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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Sheridys, John unrasiert und ungekämmt, Elizabeth noch immer im Ballkleid und heftig erkältet. Joanna kam im Morgenmantel die Treppe herunter. Sie hatte nicht geschlafen und zitterte vor Erschöpfung. Auf der untersten Stufe blieb sie stehen und starrte ihre Freunde an, als seien es Fremde. John war eine Spur verkatert und machte ein Gesicht, als habe er Kopfschmerzen, Elizabeth blickte ernst, aber sie hatte ein ganz fremdes Leuchten in den Augen. Alle drei schwiegen, weil jede Erklärung überflüssig schien. Erst als Harriet aus einem Nebenzimmer kam, löste sich die Starre der bedrückenden Szene. »Tante Harriet, ich hoffe, Sie haben sich nicht gesorgt«, krächzte Elizabeth. Harriet sah sie aus umschatteten Augen an.
    »Ihr kommt spät«, meinte sie. Sie sah so arglos aus dabei, daß Joanna beinahe gelacht hätte. Wie schwerfällig war ihre Mutter, wie lebensfremd! Jeder Blick, jede Bewegung Elizabeths verrieten doch, was sie getan hatte. Konnte Harriet nie begreifen, was ihr nicht ausdrücklich gesagt wurde?
    In beinahe zynischer Verzweiflung machte sich Joanna zum stummen Beobachter des Geschehens, warf kein einziges Wort ein, ignorierte Elizabeths hilfesuchende Blicke, sah kalt zu, wie die Freundin langsam und stockend bekennen mußte, daß sie John Carmody liebte und daß sie mit ihm zusammenbleiben wollte, weil er sie auch liebte. John sah hilflos und unbehaglich drein. Joanna mußte gegen ihren Willen immer wieder zu ihm hinblicken. Sie haßte ihn so sehr, daß ihr davon fast schlecht wurde. Wie hatte er das tun, wie hatte Elizabeth das zulassen können?
    »Du willst mir mitteilen«, sagte Harriet, »daß Lord Carmody dich heiraten möchte?« Ihr Erschrecken darüber vermochte sie kaum zu verbergen. Joanna las förmlich die Gedanken, die jetzt hinter ihrer Stirn dahinjagten. John Carmody, wie entsetzlich! Phillip hatte ihn nicht ausstehen können. Ein junger Mann mit revolutionären Gedanken, ein leidenschaftlicher Anhänger der Französischen Revolution, der unteren
Klassen, völlig verarmt und verwahrlost, in Halbweltkreisen zu Hause. Aber, und das war das schrecklichste, er durfte Dankbarkeit von den Sheridys erwarten, denn er hatte Cynthia und Anthony zur Flucht verholfen. Hochmut durften sie sich ihm gegenüber nicht erlauben.
    Warte nur, Mutter, dachte Joanna, das Schlimmste kommt noch. Ich würde meinen aristokratischen Kopf dafür verwetten, daß John Carmody nicht daran denkt zu heiraten, weder Elizabeth noch sonst jemanden!
    »Wir wollen eigentlich nicht heiraten«, sagte Elizabeth gequält. In Harriets Augen trat ein hysterisches Flattern.
    »Wie meinst du das, Elizabeth?«
    »Ich komme nicht mit nach Norfolk. Ich bleibe hier. Vielleicht gehen wir auch nach Blackhill. Aber wir möchten ... im Moment noch nicht heiraten!«
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verschwand Harriet in ihrem Schlafzimmer. Sie war am Ende ihrer seelischen Kräfte angelangt und wollte nichts mehr hören und sehen.
    Die nächsten Wochen wurden für alle Beteiligten zur Hölle. Harriet war nach all den Schrecken wegen Cynthia und wegen der Trauer um Phillip nicht mehr in der Lage, Widerstand zu leisten. Voller Panik bedrängte sie Mr. Elmwood, das Haus zu versteigern, und Joanna, so schnell wie möglich alles für ihre Abreise vorzubereiten. Sie fühlte sich zu schwach, um gegen die Schande zu kämpfen, die Elizabeth über die Familie brachte. Ihr blieb nur, vor der Schmach in die Idylle und vollkommene Abgeschiedenheit von Heron Hall zu fliehen.
    Joanna gab nicht so rasch auf. Sie fiel beinahe auf die Knie vor Elizabeth, bettelte, flehte, drohte, weinte, schrie, ohne dabei jemals das Gefühl zu haben, ihre Freundin im Innersten zu berühren. Elizabeth war durch ihre Liebe nicht nur stark, sondern auch für alle anderen unerreichbar. Es war, als verstehe sie kaum, was Joanna eigentlich von ihr wollte. Für sie existierte nichts außer John, sie schlief mit dem Gedanken an ihn ein und wachte mit dem Gedanken an ihn auf.
    Unterdessen zerriß sich London das Maul über die Sheridys.
Einen so herrlichen, köstlichen, wunderbaren Skandal hatte es seit Ewigkeiten nicht mehr gegeben. Obwohl die Stadt im Laster erstickte, bereitete es ein wonnevolles Vergnügen, über die hochmoralische Familie Sheridy herzufallen, die bisher dem Treiben um sie herum angewidert und mit tiefster Verachtung zugesehen hatte. Makellos hatten sie sich stets gebärdet, und nun legten sie gleich zweimal hintereinander das stolze Haupt in den Schmutz. Aus

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