Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
übel, aber ich habe den Eindruck, daß es Ihnen nicht sehr gut geht.«
»Ich... besitze wenig Geld...«
»Wieviel?«
»Keinen... einzigen Farthing, Mylady.«
Die Countess neigte sich vor, ihr Gesicht war plötzlich ganz weich.
»Wann haben Sie zuletzt etwas gegessen?«
Man sieht es mir doch an, dachte Elizabeth, und dann gab sie es völlig auf, noch länger etwas vorzuspielen, was gar nicht der Wirklichkeit entsprach. Sollte diese reiche Dame doch ihre kaputten Schuhe sehen, ihr fleckiges Kleid und ihre struppigen Haare! Es konnte nicht jeder am Vormittag in weiße Spitze gehüllt in einem gutgeheizten Salon herumsitzen.
»Vor drei Tagen«, murmelte sie schwach.
»Sie armes Kind! Ich werde Ihnen gleich ein Frühstück bringen lassen!« Die Countess läutete mit einem silbernen Glöckchen
und gab einem herbeieilenden Mädchen den Auftrag, ein Frühstück für Miss Landale zu bringen. Als das Tablett mit heißem Kakao, mit Kuchen und Brot und Marmelade dann vor ihr stand, konnte sich Elizabeth kaum noch beherrschen. Sie hatte ihren Hunger bisher nur als leichtes Schwindelgefühl im Kopf wahrgenommen, nun, angesichts dieser Köstlichkeiten, begannen sich Wände und Möbel um sie zu drehen, und ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie dachte nicht länger daran, wo sie war und was es zu gewinnen galt, sondern griff mit beiden Händen zu und schob gierig in den Mund, was dieser nur fassen konnte. Nie hatte ihr etwas so gut geschmeckt.
Die Countess beobachtete sie, zunächst ohne sie durch Fragen zu stören. Nach einer Weile erst sagte sie: »Miss Landale, ich habe tatsächlich einen Sohn, für den ich eine Erzieherin brauchen könnte. Stephen ist mein jüngstes Kind, er ist zwölf Jahre alt, sehr aufgeweckt und liebenswürdig. Sicher würden Sie ihn mögen!«
Elizabeth schluckte die letzten Bissen hinunter.
»Das wäre ja wundervoll«, meinte sie überwältigt. Die Countess nickte.
»Nur, verstehen Sie, wenn ich Ihnen mein Kind anvertraue, dann muß ich zuvor alles über Sie wissen. Leben Sie alleine in Taunton?«
»Nein.«
»Sie sind aber nicht verheiratet?«
»Nein... doch ich lebe schon seit vielen Jahren mit einem Mann zusammen.«
»Oh...«
»Ja, es hat sich einfach nicht so ergeben, daß wir heiraten konnten... aber im Grunde sind wir fast verheiratet...« Elizabeth merkte, daß sie mit ihrem Gestottere keinen guten Eindruck machte. Zornig dachte sie, daß es John wirklich nichts geschadet hätte, ihrer beider Beziehung zu legalisieren. Sie gab sich einen Ruck.
»Aber natürlich, es läßt sich nicht darum herumreden, wir sind nicht verheiratet«, vollendete sie mit fester Stimme.
»Wer ist dieser Mann?«
»Lord John Carmody von Blackhill.«
»Ach Gott, auch das noch!« Die Countess stand auf, so sehr hatte sie diese Auskunft erschreckt.
»Ich kenne die Carmodys, Blackhill ist ja nur zwei Meilen von uns entfernt. Sie waren wohl einmal eine gute Familie, aber das ist lange her. Der junge Lord soll eigenartige politische Ansichtten vertreten, außerdem berichtet man, er trinkt...«
»Nein. Er trinkt nicht!«
»Früher hat er monatelang mit verschiedenen Damen oben im Schloß gelebt, wußten Sie das?«
»Es gibt nichts, was ich aus seinem Leben nicht weiß.«
»Ich verstehe nicht, wie eine Frau wie Sie...«
»Mylady, ich kann mir denken, daß Sie das alles beunruhigt. Doch ich will Ihnen gleich sagen, daß ich an meiner Lage nichts ändern werde. Ich bleibe mit John zusammen. Ich wäre dankbar, wenn ich dennoch für Sie arbeiten dürfte, wenn nicht, dann wird das nicht zu ändern sein.«
Die Countess warf ihre schönen langen Haare zurück und setzte eine etwas hochmütige Miene auf.
»Mir will doch scheinen«, sagte sie, »als ob Sie nicht gerade in der Lage wären, Ansprüche zu stellen!«
»Da haben Sie recht.«
»Eigentlich dachte ich, Stephens Erzieherin würde bei uns leben. «
»Das ist leider unmöglich. Aber Blackhill ist nah. Ich könnte früh am Morgen kommen und spät am Abend gehen!«
»Hören Sie mir gut zu, Miss Landale. Sie gefallen mir, und ich möchte es mit Ihnen versuchen. Aber ich entlasse Sie auf der Stelle, wenn meine Kinder von Ihrer Lebensweise erfahren oder wenn John Carmody es auch nur ein einziges Mal wagt, dieses Grundstück zu betreten. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja, Mylady. Ich danke Ihnen.«
»Wären Sie mit zwanzig Pfund im Monat einverstanden?«
Elizabeth schrak zusammen. Zwanzig Pfund! Davon konnten sie und John gut leben.
»Zwanzig Pfund... Sie
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