Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
Jahres 1803, hatte England Napoleon Bonaparte den Krieg erklärt, und in den Häfen des Landes machte sich die Flotte bereit, um auf das Kommando der Admiralität hin auszulaufen. Die Bevölkerung jubelte, sollte doch endlich die britische Flagge wieder hoch über allen Meeren flattern und damit dem prahlerischen Auftreten dieses verrückten Franzosen Bonaparte ein Ende gesetzt werden, der ein Jahr zuvor vom Volk zum Konsul auf Lebenszeit gewählt worden war und einen deutlichen Hang zu aggressiver Expansionspolitik zeigte. Der englische Premier Addington hatte zwar erst vor einem Jahr Frieden mit den Franzosen geschlossen, doch heute, fast auf den Tag genau zwölf Monate später, ließ sich dieser Frieden nicht länger bewahren. Jeder halbwegs vorausdenkende Politiker konnte erkennen, daß Bonaparte zu einer Bedrohung für Europa wurde, und es schien besser, seinem Angriff zuvorzukommen. Lord Nelson, der sich 1798 bei der Schlacht von Abukir so groß hervorgetan hatte, wurde beauftragt, eine starke Flotte zusammenzustellen, mit ihr auszufahren und die französischen Kriegsschiffe auf den Meeresgrund zu versenken. Diese Entscheidung des Premiers fiel zum richtigen Zeitpunkt, um die Massen hinter sich zu bringen. Gerade erst hatte man das neue Jahrhundert glanzvoll und freudig begrüßt und fühlte sich ausgerüstet mit aller Hoffnung für ein neues Zeitalter. Das 19. Jahrhundert war noch jung, und warum sollte nicht gleich zu Beginn der Siegeszug Englands eingeläutet werden? Ein für allemal würde Britannien seine Vorherrschaft zur See sichern.
    Unter den vielen Menschen am Hafen stand auch Joanna Sheridy. Sie trug ein neues, hellgrünes Kleid, einen Strohhut mit langer, grüner Feder, und ihr hellblondes Haar glänzte in der Sonne. Sie war inzwischen zweiundzwanzig Jahre alt, wirkte aber älter, verschlossen und strenger als früher. Auf den ersten Blick zeichnete sie sich als Tochter hohen britischen Adels aus, schaute jemand schärfer hin, so konnte er zumindest erkennen, daß dieses Mädchen nicht im sattesten Reichtum lebte. Ein Schneider hätte gesehen, daß ihr nach neuester Mode gearbeitetes Kleid aus einem
aufgetrennten alten gearbeitet war, eine Unmöglichkeit, die jede Dame von Stand weit von sich wies, zwangen nicht die Umstände sie dazu. Ein Finger ihres rechten Handschuhs war gestopft, doch sie hielt ihre Hand so geschickt, daß niemand diese Peinlichkeit erspähen konnte. Zweifellos besaß sie schon eine gewisse Gewandtheit im Überspielen solcher Mängel, doch mußte sie heute besonders achtsam sein, denn dicht an ihrer Seite hielt sich Belinda, und selten entgingen dieser Fehler an anderen Mädchen. Belinda war in den vergangenen Jahren noch hübscher geworden. Wie durch ein Wunder wirkten ihre einst vorstehenden Vorderzähne regelmäßiger, und sie schminkte ihre Augen so geschickt, daß sie sehr groß und sehr blau aussahen. Ihr ebenso einfältiges wie schnippisches Gesicht hatte jedoch, seitdem sie fünfzehn Jahre alt gewesen war, keine Wandlung erfahren.
    Rechts von Joanna Sheridy stand Edward Gallimore, der von den Freunden der Sheridys in Norfolk schon spöttisch als der stete Schatten der jungen Miss Sheridy bezeichnet wurde, denn er folgte dem Mädchen auf Schritt und Tritt. Zur Feier des Tages trug er heute seinen schönsten Zweispitzhut, dazu ein Hemd mit wogender Spitzenfülle und vor Sauberkeit schimmernde Schnallenschuhe, und so sah er denn reichlich geckenhaft aus. Mehr noch als früher neigte er zur Fülligkeit, besonders im Gesicht, aber dadurch verstärkte sich noch der Ausdruck von Gemütlichkeit, den er immer ausstrahlte. Mit gerunzelten Augenbrauen sah er zum Schiff hinüber.
    »Mir gefällt die fröhliche Musik nicht«, bemerkte er, »ich finde, ein Krieg ist kein Grund zum Feiern.«
    »O Edward, warum haben Sie sich dann so hübsch aufgeputzt für einen solchen Anlaß?« fragte Belinda kichernd.
    »Weil ich ihn mit Joanna verbringe«, antwortete Edward tapfer.
    Belinda stieß Joanna an.
    »Man könnte dich um diesen treuen Verehrer beneiden«, sagte sie spöttisch, »er ist zwar der einzige, aber das ist ja besser als gar keiner!«
    Joanna sah sie kalt an.

    »Das war nur Spaß«, murmelte Belinda verlegen. Joannas unverhohlene Verachtung blieb zu ihrem Ärger nie ohne Eindruck auf sie. Sie schwenkte die bauschigen Röcke ihres Kleides und zupfte die Spitzen zurecht, um sich wieder zu sammeln. Dann sah sie Edward unschuldsvoll an.
    »Edward, was muß ich da hören«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher