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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Tante Harriet liebe, aber das geht zu weit. Auf Wiedersehen!«
    »Auf Wiedersehen. Viel Spaß.« Joanna blickte der energisch davonschreitenden Gestalt nach. Mit langsamen Schritten begab sie sich in den Salon. Harriet sah ihr matt entgegen.
    »Setz dich zu mir«, bat sie, »erzähle mir etwas!«
    Joanna setzte sich. Sie berichtete von irgendeinem Fest, das sie ein paar Monate zuvor besucht hatte. Sie beobachtete dabei das wächserne Gesicht zwischen den weißen Spitzendecken. Eine Erinnerung stieg in ihr auf, an einen Tag, der lange zurücklag, einen weißverschneiten Januartag, und das Kind Joanna saß an Harriets Bett, und aus dem Saal drangen Musik und Menschenstimmen herauf, genauso lockend wie das Sonnenlicht, das durch den feinen Stoff der Fenstervorhänge fiel. Vor ihr dasselbe elende Gesicht mit den leise pochenden Schläfen, als sei es immer so gewesen und werde für alle Zeiten so sein. Sie vernahm Cynthia am Morgen ihrer Hochzeit, als sie zitternd, aber entschlossen sagte:
    »Ich liebe Mutter, aber wenn ich nicht bald von ihr fortgehe, werde ich noch ganz zu ihrer Pflegerin!«
    »War starrst du so?« fragte Harriet in die Stille. Joanna zuckte zusammen. Sie lächelte entschuldigend.
    »Ich habe nachgedacht«, erklärte sie.
    »Worüber?«
    »Ich weiß nicht genau. Vielleicht über Elizabeth. Ich würde gern wissen, wie ihr Leben verlaufen wird!«
    »Ich glaube, auf ganz gewöhnliche Weise. Sie heiratet Andrew Courtenay, bekommt Kinder und lebt in einem schönen Schloß!«

    »Ich bin nicht sicher, daß sie heiratet.«
    »Aber um Gottes willen, was denn sonst?« rief Harriet entsetzt.
    »Ich weiß nicht.«
    Harriet blickte sie scharf an.
    »Bei dir bleibt sie nicht«, sagte sie leise, »glaub mir, sie verläßt dich!«
    Joanna antwortete nicht. Sie stand auf, trat ans Fenster und blickte hinaus in den blauen Himmel und auf die blühenden Rosen im Hof.
     
     
    Unterdessen war Elizabeth im St.-James-Park angelangt. Die Fahrt in der Kutsche hatte sie noch nicht ganz zu beruhigen vermocht, und als sie ausstieg, funkelten ihre Augen noch, und ihr Gesicht trug einen zornigen Ausdruck. Wie konnte Joanna nur nachgeben!
    Sie blickte sich suchend um, aber in diesem Moment trat Andrew schon auf sie zu. Wie jedesmal, wenn sie ihn sah, schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, daß sie wahnsinnig war, seine Gefühle nicht zu erwidern. Wenn sie es sich richtig überlegte, dann war er wirklich einer der nettesten und hübschesten Männer, die sie je getroffen hatte. Er hatte schöne hellblonde Haare, sehr dunkle Augen und ein schmales Gesicht, seine Gestalt war schlank, und er trug modische Kleidung, ohne dabei aufgeputzt zu wirken. Als er jetzt herankam, lächelte er so freundlich, daß sogar eine wildfremde Frau im Vorübergehen dieses Lächeln unwillkürlich erwiderte.
    »Elizabeth«, sagte er, »wie schön, Sie zu sehen!« Er küßte ihre Hand und blickte sich dann um.
    »Aber wo ist denn Joanna?«
    »Lady Sheridy fühlte sich nicht wohl, daher mußte Joanna bei ihr bleiben. Aber wo ist Edward?«
    »Nun, er hat sich auch nicht wohl gefühlt und blieb daheim.« Andrew lachte. »Welch ein ausgesprochen schöner Zufall«, meinte er.
    »Ja, wirklich. Wollen wir ein wenig durch den Park gehen?«
    Andrew nickte. Elizabeth spannte ihren seidenen Sonnenschirm auf und schritt neben ihrem Begleiter die Wege entlang. Fast alle Leute, die ihnen entgegenkamen, unterhielten sich über Abukir und vor allen Dingen über die aufregende Neuigkeit, die man an diesem Tag in der Times hatte lesen können: daß die Frau eines Offiziers auf Nelsons Schiff, die ihren Mann in den Krieg begleitet hatte, mitten im heftigsten Feuergefecht mit den Franzosen ein Kind geboren hatte, ohne dabei den geringsten Schaden zu nehmen.
    Elizabeth hörte diesmal nicht genau auf die Gesprächsfetzen um sie herum. Ihre Stimmung hob sich nur langsam. Der grüne Park, die warme Luft, die vielen Kutschen und Pferde besänftigten sie, aber trotzdem ärgerte sie sich über Joannas Verhalten. Gleich darauf fragte sie sich, ob sie sich nicht vielleicht wirklich unmöglich benahm und Tante Harriet eigentlich recht hatte. Womöglich durfte sie tatsächlich nicht so kurz nach Phillips Tod in einem bunten Kleid durch einen Park spazieren. Aber eine solche Lebendigkeit erfüllte sie in der letzten Zeit, daß Trauer dagegen kaum ankommen konnte. Sie schämte sich dessen und gelobte im stillen, noch am Abend ein langes Gebet für Phillips Seele zu sprechen.
    Andrew

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