Verbotene Sehnsucht
ausgegangen, dass es eine Chance gab, sie aufzuhalten. Hatte es zumindest gehofft. Mehrere Sekunden lang war im Zimmer nichts anderes zu hören als seine angestrengten Atemzüge.
Er hob den Kopf und schaute den Freund an. » Und du hast sie gehen lassen?«, stieß er vorwurfsvoll hervor. » Um Gottes willen, sie ist doch viel zu jung, um sich so weit von zu Hause entfernt herumzutreiben. Und wen hat sie schon in Amerika? Machst du dir eigentlich eine Vorstellung von all den…?« Seine Stimme brach. Wieder ließ er den Kopf sinken und schloss die Augen.
» Du scheint zu vergessen, wie starrköpfig Missy ist«, entgegnete Armstrong, » und dass sie einen eisernen Willen besitzt. Überleg nur, wie verdammt lange sie dich angehimmelt hat. Aber genauso wenig, wie ich ihr diese Vernarrtheit austreiben konnte, vermochte ich es, sie zu einer Heirat mit dir zu bewegen oder sie zu zwingen, die Amerikareise aufzugeben. Ungeachtet dessen blieb mir kaum eine Wahl, denn sie durfte auf die Unterstützung ihrer Mutter zählen. Ich bin nicht so dumm, mich gegen beide zu stellen.«
Langsam schüttelte James den Kopf. Traurigerweise sagte Thomas nichts als die Wahrheit. Missy hätte auf jeden Fall einen Weg gefunden, ihren Willen durchzusetzen. Sie wäre auch nicht bereit, in einer unglücklichen Ehe auszuharren, sondern würde gehen.
» Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass du erleichtert reagierst«, meinte Cartwright und klang nur einen Hauch spöttisch. » Nach allem, was du erzählt hast, war ich überzeugt, dass du sie nur wegen Armstrong heiraten wolltest, weil du befürchtetest, er könnte dich sonst zum Eunuchen machen. Aber wenn in den kommenden neun Monaten keine Bedrohung durch einen kleinen Rutherford zu erwarten ist…«
James’ blaue Augen glitzerten eisig, als er sich heftig zu seinem Freund herumdrehte. » Verdammt nochmal, ich habe nicht die Absicht, sie deswegen zu heiraten.« Er stand wieder auf und schaute zu den beiden Männern. » Missy hat mich unzählige Male abgewiesen. Trotzdem habe ich sie immer wieder gefragt, ob sie mich heiraten will. Wollt ihr wissen warum?« Er schaute Armstrong an. » Weil ich mich in sie verliebt habe.«
Armstrong und Cartwright wechselten bedeutsame Blicke. Kein Zweifel: Sie glaubten, er sei jetzt völlig durchgedreht. Aber es kümmerte ihn nicht, ihnen seine verwundbarste Stelle zu offenbaren. Nicht im Geringsten. Sollten sie doch wissen, wie es in einem Herzen aussah.
Cartwright räusperte sich vernehmlich und stellte sein Glas ab, bevor er aufstand. » Du wirst es niemals erleben, dass die Liebe mich in einen solchen Schlamassel stürzt. Du Ärmster bist ja so tief in die Sache verstrickt, dass du nicht einmal mehr klar denken kannst.« In seiner Miene spiegelte sich eine Mischung aus Belustigung und Entsetzen.
» Das ist der Fluch, der auf unserer Familie liegt. Unsere Wirkung auf das andere Geschlecht.« Armstrong verströmte ganz und gar unbekümmerte Nonchalance.
James empfand die Stimmen seiner Freunde zunehmend als ärgerliche Geräuschkulisse. Er konnte an nichts anderes denken als an Missy, woran sich auch in Zukunft nichts ändern würde. Sie war die Einzige, die er sich als seine Frau vorstellen konnte, als Mutter seiner Kinder, und je schneller sie das akzeptierte, desto eher konnte ihr gemeinsames Leben beginnen.
Mit hastigen Schritten eilte er zur Tür.
» Wohin willst du?« Armstrong sprang auf und schien sich mit einem Mal unbehaglich zu fühlen.
» Was glaubst du wohl? Nach Amerika«, erwiderte James, ohne sich umschauen.
» Wer geht nach Amerika?«
Zuerst dachte James an eine Halluzination und kniff mehrmalsheftig die Augen zusammen. Aber es war Wirklichkeit. Im Türrahmen sah er sein Traumbild in hellem Violett stehen.
James starrte sie an, als wäre sie gerade von den Toten auferstanden. Dann wandte er sich um und funkelte ihren Bruder an.
Thomas lachte nervös. » Sieht so aus, als sei sie bereits zurückgekehrt.«
Missy musterte die Männer irritiert. Was zum Teufel ging hier eigentlich vor? Was war mit James, und warum sah er plötzlich so aus, als würde er ihrem Bruder am liebsten den Hals umdrehen?
» Du wusstest, dass ich glaube… Und du hättest mich wirklich…«
» James ist hergekommen, weil er mit dir sprechen will«, erklärte Armstrong und wandte sich dann an Cartwright. » Ich glaube, wir beide sind schon spät dran für unsere Verabredung, nicht wahr?«
» Äh… Ja, allerdings, in der Tat. Schrecklich
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