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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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jammernd. John erwachte natürlich.
    »Elizabeth, ich helfe dir«, murmelte er schwach, aber sie stieß ihn weg.
    »Bleib um Gottes willen liegen«, fuhr sie ihn an, »es nützt uns beiden nichts, wenn du hinter dem Wagen tot umfällst!«
    John, halb von Fieberträumen umfangen, sank zurück. Elizabeth versuchte es noch einmal mit äußerster Anstrengung, und diesmal hatte sie Erfolg. Die Kutsche rollte weiter, langsamer jetzt, denn das Pferd war inzwischen schaumbedeckt und hatte sich völlig verausgabt. Elizabeth lief nun neben ihm her, um es etwas zu schonen. Mit der einen Hand klammerte sie sich an seine Mähne, mit der anderen hielt sie ihre schweren, nassen Röcke gerafft.
    Das Leben wäre verdammt viel leichter, wenn Frauen nicht so unsinnige Kleider tragen müßten, dachte sie erschöpft.
    Die Nacht glich einem Alptraum, einem unaufhörlichen Schrecken aus Kälte, Nässe und Anstrengung. Immer und immer wieder mußte Elizabeth die Kutsche aus dem Schlamm schieben, dem Pferd gut zureden, John, der wild phantasierte, beruhigen, für die kurzen Momente der Rast trockene Plätze unter Bäumen oder Brücken suchen. Sie wrang das Wasser aus ihren Kleidern und aus Johns Decken und lehnte für Augenblicke ihren schmerzenden Kopf an den Rücken des Pferdes. Die Füße taten ihr weh, die Arme und Beine, der Hals brannte, tief in ihrer Brust spürte sie Stiche. In der kalten Luft vermochte sie ihre Finger kaum zu bewegen, doch unermüdlich richtete sie sich wieder auf, zerrte das Pferd vorwärts und schleppte sich durch die Dunkelheit.
Immer noch konnte John die letzte Kraft in ihr wecken. Sie würde diese Nacht überstehen, koste es, was es wolle, sie würde alles aushalten, was auf sie zukam, denn wenigstens hatte sie ihn wieder.
    Die Nacht verging, auch wenn Elizabeth beinahe nicht mehr daran geglaubt hatte. Als das erste blaßgraue Licht des Morgens herandämmerte, hörte der Regen auf, der Sturm legte sich. Schließlich brach sogar schwaches Sonnenlicht durch die Wolken. John, dessen Fieber gesunken war, warf einen aufmerksamen Blick in die nasse, aufgeweichte, nach feuchtem Laub und Pilzen duftende Herbstlandschaft.
    »Heute bekommen wir einen sonnigen Tag«, prophezeite er, »und wenn wir Glück haben, hält das einige Zeit.«
    Elizabeths Gebete, er möge recht haben, wurden erhört. Schon bald war der Himmel über ihnen leuchtend blau, und unter der Sonne wurde es ganz warm. Sie hatten in der Nacht ein großes Stück Weg zurückgelegt, so daß sie es sich leisten konnten, mittags eine ganze Stunde auf einer Wiese zu rasten. Die Sonne trocknete ihre Kleider und Haare und das Gras, auf dem sie lagen. Sie aßen von Vorräten, die Sally ihnen mitgegeben hatte, und John fühlte sich so wohl, daß er später den Wagen lenkte, während Elizabeth eine Weile schlief. Im Hinwegdämmern dachte sie noch, wie sanft doch das Schicksal mit ihr umging. In der letzten Nacht hatte sie geglaubt, das Leben sei nichts anderes als ein aussichtsloser Kampf, aber heute schon machte der Tag jede Qual der vergangenen Stunden wieder gut. Sie zweifelte nicht länger daran, daß sie beide Blackhill wohlbehalten erreichen würden.

10
    Sie erreichten Blackhill nach mehr als einer Woche, nicht wohlbehalten, sondern völlig heruntergekommen und verwahrlost, aber sie kamen an. Beide waren abgemagert, erschöpft und dreckig wie streunende Katzen. John besaß beinahe keine Stimme mehr, und bei jedem Atemzug rasselte es in seiner Brust, Elizabeth hatte Blasen an den Füßen, und ihre Kleider waren völlig zerrissen. Dem Pferd ging es am besten, denn es hatte unterwegs soviel Gras fressen können, wie es nur wollte. John und Elizabeth dagegen hatten schon die letzten beiden Tage der Reise nichts mehr gegessen. Sallys Wegzehrung war völlig aufgebraucht, und an keinem Bauernhaus wollte ihnen jemand etwas umsonst geben. Sie stahlen ein paar überreife Äpfel, ohne davon satt zu werden. Und mit aller Macht sehnten sie sich nach einem Dach über dem Kopf, nach einem richtigen Bett, nach Blackhill.
    Am späten Nachmittag kamen sie auf dem Hügel an, gerade als es wieder anfing zu regnen. Stürmische Schauer zerrten bunte Herbstblätter von den Bäumen, drückten graugrünes Gras zu Boden, ließen die Welt in trostloses Grau sinken. Elizabeth drängte vorwärts; sie und John waren ausgestiegen und stolperten neben dem Pferd her. Als der Weg schließlich endete, blieb Elizabeth stehen.
    »Endlich«, sagte sie, »wir sind da!«
    »Das sehe ich«, meinte

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