Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
John etwas unwirsch. »Du lieber Himmel, in dem Gestrüpp erkennt man das Haus ja beinahe nicht mehr!«
    Tatsächlich war Blackhill so verwildert wie nie zuvor. Zu seinem Charme hatte die ungebändigte Wildnis immer gehört, aber stets hatte man wenigstens schwach das Vorhandensein menschlichen Lebens und menschlicher Ordnung darin erkennen können. Jetzt gab es keine Spur mehr davon. Acht Jahre lang mochte höchstens einmal ein Landstreicher sich seinen Weg durch den ehemaligen Garten gebahnt haben. Kein Pfad, keine Fußspur
zeigte sich zwischen wuchernden Büschen, wahren Brennesselwäldern, undurchdringlichen, von allen Seiten herankriechenden Brombeerranken, die allein gereicht hätten, mit ihren Dornen jeden Zutritt zum Schloß zu verwehren. Die bröckeligen Mauern sahen nur vereinzelt hinter Bäumen und verschlungenen Pflanzen hervor, in ihrer verwunschenen Einsamkeit fast ein wenig abweisend und böse.
    Als wären wir nicht willkommen, schoß es Elizabeth durch den Kopf, aber sie verjagte die kurze abergläubische Furcht gleich wieder. Es war immer noch ihr Blackhill!
    »Es wird gar nicht leicht sein, den Eingang zu erreichen, fürchte ich«, meinte John.
    Sie ließen schließlich den Wagen stehen, wo er war, und führten das nervös tänzelnde Pferd auf abenteuerlichen Umwegen zu dem verfallenen, einst säulenverzierten Stall, wo sie es an einem Balken anbanden.
    »Du hättest Blackhill sehen sollen, wie es in meiner Kindheit war«, sagte John. »Nach Osten hin führte eine breite Allee den Berg hinauf, an deren Ende weithin sichtbar das prachtvolle Herrenhaus stand, weiß und strahlend, mit Rosenbeeten und Kieswegen davor. Daneben sahen aus dichtem Laub die Stallgebäude hervor. Sie galten schon allein deshalb als besonders wertvoll, weil sie im Bürgerkrieg vor nun bald 200 Jahren von Soldaten angezündet worden waren und nur durch den Einsatz aller Schloßbewohner in einer langen, dramatischen Nacht gerettet werden konnten.« John lachte plötzlich. »So erzählt man jedenfalls. Vielleicht brannten sie auch an einem gewöhnlichen Herbsttag!«
    »Ich wünschte, ich hätte das erlebt.«
    »Den Bürgerkrieg?«
    »Nein, ich meine, Blackhills glanzvolle Zeiten.«
    »Nun ja, es ist eben untergegangen wie alles andere auch. Sowieso hält doch kein Schloß, kein Ansehen, keine Familie ewig. Alles, worauf der stolze Engländer sein selbstbewußtes Leben gründet, ist von Anfang an dem Untergang geweiht, und es ginge der Generation, die das Ende erlebt, nie so miserabel, wenn nicht
vorher über Jahrhunderte hinweg diese maßlose Uberbewertung des Äußeren stattgefunden hätte.«
    »Die Sheridys«, murmelte Elizabeth.
    »Ja, die haben auch schon bessere Zeiten gesehen. Sie waren, wie England immer sein wollte — stolz, reich, tapfer und treu. Sie gehen nun mit ihrem ganzen majestätischen Schiff unter!«
    »England geht nicht unter! Gerade jetzt nicht! Denke nur an Horatio Nelson, der den Kampf mit den Franzosen aufnimmt, der...«
    »Jaja, ich weiß. England schwenkt seine Fahne mal wieder stolz über den Weltmeeren. Aber in sich kränkelt das Land. Das ist meist so, wenn eine Nation so großartig nach außen auftritt. Irgend jemand zahlt dafür. Jetzt, heute, ist das die Menge der Unterprivilegierten. Und so manch anderer. Aber«,John riß sich aus seinen Gedanken, »wir sollten endlich ins Haus gehen.«
    Sie kämpften sich bis zur Eingangstür vor, die zerbrochen in ihren Angeln hing und vom Wind leicht hin und her bewegt wurde. Innen empfingen sie modriger, verstaubter Geruch und fahle Düsternis, denn durch die völlig verschmutzten Fensterscheiben fiel kaum Tageslicht in die Räume. Außer ein paar zerschlissenen Teppichen, wackeligen Tischen und kaputten Sesseln befanden sich kaum Möbel im Haus, da das meiste schon früher von John verkauft oder später dann gestohlen worden war. Auf jedem Gegenstand lag eine dicke Staubschicht, in den Wandspalten verschwanden raschelnd ein paar Mäuse, und überall krabbelten Spinnen herum. John ließ sich in den nächstbesten Sessel fallen.
    »Wenigstens zwei Tage lang gehe ich jetzt keinen Schritt mehr«, seufzte er. Elizabeth dagegen konnte es kaum abwarten, das Haus zu erforschen. Alles, was sie sah, entzückte sie zutiefst. Natürlich, die Verwahrlosung hatte von jedem Raum Besitz ergriffen, aber es gab überall so hübsche kleine Zimmer mit einem bezaubernden Blick über die Wälder, wenn man nur die Fensterscheiben ein wenig freikratzte. In einem Wandschrank

Weitere Kostenlose Bücher