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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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gleichmäßiger und viel weniger verändert. Ihr blondes Haar hatte denselben Seidenglanz wie früher, ihr Gesicht die gleiche humorvolle Ruhe. Sie war nicht halb so schön wie Elizabeth, dafür viel weniger knochig, aber sie hatte auch nicht monatelang so eisern gehungert wie seinerzeit Elizabeth. Über Joanna dachten die Menschen nicht sehr viel nach, aber sie schätzten sie, weil sie der Freundlichkeit ihres Gesichtes trauten und sie für einen völlig verläßlichen Menschen hielten.
    Während Joanna noch auf ihrer Treppe saß, stapfte Belinda zu ihr hinauf und nahm unaufgefordert neben ihr Platz.
    »Rate, wen ich dort unten gesehen habe«, sagte sie kichernd.
    Joanna sah sie verächtlich an.
    »Das weiß ich doch nicht.«
    »Dabei könntest du es leicht raten. Es war Elizabeths Verehrer, Andrew Courtenay.«
    »Na und? Der ist doch oft hier.«
    »Ja, aber ich frage mich doch, was ihn an Elizabeth so reizt. Schließlich wird er einmal einen Grafentitel erben, und Elizabeth... nun, sie ist Amerikanerin...«
    »O Belinda, zeig deinen Neid doch nicht so deutlich«, sagte
Joanna lachend, »du bedauerst ja bloß, daß Andrew Courtenay überhaupt keine Notiz von dir nimmt!«
    Andrew Courtenay stammte aus Devon und war der Sohn des Earl Locksley, der als reich und angesehen galt, weshalb Andrew als der Heiratsfavorit der Saison betrachtet wurde. Er hatte Elizabeth wenige Wochen zuvor bei einem Ball kennengelernt und besuchte sie seither häufig. Elizabeth mochte ihn gern, aber mehr schien er von ihr nicht erwarten zu dürfen, was die Londoner Gesellschaft in maßlose Verwunderung versetzte. Insgeheim argwöhnte man, daß Elizabeth sich bloß so kühl gab, um sie alle eine Weile an der Nase herumführen zu können und hinterher einen besonders glanzvollen Triumph zu feiern.
    »Wo ist eigentlich Edward Gallimore?« erkundigte sich Belinda. »Es sollte mich doch wundern, wenn er heute nicht da wäre!«
    Joanna verzog das Gesicht.
    »Bitte, Belinda«, sagte sie, »erinnere mich nicht an Edward! Ich hoffe, er ist nicht hier. Wahrscheinlich geht er im Hyde Park spazieren und denkt über sein Schicksal nach.«
    Sie hatte Edward Gallimore auf demselben Ball getroffen, auf dem Elizabeth Andrew kennenlernte, nur konnte sie sich mit ihrer Eroberung kaum brüsten. Über Edward, der zu allem Überfluß aus Norfolk stammte, keinen Vater mehr, aber ein ansehnliches Vermögen hatte, tuschelte ganz London. Er galt als verrückt, weil er immer mit sorgenvollem Gesicht herumlief, ständig in schwermütige Gedanken versunken dastand und außerdem angeblich einmal versucht haben sollte, sich das Leben zu nehmen. Joanna war fast sicher, daß dieses Gerücht stimmte, denn sie hatte an den Innenseiten seiner Handgelenke zwei tiefe rote Narben entdeckt, von denen sie sich nicht erklären konnte, woher sie sonst kommen sollten. Sie kam sich selber gemein vor, weil sie oft mit den anderen über ihn lachte, denn insgeheim dachte sie, daß sie ihn in seiner unverständlichen Traurigkeit trösten sollte. Aber dann wieder ärgerte es sie, daß er ausgerechnet zu ihr kam. Irgend etwas in ihrer Ausstrahlung mußte Menschen anziehen, die Schutz suchten, dabei fühlte sie sich weder verpflichtet,
noch war sie bereit, anderen Schutz zu geben. Sie hatte es mit ihrem eigenen Leben schon schwer genug. »Also, wenn Elizabeth Andrew nicht will«, sagte Belinda, »dann soll sie doch...« Sie wurde unterbrochen von einem Mann, der aufgeregt ins Haus stürmte und laut schreiend um Ruhe bat.
    »Still!« rief er. »Eine Neuigkeit! Ich bringe eine große Neuigkeit! «
    Joanna und Belinda erhoben sich und traten näher an das Treppengeländer heran. Das Stimmengemurmel ebbte ab. Deutlich war Harriet zu vernehmen, die sich zittrig an Elizabeth wandte:
    »Wer ist der Herr, der es wagt, die Ruhe dieser Trauerfeier zu stören?«
    »Beruhigen Sie sich, Tante Harriet. Ein Bote, der uns eine Nachricht bringt.«
    Der Mann verneigte sich vor Harriet.
    »Es tut mir leid, Mylady, daß ich hier einfach eindrang. Ich bin ein Diener der Lady Fitheridge.«
    »Ja Robert, was gibt es?« fragte Viola.
    »In allen Straßen wird es verkündet, Mylady. Am ersten August hat Admiral Nelson in Abukir die französische Flotte vernichtend geschlagen!«
    Stille folgte seinen Worten. Alle blickten den Sprecher an. Dieser fuhr aufgeregt fort:
    »Sie haben drei französische Linienschiffe in Brand gesteckt, sechs Linienschiffe gekapert. Admiral Villeneuve war der einzige, der fliehen konnte.

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