Verbotene Gefuehle
Ich weiß sogar ganz genau, wo sie ist.
Im Knast! Ich hoffe, sie wird in der Hölle schmoren! Es ist so wunderbar normal, Rheenas munterem Geplapper zuzuhören. Alles andere als das, was ich in den letzten Wochen erlebt habe.
„Hey! Hörst du mir überhaupt zu?“
„Ich … entschuldige, Rheena! Natürlich höre ich dir zu. Ähm … was hast du gesagt?“
Wie immer schafft es Rheena auch jetzt, mich zu überraschen. Anstatt sauer zu sein, fängt sie an zu kichern. Ich kann nicht anders – ich kichere mit. Schließlich liege ich mit Bauchweh auf meinem Bett und wische mir die Lachtränen von den Wangen. Himmel, wie habe ich das vermisst! „Also, was ist jetzt? Hast du was von Kay gehört?“
Ich atme ganz tief ein. Jetzt kommt der Teil, den ich hasse. Denn ich muss Rheena belügen. Wieder einmal. Aber es geschieht zu ihrem Schutz. Und zu meinem. Und dem von KSP.
Phil, Selena und ich haben am Anfang, als ich noch öfter erwähnte, dass ich Rheena gerne sprechen würde, ein mehr oder weniger klares Konzept ausgearbeitet. Zunächst waren sie natürlich strikt dagegen, dass ich weiterhin Kontakt zu Rheena halten wollte. Dann ist ihnen klar geworden, dass sie mich ebenso von der Umwelt ausschließen würden, wie mein Vater, wenn sie es mir verbieten würden. Das war schließlich ausschlaggebend, auch wenn es noch Wochen gedauert hat, bis Phil mir gewissermaßen grünes Licht gegeben hat, Rheena zu kontaktieren … und für die Geschichte, die ich ihr jetzt auftischen werde.
„Ja, ich habe etwas von Kay gehört, Rheena. Um genau zu sein, sehe ich ihn ziemlich oft.“ Das ist gelogen, Kim … du spürst ihn lediglich. „Du … was?“
„Ich habe versprochen, dir alles zu erklären, Rheena“, fange ich mit meiner Münchhausen-Story an, „und das werde ich jetzt tun.“
Rheena räuspert sich. „Schieß los!“
Ein Lächeln zupft an meinem Mundwinkel, als ich mir vorstelle, wie sie es sich auf ihrem Bett gemütlich macht.
„Der Mann, den ich als meinen Vater gekannt habe, ist nicht mein Vater.“
Ich kann beinahe hören, wie Rheena sich entsetzt ans Herz fasst. Aber ich warte nicht, bis sie mir eine Frage stellen kann, sondern fahre fort. Je schneller, desto besser!
„Meine Mutter starb bei meiner Geburt und dieser Mann hat mich von der Säuglingsstation gestohlen.“
„Warum?“ Rheenas Frage ist berechtigt, aber hierfür haben Phil, Selena und ich keine passende Antwort gefunden.
„Keine Ahnung. Ich hätte es verstanden, wenn er sich sehnlichst ein Baby gewünscht hätte, Rheena“, antworte ich daher ausweichend, „aber er hat mich nie wirklich geliebt. Das Beste, das er jemals für mich getan hat, war, mich nach Castillian zu schicken.“
„Was ist dann passiert?“ Rheena schluckt die Erklärung.
„Mein richtiger Vater wusste nichts von mir. Meine Mutter und er hatten sich bereits getrennt, bevor sie wusste, dass sie schwanger war. Irgendwann hat er es herausgefunden und mit der Suche nach mir begonnen.“
Geraschel ist zu hören und ich muss unwillkürlich grinsen. Rheena ist aufgeregt und hat sich eine Tüte Popcorn geholt.
„Sorry“, nuschelt sie, „aber das ist spannender als ein Krimi.“ Du hast ja keine Ahnung! „Lass es dir schmecken“, kichere ich. Dann werde ich wieder ernst. „Du weißt ja, dass ich eigentlich aus Baton Rouge stamme.“
„Mhmm.“
„Das war der Ort, an dem mein richtiger Dad mich sozusagen aufgespürt hat. Deshalb hat mein Vater mich nach Castillian geschickt, in der Hoffnung, mich weit genug fortgebracht zu haben, um meine Spuren zu verwischen. Allerdings konnte er nicht damit rechnen, dass mein Dad genügend Connections hat.“
„Cool!“
„Ja“, sage ich emotionslos, „dazu gehören unter anderem Miss Viola und Kay.“
Ein dumpfes Poltern lässt mich zusammenfahren.
„Rheena?“
Ich höre Rascheln, Keuchen, unterdrückte Schmerzenslaute und Flüche, die einem Bierkutscher alle Ehre machen würden.
Nicht, dass ich jemals einen Bierkutscher fluchen gehört hätte.
Allerdings mache ich mir deswegen keine Gedanken. Ich ahne bereits, was gleich kommt.
„Ich … ähm … ich bin noch dran. Sorry, bin nur grad vom Bett gefallen.“ Himmel, Rheena, du Knalltüte! „Mapf weifer!“, fordert sie mich mit vollem Mund auf und ich muss wider Willen kichern. Kann ich mir doch nur allzu genau vorstellen, dass Rheena gerade auf mindestens 300 g Popcorn he rum knatscht.
„Miss Viola arbeitet in einer Detektei“, fahre ich fort. „Sie hat sich auf meine Fährte geheftet und
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