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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Gedächtnis. Johns Gesundheit erwies sich nicht als das größte Problem, obwohl es nicht gut um ihn stand. Ein Doktor, den Luke kannte, schnitt die Kugel aus dem Arm, aber er stellte eine Blutvergiftung fest, die John zwang, noch lange im Bett zu liegen, immer wieder mit Schmerzen und Fieber kämpfend. Es bestand keine Lebensgefahr, doch war an ein Verlassen der Stadt gar nicht zu denken. Innerhalb Londons eine andere Bleibe zu suchen hätte zu gefährlich werden können, daher blieben sie, wo sie waren. Zwischen Elizabeth und Samantha entwickelte sich eine steigende Spannung, die sich Elizabeth zunächst gar nicht erklären konnte. Schließlich fand sie heraus, daß Samantha unsagbar unberechenbar war und Gefühlsüberschwang und Angriffslust bei ihr jäh wechselten. Sie fragte sich, ob das früher anders gewesen war oder ob sie es einfach nicht bemerkt hatte.
    In ihrer oberflächlichen Erinnerung an die Kindheit sah sie Samantha als lebenslustige Freundin, doch wenn sie schärfer zurückdachte, dann fielen ihr auch andere Episoden ein: Samanthas tiefe Befriedigung an einem Ereignis wie der Hinrichtung von Ellen Lewis, ihr feiges Verhalten, als sie die Kinder in einer unangenehmen Situation alleine ließ, die Rücksichtslosigkeit, mit der sie den Mann der Jungverheirateten Cynthia umwarb. Ihre Lebensweise richtete sich auf eine rasche und unmittelbare Erfüllung von Augenblickslaunen, und wurde ihr diese nicht gewährt, so reagierte sie mit unvorhergesehener Raserei. Sie stritt häufig mit Luke, und es konnte sein, daß sie hinterher schluchzend Trost in Elizabeths Armen suchte, ihr vertrauensvoll ihre ganze Lebensgeschichte erzählte und sie ihre einzige Freundin nannte. Ebenso war es möglich, daß sie ihre wütende Laune ganz an Elizabeth austobte.
    »Verdammt, wo ist mein Satinkleid?« schrie sie, kurz nachdem
Luke sie eine ›dumme, alte, frigide Krähe‹ genannt hatte. »Ich zieh’ es an, und dann geh’ ich los und suche mir einen Kerl, der jünger ist als dieser alte Verbrecher!« Unbeherrscht durchwühlte sie sämtliche Schubladen, wobei sie quer durch das Zimmer schmiß, was ihr gerade in die Finger kam. Dann sah sie Elizabeth, die neben dem schlafenden John saß und in einem Buch las.
    »Du hast es doch nicht gestohlen, hm?« fragte sie leise und drohend.
    Elizabeth sah auf.
    »Natürlich nicht.«
    »Aber wo ist es denn?«
    »Ich weiß es nicht. Vermutlich hast du es selber weggeworfen, weil es kaputt war!«
    »Ach ... woher weißt du denn so genau, daß es kaputt war?« fragte Samantha lauernd, und ihre Augen machten Elizabeth angst. Sie legte das Buch zur Seite.
    »Rede keinen Unsinn, Samantha«, sagte sie ruhig, »du hast mir erzählt, es sei kaputt und du wolltest es wegwerfen. Das ist alles. Ich habe nie in meinem Leben gestohlen!« Die Milch war eine Notlage, die nicht zählt, dachte sie. Samantha warf wutentbrannt einen Schuh gegen die Wand.
    »Gut, gut! Dann ziehe ich das Kleid eben nicht an! Macht ihr nur alle, was ihr wollt. Ich werde von jedem nur hintergangen und betrogen und ausgenutzt!«
    John richtete sich auf.
    »Was ist denn?« fragte er.
    »Samantha findet ein bestimmtes Kleid nicht«, erklärte Elizabeth, »deshalb ist sie ärgerlich.«
    »Ha, dann ziehe ich das Blaue an. Der Ausschnitt geht bis zum Bauch, und wenn ich damit überfallen werde, seid ihr schuld!« Samantha verschwand im Nebenzimmer.
    John seufzte.
    »Sie macht dir das Leben schwer«, meinte er.
    »Sie ist nicht gerade ein feiner Mensch«, sagte Elizabeth, »aber immerhin läßt sie uns hier wohnen.«

    »Wenn ich nur endlich gesund wäre! Wir sollten fort von London. «
    »Bald, John. Aber erst, wenn du wirklich kein Fieber mehr hast. Dann gehen wir nach Blackhill.«
    »Und diesmal wird es uns gelingen. Ich glaube nicht, daß man jetzt noch nach mir sucht.« Er zog plötzlich die Augenbrauen hoch.
    »Du lieber Himmel«, murmelte er.
    Samantha war wieder eingetreten, in einem Kleid, das sie fast nackt ließ, die Haare zu einem wahren Lockenturm aufgebaut, rote Farbe vielfach über die Wangen verteilt und falsche Wimpern angeklebt, unter deren Gewicht sie die Augen fast nicht mehr öffnen konnte.
    »Ich gehe jetzt«, verkündete sie. »Wenn ihr Luke seht, könnt ihr ihm sagen, daß er ein verdammter Dummkopf ist!«
    Sie warf schwungvoll die Tür hinter sich zu. Nicht lange nachdem ihre klappernden Schritte verklungen waren, kam Luke zurück, der nach dem Streit die Wohnung verlassen hatte, leicht betrunken, schwankend

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