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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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man nie. Ich wollte erst einmal sehen, in was für einer Stimmung er war. Das kann recht unterschiedlich sein. Manchmal gut gelaunt. Manchmal das genaue Gegenteil. Man kann es nie wissen.
    Mama war am Herd mit dem Essen beschäftigt. Papa stand mit dem Rücken zu mir, als ich in die Küche kam. Er machte gerade eine Flasche Wein auf.
    »Weißt du, wo Filippa ist?«, fragte er mit dem Rücken zu mir.
    »Nein«, antwortete ich und verschwand auf die Toilette.
    »Hast du wirklich keine Ahnung, wo sie ist?«, beharrte er, nachdem ich die Spülung betätigt hatte und wieder in die Küche gekommen war.
    »Nein.«
    Papa schwieg. Ich hasse es, wenn er schweigt.
    »Mama sagt, dass du ein gutes Zeugnis bekommen hast.«
    Ich nickte.
    »Willst du es mir nicht zeigen?«
    Papa biss die Zähne so fest zusammen, dass die Muskeln seiner Wangen an Bälle erinnerten. Dann zog er den Korken aus der Flasche und goss sich einen Schluck Wein ein.
    »Doch, das kann ich«, sagte ich, ging auf mein Zimmer, hob die Schreibunterlage an und zog den braunen Umschlag hervor.
    Papa faltete das Papier auseinander. Schaute auf die Zahlen. Lange. Mucksmäuschenstill. Mama klapperte hinter ihm am Herd.
    »Das ist doch ein schönes Zeugnis«, sagte sie zu Papa auf diese muntere Art, mit der sie ihn manchmal besänftigen will. Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu.
    Endlich schaute Papa von dem Papier hoch. Er sah mich schweigend an. Seine Ärmel waren hochgekrempelt, daran erinnere ich mich. Seine dunklen Haare an den Unterarmen sträubten sich.
    »Die Einsen fehlen«, sagte er und schlug mit der flachen Hand auf das Papier.
    Was dann passierte, daran will ich mich lieber nicht erinnern.
    Jedenfalls war es mein erstes Zeugnis, und das war hart. Für Papa, meine ich. Ich bin mittlerweile größer als er und bald auch stärker.
    Und ich gelobe es mir noch einmal, dass mir in Zukunft keiner auch nur ein Haar krümmt.
    Wirklich keiner.

Fünfzehntes Kapitel
Freitag, 20. September
    K lara bekam einen warmen Pullover, weil ihre Jacke sehr dünn war. Sie war an den Ärmeln auch etwas zu kurz, im Sommer war sie in die Höhe geschossen. Er fragte sich, ob ihre Schuhe nicht auch zu eng waren. Claesson drückte mit dem Daumen auf das harte und verschrammte Leder der Schuhspitze, spürte die winzigen Zehen jedoch nicht.
    Er stand aus der Hocke auf.
    »Hör mal, Klara, heute kommt Mama«, sagte er und sah auf sie herunter.
    »Maa«, brabbelte Klara.
    »Sie soll mit dir ins Schuhgeschäft gehen und deine Füße dort nachmessen lassen.«
    Bei Gegenwind strampelte er zum Humlan und hoffte, dass Klara nicht fror. Schweigend saß sie auf dem Kindersitz. Er dachte nach. Ein ruhiger Augenblick früh am Tag. Der Kopf noch frei und der Körper ausgeruht.
    Veronika würde am Montag wieder zu arbeiten beginnen. Sie freue sich darauf, behauptete sie. Er freute sich jedenfalls darauf, sie wieder auf der anderen Seite des Küchentisches sitzen zu haben, und darauf, dass sie seinen Nacken küsste, wenn er Zeitung las.
    Cecilia wurde jetzt in die Rehaklinik Orup verlegt. Sie warteten auf den Termin, an dem die nächsten Angehörigen über die Rehabilitierungspläne informiert werden sollten. Veronika hatte durchblicken lassen, dass auch er dazugehöre. Und natürlich ihr Vater Dan Westman und dessen neue Familie, die auch nicht mehr so sonderlich neu war. Vermutlich eine recht große Versammlung. Die Gefühle hinsichtlich Cecilias Rehabilitierung waren gemischt. Es war schwer, sich damit auszusöhnen, dass sie in absehbarer Zukunft nicht vollkommen genesen würde. Vielleicht nie mehr, aber darüber sprach niemand.
    Warum auch den Teufel an die Wand malen?
    Aber dem Teufel war trotzdem nicht zu entrinnen.
    Die ersten qualvollen Tage hatten sie hinter sich. Das Gehirntrauma sei fokal gewesen, hatte der Arzt gesagt. Eine begrenzte Blutung außerhalb der Gehirnhaut, die jedoch die empfindliche Hirnsubstanz ein paar Stunden lang gequetscht hatte, bis man Cecilia gefunden und operiert hatte. Darüber hatten sie immer wieder gesprochen und es besorgten Freunden und Bekannten zu beschreiben und erklären versucht.
    Es hätte also schlimmer kommen können. Das war immer so. Es gab immer noch etwas Schlimmeres. Aber wo war dann die reine Hölle? Der Tod war es doch wohl nicht. Der kam häufig als Befreiung.
    Cecilia konnte sich wieder normal bewegen und hatte keine Schmerzen. Sie war wie früher, erzählte Veronika. Aber sie war unendlich müde und fühlte sich träge, wenn er das Ganze

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