Verbotene Sehnsucht
und verärgert und zu keinem klaren Gedanken fähig, schnappte James sich wieder ihre Hand und drückte sie unvermittelt auf seine Männlichkeit. Er merkte, wie sie die Finger unwillkürlich verkrampfte, und hätte beinahe laut aufgestöhnt, als heiße Lust wie ein Blitz seinen Körper durchzuckte.
Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte sie ihn im Dämmerlicht an. Dann änderte sich plötzlich ihre Haltung. Durch den seidigen Morgenmantel und die Unterhose aus Leinen spürte er, wie ihre Hand der Länge nach an ihm auf und ab glitt.
» Das«, sagte sie und drückte kurz zu, » ist nichts anderes als die Reaktion eines Mannes auf jede beliebige begehrenswerte Frau.« Abrupt riss sie die Hand fort und schob sie unter ihren Körper, sodass er sie nicht erreichen konnte.
Mit ihren bitteren, ironischen Worten schlug sie ihn nicht nur mit seinen eigenen Waffen, sondern wies zugleich die einzige Liebeserklärung zurück, die James jemals einer Frau gemacht hatte. Die Hitze in seinem Innern kühlte sich sofort ab, während sein Gesicht zu einer leeren Maske erstarrte, um den ätzenden Schmerz zu verbergen, der sein Herz in tausend Stücke riss. Missy hätte sich nicht klarer ausdrücken und ihn nicht schlimmer verletzen können.
James stand langsam auf und achtete weder auf den Knoten in seinem Magen noch auf das, was sich wie eine klaffende Wunde in seiner Brust anfühlte. » Dann werde ich dich nie wieder belästigen«, brachte er heiser über die Lippen und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzuschauen.
Nachdem er die Tür leise hinter sich geschlossen hatte, quoll Missy die erste Träne aus den Augen. Die zweite ließ nicht lange auf sich warten, bis sich ein wahrer Strom über ihre Wangen ergoss. Sie verbarg das Gesicht in den Kissen und weinte sich mit gebrochenem Herzen in den Schlaf.
Am nächsten Morgen reiste sie ab.
Es überraschte James nicht, als Armstrong ihn davon in Kenntnis setzte. Früh am Morgen und noch lange vor dem ersten Hahnenschrei seien seine Mutter und Missy in Richtung Devonshire aufgebrochen. Natürlich hatte die Viscountess eine Entschuldigung für den überstürzten Aufbruch hinterlassen, aber mehr nicht. Keine Begründung. Doch den wahren Grund kannte er auch so. Missy.
Er beschloss, die quälenden Gedanken vorerst beiseitezuschieben, solange er seinen Pflichten als Gastgeber nachkommen musste, erledigte indes alles automatisch und ohne Anteilnahme und war froh, am Abend endlich alleine zu sein und nachdenken zu können.
Zwei Tage später saß James auf einem zerkratzten Holzstuhl in dem zweckmäßig eingerichteten Büro des Mädchenpensionats Our Lady of Fatima und wartete auf seine Schwestern.
Der erste Blick überraschte ihn angenehm. Das Haar hing ihnen wie dunkles Gold über den Rücken, und obwohl sie fünfzehn Jahre alt waren, ließen ihre frischen und weichen Wangen sie jünger erscheinen. Sie hatten einen zarten Teint, hohe Wangenknochen und volle rosige Lippen. Und die Augen… Sie erstrahlten bei beiden im reinsten Saphirblau, das er jemals gesehen hatte. Sie waren auf dem besten Weg, kleine Schönheiten zu werden.
Du lieber Himmel, fünfzehn Jahre lang hatte sein Vater sie geheim gehalten. Schade, er wäre entzückt gewesen, früher diese Schwestern kennenzulernen, und entschied sich spontan, dass sie nicht länger in der Schule bleiben sollten. Ungeachtet ihrer Illegitimität waren sie seine Schwestern, und er verfügte über die finanziellen Mittel, sie wie anständige junge Ladys zu erziehen. Und nicht zuletzt hatten sie etwas Besseres verdient als die nüchterne Umgebung eines Pensionats.
» Charlotte und Catherine, das ist euer Bruder James Rutherford, der neue Earl of Windmere.«
Nur wer war Charlotte und wer Catherine? James musterte die beiden Mädchen und fragte sich, wie er sie jemals auseinanderhalten sollte. Die beiden standen hinter der Direktorin Mrs. Doubletree, deren Aufregung an ihren nervös flatternden Händen und verstohlenen Blicken zu erkennen war.
Sie drängte die Mädchen sanft vorwärts, bis sie mit ängstlicher Miene direkt vor ihm standen.
James begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln, um ihnen die Scheu zu nehmen. » Ich durfte mich niemals glücklich schätzen, Schwestern zu haben. Und jetzt bekomme ich gleich zwei.« Die beiden blickten ihn unverwandt aus ihren zauberhaften blauen Augen an. » Ihr werdet mich in mein Haus nach London begleiten und dort mit mir leben.«
Mrs. Doubletree riss erschrocken die Augen auf. Ihre
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