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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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aus wie immer«, murmelte Claire hingerissen, »nicht einmal der Galgen kann sie einschüchtern.«
    »Jetzt nach vorne stürzen und sie retten«, sagte Luke sehnsüchtig, aber Samantha gab ihm einen Rippenstoß.
    »Verdirb ihr nicht ihren größten Auftritt«, wies sie ihn zurecht. Ellen stand nun direkt unterhalb der Schlinge. Ein Geistlicher trat an sie heran, aber sie sagte etwas zu ihm, was ihn entsetzt zurückweichen ließ. Statt mit ihm zu beten und sich den Segen für ihren letzten Weg geben zu lassen, machte Ellen einen Schritt nach vorne.
    »Freunde!« schrie sie. Ihre Stimme klang rauh und heiser, bewirkte aber, daß in Sekundenschnelle völlige Ruhe auf dem Platz eintrat.
    »Ich danke euch, daß ihr gekommen seid. Wem es jetzt leid tut um die schöne Ellen, den liebe ich, und wer jetzt triumphiert, der soll fortan in der Hölle schmoren! Ich habe verdammt lange in
diesem Drecksgefängnis gesessen und darauf gewartet, daß man mich freikauft. Aber die Reichen vergessen ja so schnell. Dort drüben«, sie wies mit dem ausgestreckten Zeigefinger in eine Richtung, »sehe ich den Earl Marworth. Er war mein letzter... Bekannter!« Alle Blicke folgten ihrem Finger. Einige Leute schienen den Earl zu erkennen und pfiffen ihm anerkennend zu.
    »Nicht zu früh«, schrie Ellen, »der Kerl hatte auch kein Geld für mich im Gefängnis!« Ihr Gesicht nahm einen gehässigen, abstoßenden Ausdruck an.
    »Du bist ein geiziger Hund, Earl!« rief sie ihm zu. »Nicht das kleinste Geschenk habe ich je von dir erhalten! Alle Frauen, die heute hier sind, kann ich nur vor dir warnen. Du bist ein feiger Schwätzer und zu allem Überfluß, mein Schatz, auch noch ein verflucht lausiger Liebhaber!«
    Brüllendes Gelächter toste über den Platz. Luke lachte so sehr, daß die beiden Mädchen sich an seinem Hals festhalten mußten, um nicht hinunterzufallen.
    »Der Earl ist blamiert bis ans Ende seines Lebens«, jauchzte Claire, »ach, Ellen ist herrlich!«
    Ellen genoß den Jubel der Menge zutiefst. Sie lächelte zufrieden, dann trat sie zurück und blieb unterhalb der Schlinge stehen. Ein Henker mit schwarz verhülltem Haupt legte ihr die Schlinge um den Hals. Gelächter und Geschrei waren mit einem Schlag verstummt. Irgendwo seufzte jemand, andere weinten.
    Bis zu diesem Moment hatte Elizabeth keine Minute lang vollkommen begriffen, was dies eigentlich für ein Geschehen war, dem sie gegenüberstand. Alles, was hier passierte, hatte jede Ahnungsfähigkeit in ihr überstiegen. Zum ersten Mal plötzlich wurde ihr klar, daß die lachende, lebendige Frau dort vorne im nächsten Augenblick tot sein würde, daß diese schreckliche Schlinge ihr den Hals zuschnüren und ihren Atem zum Stocken bringen würde. Dazu kamen die Fackeln, der schwarze Himmel, das lähmende Schweigen. Ein entsetzlicher Schrecken durchfuhr sie.
    »Nein!« Sie krallte beide Hände in die Schulter des aufschreienden Luke. »Nein, das dürfen sie nicht! Sie dürfen die arme Ellen
nicht töten! Nein, nein!« Ihre Stimme wurde zum Kreischen. Luke packte ihre Hände.
    »Sei ruhig!« herrschte er sie an. Doch in Elizabeth war bereits Hysterie erwacht. Sie weinte laut, ohne daß irgend jemand das beachtet hätte. Jeder blickte starr nach vorne, wo Ellen totenblaß auf dem Gerüst stand. Und dann geschah es: Ein lauter Schlag war zu hören, ein Aufschrei. Eine Klappe unter Ellen hatte sich plötzlich geöffnet, das Seil straffte sich, und der leblose Körper schwang schwerfällig daran hin und her. Die Menge, infolge des Londoner Lebens abgebrüht und hart im Nehmen, stand wie erstarrt. Elizabeth wurde es entsetzlich übel. Das also ist das Herz des British Empire, dachte sie, und gleich darauf: O Gott, nein, ich kann doch nicht jedesmal ohnmächtig werden! Lukes Schultern befanden sich in solch schwindelerregender Höhe. Ganz, ganz weit unten lag verschwommen der steinerne Boden. Er begann sich zu drehen, rasend schnell, in einem wilden Wirbel, wurde zum dunklen, hohen Himmel, zum Himmel von England und von Louisiana, und Elizabeth verlor jeden Halt und stürzte hinab zu den blitzenden, goldfarbenen Sternen.

6
    Es war diesmal kein bequemes Sofa, auf dem Elizabeth erwachte, sondern ein harter, hölzerner Tisch, an dessen Ende ihre Beine herabhingen. Über ihr verlief eine weißgestrichene, mit Wasserflecken durchsetzte Decke. Elizabeth wußte überhaupt nicht, wo sie war, aber sie kam auch nicht dazu, darüber nachzudenken. Ihr Kopf schmerzte, aber noch viel schlimmer quälte

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