und betete, die Nonnen mögen es nicht bemerken. „Ja, Schwester, sie ist gerade gegangen.“
    „Wirklich?“ Beide Nonnen äugten argwöhnisch zu den Kabinen und sahen dann Liz an. „Sie ist uns im Flur nicht begegnet.“
    „Seltsam. Sie ist erst ein paar Minuten weg. Sie fühlte sich grässlich. Als ich hereinkam, saß sie auf dem Boden, die Arme um sich geschlungen.“ Liz senkte die Stimme. „Sie hatte schreckliche Krämpfe.“
    „Krämpfe“, wiederholte Schwester Josephine. „Armes Ding.“
    „Ich riet ihr, das Büro ihrer Mutter anrufen zu lassen, aber sie sagte, sie hätte heute Nachmittag eine Klassenarbeit, die sie nicht versäumen wolle. Ich glaube, sie ist wieder in den Unterricht zurück.“
    „Verstehe“, sagte Schwester Marguerite. „Danke. Wir werden das überprüfen.“ Beide Nonnen gingen zur Tür, Schwester Marguerite blieb jedoch noch einmal stehen und drehte sich zu Liz um. „Solltest du nicht zu dieser Zeit im Büro sein?“
    „Ja, Schwester“, murmelte sie, fast benommen vor Angst. „Ich wollte gerade zurückgehen. Aber ich … ich muss mir noch die Hände waschen.“
    „Dann sehe ich dich gleich.“
    „Danke, Schwester.“
    Sobald die Nonnen fort waren, kam Glory aus der Kabine und lief auf Liz zu. „Du warst großartig!“ flüsterte sie. „Sie haben dir jedes Wort geglaubt.“
    Liz streckte ihre Hände aus, sie zitterten. „Arme, aber kluge Stipendiaten haben eine Menge zu verlieren. Ich hatte solche Angst, ich war sicher, sie wissen, dass ich lüge.“
    Glory umarmte sie. „Aber du warst großartig.“
    „Und warum fühle ich mich dann, als würde ich gleich ohnmächtig?“
    Glory lachte: „Halte dich an mich. Ich zeige dir, wie man der Angst die Stirn bietet. Pass auf, es wird dir gefallen.“
    „Mir nicht. Ich wollte nie …“ Liz brach ab, legte entsetzt die Hände an die Wangen und erinnerte sich plötzlich an ihren Bürojob und Mrs. Reece’ Kopien. „O nein! Wie spät ist es?“ Als Glory es ihr sagte, stöhnte Liz auf und lief zur Tür. „Ich muss los.“
    Glory

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