Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
offensichtlich nicht an. Samantha spielte mit, schimpfte lautstark auf den unglückseligen Jack und die Männer überhaupt. Ihre Laune war geradezu sprunghaft gestiegen, als sei sie jetzt endlich dort, wo sie sein wollte.
    »Wenn du nichts Besseres vorhast«, sagte sie, »dann komm doch mit uns. Wir gehen zu Ellens Hinrichtung!«
    »Ach, wunderbar, das tu’ ich auch. Ich sage dir, nie wieder kommt ein Mann in meine Nähe! Huch, wer sind denn die süßen Kinderchen?«
    »Die gehören zu meiner Herrschaft. Joanna und Elizabeth. Kinder, das ist meine alte Freundin Claire. Eine liebe, nette Tante, aber hoffnungslos dem Schnaps und den Männern verfallen. «
    »Jetzt nur noch dem Schnaps. Aber hör mal, Samantha, dürfen die Kinder denn hiersein?«
    Samantha machte eine großzügige Handbewegung.
    »Ich wollte den Kleinen auch mal etwas Abwechslung gönnen«, erklärte sie, »aber jetzt kommt endlich, sonst fangen sie ohne uns an!«
    Sie gingen weiter, Claire zwischen Joanna und Elizabeth, jede an einer Hand führend und ihr unglückliches Leben beklagend. Endlich erreichten sie einen großen Platz, auf dem sich bereits eine große Menschenmenge drängte. Es herrschte ein unvorstellbares Gewühl und ein unübertönbares Stimmengewirr. Die beiden
kleinen Mädchen konnten überhaupt nichts sehen außer einer Unmenge verschiedener Beine. Sie ließen sich blind mitziehen, wurden immer wieder getreten und angestoßen, und mehr als einmal hätten sie beinahe Claires Hände verloren. Elizabeth weinte fast vor Angst. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich wieder zu Hause zu sein. Die fremden, lauten Menschen ängstigten sie, zudem fand sie es gar nicht mehr erstrebenswert zu sehen, wie jemand aufgehängt wurde. Samantha jedoch drängelte sich unverdrossen weiter nach vorne. Einmal gab es einen längeren Aufenthalt, als sie nämlich jenen Luke entdeckte, mit dem sie sich verabredet hatte. Luke wirkte ziemlich furchteinflößend. Er ragte riesengroß über die ganze Menge hinaus, war unglaublich breit und hatte wirre Haare und buschige Augenbrauen über schwarzen Augen. Er lachte dröhnend, während er erst Samantha und Claire an seine Brust preßte und dann den Kindern die Hände schüttelte. Er nannte Samantha »Kätzchen«, was sehr passend schien, denn seit sie neben ihm stand, schnurrte sie geradezu.
    Wie sich herausstellte, war Luke wesentlich gutmütiger, als er aussah.
    »Ihr kleinen Würmer seht ja gar nichts«, meinte er zu Joanna und Elizabeth, und ehe beide es sich versahen, hatte er jede auf einen Arm genommen und auf seine Schultern gehoben. Von dort hatten sie eine ungetrübte Aussicht. In der Mitte des Platzes befand sich ein Brettergerüst, das auf vier Beinen stand und zu dem ein paar Treppenstufen hinaufführten. Oben stand hoch aufgerichtet eine breite hölzerne Stange, von deren/Ende aus ein kürzerer Balken in die Luft ragte, von dem herab ein Seil mit einer Schlinge daran hing. Bis dicht an das Gerüst heran drängten sich die Menschen, meist ärmlich gekleidete Leute, aber hier und da waren auch kostbare Stoffe und glitzernder Schmuck zu entdecken. Ellen Lewis’ Bekanntschaften erstreckten sich quer durch alle Schichten und Klassen, ihre Liebhaber waren Bettler ebenso gewesen wie Grafen. Ihre Hinrichtung glich einem gesellschaftlichen Ereignis.
    Rund um den Platz hatte man unzählige Fackeln aufgestellt,
deren Flammen die Winternacht hell erleuchteten, aber sie auch in eine schreckliche Unheimlichkeit stürzten. Der Feuerschein tanzte rötlichgelb über die Gesichter der Menschen und warf vergrößerte, zuckende Schatten auf alle Hauswände.
    Plötzlich wich an einer Stelle die Menge auseinander, man hörte laute Rufe und wildes Geschrei. Elizabeths Augen schmerzten, so weit riß sie sie auf in ihrer Anstrengung, nur ja nichts zu versäumen. Sie sah ein paar Männer, die nun die Stufen zu dem Holzgerüst erklommen, und hörte Samanthas heisere Stimme:
    »Jetzt bringen sie Ellen!«
    Tatsächlich ging zwischen den Männern eine Frau, so klein und zierlich, daß man sie leicht hätte übersehen können. Sie trug einen schmutzigen grauen Rock und ein halbzerrissenes weißes Oberteil, das ihre Schultern und Arme frei ließ. Bis zur Taille fielen ihre honigfarbenen Haare herab, wirr und ungekämmt zwar, aber noch immer üppig gelockt. Elizabeth erkannte scharfe Züge, spitz und verhungert, zurückgesunkene Augen, aber ein unvergleichlich hochmütiges, spöttisches Lächeln um die Lippen.
    »Sie sieht

Weitere Kostenlose Bücher