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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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schob sie rasch von sich. Wie ein Windhauch, ein Schulterklopfen und ein Lächeln aus einer anderen Zeit.
    Nina Bodén schien kaum zugehört zu haben. Sie saß reglos da und nickte nicht einmal, als sammle sie Kräfte für etwas.
    »Wie geht es Ihnen denn jetzt?«, fragte Kerstin Malm daher mit leiser Stimme.
    Sie kam frisch vom Friseur, und ihr Haar roch noch intensiv. Das kam ihr unpassend vor. Sie nahm sich vor, sich nicht zu stark vorzubeugen.
    »Man wurstelt sich so durch.«
    Die Antwort war kaum zu hören.
    Sie kannte Frau Bodén kaum, hatte aber trotzdem das Gefühl, dass ihre Trauer etwas Seltsames hatte. Aber vielleicht lag das ja nur an ihrer ganzen Erscheinung. Sie hatte Ringe um die Augen, ihr Pony war eine Idee zu lang – sie hatte wohl nicht die Zeit gefunden, sich die Haare schneiden zu lassen –, und sie ließ mutlos die Schultern hängen. Trotzdem trug sie eine aufrührerisch rote Bluse.
    »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«, fragte Nina Bodén und brach endlich das Schweigen.
    Jetzt kommt’s, dachte Direktorin Malm und wurde etwas nervös.
    »Natürlich, fragen Sie nur«, erwiderte sie milde und beherrscht, um die Angelegenheit hinter sich zu bringen.
    »Was für einen Umgang hatte Jan an der Schule?«
    »Tja, hauptsächlich waren das die Kollegen der naturwissenschaftlichen Fächer, Johansson, Rast, Lillebill …«
    »Danke, das genügt.«
    »Sie kennen sie sicher besser als ich«, meinte Malm beschwichtigend, nachdem ihr Nina Bodén so brüsk ins Wort gefallen war.
    »Ja, einige von ihnen.«
    Direktorin Malm nickte, und ihre Ohrringe, silberne Federn, schwangen hin und her.
    »Aber ich würde gerne wissen, ob er irgendwelche anderen Beziehungen hatte«, fuhr Nina fort, und ihre Wangen überzog jetzt eine leichte Röte.
    Kerstin Malm sah vor ihrem inneren Auge Warnlichter aufleuchten. Sie musste ausgesprochen diplomatisch vorgehen.
    »Davon weiß ich nichts …«
    Sie räusperte sich und versuchte, Zeit zu gewinnen.
    »Ach?«
    »Woran denken Sie?«
    »Sie verstehen schon, was ich meine.«
    Jetzt sah ihr Nina Bodén direkt in die Augen und presste die Lippen zusammen. Und Direktorin Malm, die dem städtischen Gymnasium vorstand, fühlte sich auf einmal wie in einem Kreuzverhör, jedoch mit unsicherer Rollenverteilung.
    »Sie meinen, ob er eine …?«
    Kerstin Malm begriff nicht recht, warum sich dieses eine Wort so schwer aussprechen ließ. »Beziehung« klang zu ungenau, »Geliebte« zu intim, »Affäre« zu abfällig und »außereheliches Verhältnis« zu technisch.
    »Ob er eine andere Frau hatte«, sagte Nina Bodén rundheraus.
    Kerstin Malm schluckte.
    »Aufrichtig gesagt, habe ich keine Ahnung.«
    Sie log. Denn sie hatte ihre Ahnungen, aber eben auch nicht mehr. Sie wusste nichts Bestimmtes. Und ihre Ahnungen bezogen sich auf Verhaltensmuster, die sie bei früheren Geschichten beobachtet hatte. Jan gehörte zu den Männern mit Affären. Ihm hing auch immer noch eine Geschichte mit einer Schülerin nach, aber damals war sie noch nicht Direktorin gewesen. Aber sie erinnerte sich – und die meisten anderen vermutlich auch. Es hatte sich damals aber nichts beweisen lassen, und die Geschichte war im Sande verlaufen. Aber natürlich hatte der Vorfall Jan Bodén wie ein Schatten verfolgt. Solche Geschichten hatte es an den meisten Schulen gegeben, aber mittlerweile gab es zumindest deutliche Vorgaben. Gelegentlich war die Schulverwaltung doch zu etwas gut.
    Ihre Neugier war jedoch geweckt.
    »Wieso glauben Sie das?«
    Ihre Stimme war so vorsichtig, dass sie fast zu stottern begann.
    »Die Polizei hat mir eine Telefonnummer gegeben.«
    Kerstin Malm ahnte, um welche Nummer es sich handelte: »Haben Sie herausgefunden, wem sie gehört?«
    »Sie ergab nichts. Aber ich kenne schließlich auch nicht die richtige Vorwahl«, erwiderte Nina Bodén, und in ihrer Stimme schwang unterdrückter Tatendrang mit. »Ich habe vor, dieser Sache auf den Grund zu gehen«, fuhr sie verbissen fort und trommelte energisch mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte. »Es ist wirklich nicht angenehm, die Betrogene zu sein.«
    Kerstin Malm schluckte. Die Luft bebte bedrohlich. Sie hoffte, dass sich die Frau, die ihr gegenübersaß, wieder abregen würde, jedenfalls allmählich, schon allein ihrer selbst wegen. So viel Wut oder, genauer gesagt, Bitterkeit nützte niemandem, am allerwenigsten, wenn sie sichtbar wurde.
    Andererseits musste sie ihr Recht geben. Es war, gelinde gesagt, immer unangenehm, betrogen zu werden. Das

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