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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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heute Morgen. Aber ich zeigte es nicht. Man darf sich nichts anmerken lassen. Das gelingt gut. Nachdem wir »jetzt kommt die Zeit der Blüte« gesungen hatten und der Rektor seine Rede gehalten hatte, dass wir den Sommer nutzen und ausgeruht und braun gebrannt aus den Ferien zurückkehren sollten, gingen wir wieder in unser Klassenzimmer. Unser Klassenlehrer ist ganz okay. Er heißt Egon, und das kann kein Spaß sein, so zu heißen, aber er kommt gut damit zurecht. Kaum einer wagt es, sich über ihn lustig zu machen. Er trug ebenfalls ein Hemd, eines mit großem Muster, Schlabberlook, das ihm über die Jeans hing, und das erstaunte uns alle. Egon hat sonst nicht viel für Farben übrig. Und in einem Hemd hatten wir ihn noch nie gesehen. Meist in verwaschenen Pullovern. Eines der Mädchen aus der Klasse hat erzählt, dass er unverheiratet ist. Nicht dass sie jetzt unbedingt auf ihn scharf gewesen wäre, aber das erklärt, warum er aussieht wie ein Komposthaufen. Niemand hat ein Auge darauf, dass er sich ordentlich anzieht. Mir ist das egal, denn er ist fair.
    Dann kamen die Noten. Zum ersten Mal würden wir richtige Noten bekommen. Vorher waren es immer nur Beurteilungen gewesen, und Mama und Papa hatten wie alle einmal im Halbjahr mit dem Lehrer gesprochen und erfahren, dass ich gut zurechtkäme und ein heller Kopf sei. Opa gab damit an, und Papa lag mir damit dann immer in den Ohren. Das Wichtigste sei, dass man einsehe, dass es nichts umsonst gebe, das habe er schon immer gewusst. Er habe sich immer angestrengt, und wir sollten das gefälligst auch tun. Immer danach streben, am besten zu sein. Sonst würde er schon dafür sorgen.
    Ein ewiges Gerede also. Ich müsse einsehen, dass sich nichts im Leben wiederholen lasse. Man müsse die Chance ergreifen, wenn sie sich biete. Behauptete er jedenfalls. Er lag mir auch mit der Frage in den Ohren, warum ich nicht auch in Sport der Beste sei. Man müsse nur genug trainieren, behauptete er. Wie ein Elitesportler. Das habe er auch früher getan. Aber ich glaube, er lügt. Ich habe Großmutter einmal gefragt, und sie hat gesagt, Papa sei keine Sportskanone gewesen. Er sei eigentlich auch in der Schule nur recht mäßig gewesen, hätte dann seine Noten auch noch verbessern müssen, um überhaupt in Deutschland Medizin studieren zu können. Dort hätte man leichter einen Studienplatz bekommen. Aber das würde er nie zugeben. Ich glaube nicht einmal, dass ich es wagen würde, ihn danach zu fragen. Eigentlich spielt es auch keine Rolle, denn er hat wirklich Erfolg gehabt. Er hat das wieder wettgemacht. Und in Deutschland wird man ein genauso guter Arzt, wenn nicht sogar ein besserer. Denn dort verlangten sie mehr von ihren Studenten, sagt Papa. Das Studium in Schweden sei ein Witz.
    Egon sagte, er wolle es kurz machen. Dann rief er uns recht schnell einen nach dem anderen auf. Wir bekamen einen großen Umschlag, und dann verschwanden alle in alle Richtungen. Alle wollten nur noch raus und den Umschlag irgendwo auf dem Schulhof aufmachen. Wir haben Egon schließlich noch ein weiteres Jahr, es war also egal, dass wir uns alle aus dem Staub machten.
    Einige von den Mädchen standen in einer Gruppe, rissen die Zeugnisse aus den Umschlägen und hielten sie so dicht vor das Gesicht, dass niemand etwas sehen konnte. Einige schrien vor Glück, bei anderen war es umgekehrt. Totenstill und kreideweiß. Egon hatte gesagt, dass niemand Einsen bekommen würde, die wollte er sich bis zur letzten, der neunten Klasse aufheben, damit wir uns noch etwas anstrengten. Nur Stellan sollte eine Eins in Sport bekommen, weil er phänomenal war.
    Als ich nach Hause kam, war niemand da. Filippa war bei ihrem Typen oder wie man ihn jetzt nennen soll, er ist zwei Jahre älter als sie. Mama gefällt das nicht, aber Filippa ist nicht aufzuhalten. Sie hat gerade die sechste Klasse abgeschlossen. Aber irgendwie sind sie nicht auf diese Art zusammen.
    Ich legte mich aufs Bett, machte Musik an und begann in dem Stapel mit Comicheften zu blättern. Dann hörte ich Mama ins Haus kommen. Ich zeigte ihr das Zeugnis, und sie lobte mich. Sie kochte Kaffee. Sie hatte Zimtschnecken gekauft, und wir hatten es eine Weile recht gemütlich.
    Papa kam ein paar Stunden später nach Hause. Ich fand, dass er mich selbst nach meinen Noten fragen könnte. Ich hatte nicht vor, sie ihm von mir aus zu zeigen, obwohl es ein gutes Zeugnis war, vermutlich das beste der Klasse, wenn ich das sagen darf, ohne anzugeben. Aber bei ihm weiß

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