Verbotene Gefuehle
Pistole - oder ist es ein Revolver? -, doch die Waffe wird ihm aus der Hand gerissen und fliegt wie von Zauberhand gelenkt durch den Raum.
Wie ...?
Renees zufriedenes Grinsen lässt darauf schließen, dass er hierfür verantwortlich zeichnet.
Pattson steht so unbeteiligt dabei, als interessiere ihn das alles nicht.
Oder als sehe er sich einen Actionfilm an.
Der erste Gorilla hält seine Waffe jedoch noch immer fest in der Hand. Ihm gelingt es, sich als erster wieder zu fangen. Er hebt seinen Arm und zielt mit absoluter Präzision auf mich.
Das Klicken, als er seine Waffe entsichert, ist trotz des Tohuwabohu laut und deutlich vernehmbar und bringt mich, zumindest teilweise, wieder ins Hier und Jetzt zurück.
Ich habe gewissermaßen einen Tunnelblick und bin fokussiert auf diesen Mann, der entschlossen ist, mich zu töten.
„Kim!“, schreit Kay, „duck dich!“
Doch ich sehe nur, wie Vic auf mich zu sprintet.
Nein, alles, nur das nicht!
„Ich lasse nicht zu, dass wegen mir jemand verletzt wird!“, schreie ich zurück und bin schlagartig wieder voll einsatzfähig.
Ehe ich jedoch Gelegenheit habe, mich zwischen Vic und die Pistole zu werfen, spüre ich den heftigen Schlag, mit dem Vics Kopf gegen meine Schulter prallt.
Autsch!
Ich verliere die Balance und stürze heftig auf mein Steißbein. Der Schmerz ist heftiger als alles, was ich bis dato erleiden musste.
Blitze schießen mit rasender Geschwindigkeit durch meine Wirbelsäule, suchen sich ihren Weg durch das Schmerzzentrum in meinem Gehirn ... und mir wird schwarz vor Augen.
Kurz bevor ich bewusstlos werde, höre ich einen Schuss … und den Schmerzensschrei von Vic …
***
„ Komm zurück zu mir, Kim!“
Die Stimme dringt zu mir wie durch Watte. Ich habe nicht die Kraft, meine Augen zu öffnen, geschweige denn, mich zu bewegen.
Wie festgenagelt ist mein Körper auf den kalten Fliesen. Warum kann ich mich nicht bewegen? Das kenne ich doch irgendwoher. Sanfte Hände tasten meinen Rücken ab, während nach und nach Laute, die auf einen Kampf schließen lassen, immer deutlicher werden.
„Was …?“ Meine Stimme gehorcht mir noch nicht wirklich, doch immerhin schaffe ich es, meine bleischweren Lider einen Millimeter anzuheben.
Ich sehe in die schönsten kobaltblauen Augen, die es gibt.
„Kay“, hauche ich.
„Gott sei Dank, du bist wieder da!“
Scheiße, Mann! Es ist also tatsächlich wahr! Ich habe Visionen!
„ Vic!“, schreie ich erstickt, als mir wieder einfällt, was gerade passiert ist. Naja, einfällt ist gut! Der Tumult in diesem Raum lässt keine Gedankenspielchen zu. Mein Unterbewusstsein registriert dankbar, dass die Guten die Bösen unter Kontrolle haben. Perfekt! Oder doch nicht so ganz? Durch meine Verbindung zu Kay weiß ich, dass es ihm soweit gut geht und hake auch das auf meiner imaginären Check-Liste ab.
Aber was ist mit Vic?
„Kim …“, haucht er in diesem Augenblick und ich rutsche tränenüberströmt auf meinen Ellbogen zu ihm hinüber, wobei ich meine gefühllosen Beine hinter mir her schleife. Den Schmerzen in meiner Wirbelsäule schenke ich keine Beachtung.
Auch dem Wimmern, das aus Kays Mund kommt, nicht.
Der Anblick des Blutes, das wie eine lustige Quelle bei jedem von Vics Herzschlägen munter aus seiner Leiste sprudelt, verursacht mir Übelkeit. Nicht etwa, weil ich kein Blut sehen kann. Das ist ganz und gar nicht der Fall.
Mir ist schlecht vor Angst! Angst um meinen Bruder, den ich doch gerade erst gefunden habe; den ich in mein Herz geschlossen habe … den ich liebe.
Und der jetzt hilflos vor mir auf dem Boden liegt, bleich wie ein Gespenst, während um uns herum der ganz normale Wahnsinn ausgebrochen ist.
Phil brüllt in sein Handy, als ob er dadurch in der Lage wäre, den Notarzt schneller zu uns zu schaffen.
Renee kniet hinter Vic und hat dessen Kopf auf seinen Oberschenkeln gebettet. Seine Augen sind geschlossen und ich weiß, dass er sich die größte Mühe gibt, seine Tränen zurück zu halten. Vielleicht kommuniziert er auch mit ihm, was weiß ich schon?! Kay sieht auch nicht besser aus.
„Hilf mir!“, wispert Vic. Was? Ich reiße erschrocken meine Augen auf.
„Vic … ich weiß nicht …“ Oh doch, Kim … du weißt genau, was er meint. „Kim“, stöhnt er und seine Stimme ist kaum noch wahrzunehmen, „wenn du es nicht … kannst … ist es eh … zu spät … bitte, Schwesterchen …“ Oh Gott! Das ist zu viel! Und gleichzeitig genau das, was meine Schockstarre endgültig in Luft auflöst.
Ohne dass
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