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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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gewesen. Ein strahlendes Lächeln und Wimpern, die zu einem amerikanischen Vorabendserienstar gepasst hätten. Sie hatte sicher ihr Glück gemacht. Und Jensen gegenüber hatte sie nicht sonderlich viel hinzuzufügen gehabt, außer dass sie bedauere, dass die Tasche verschwunden sei, obwohl sie nicht sonderlich traurig wirkte.
    War der Ort, der Putzmittelraum, von Bedeutung? Oder die Tatsache, dass die Tat in einem Krankenhaus verübt worden war? Handelte es sich um eine diffuse oder warum nicht gar eindeutige Symbolik? Oder war es einfach nur ein Zufall gewesen? Jeden Tag sann Jensen darüber nach. Und über die Zahlenkombination. Er hatte sogar seine Frau gefragt, obwohl er das nicht hätte tun dürfen, aber nach vierzig gemeinsamen Jahren wusste er, dass er sich auf sie verlassen konnte.
    Mit Bodén kam er nicht weiter. Er zog seine Jacke an und verließ das Büro.

    Er klingelte bei Kenneth Larsson, der ein Stockwerk unter Emmy im Örnvägen 53 wohnte. Am Vortag war niemand zu Hause gewesen, aber jetzt waren hinter der Tür leise Schritte zu hören.
    Der Mann, der öffnete, sah gesund und fit aus. Er war um die fünfzig und trug ein schwarzes T-Shirt und schwarze Boxershorts, als wollte er zum Training. Er hatte nur Strümpfe an den Füßen. Auch diese waren schwarz. In der Diele stand eine gepackte Trainingstasche.
    Ohne zu zögern, ließ er Gillis Jensen ein.
    »Ich habe keine festen Arbeitszeiten. Deswegen war ich gestern auch nicht zu Hause. Ich wollte mich auch gerade auf den Wegmachen …«
    »Haben Sie Zeit?«
    »Natürlich. Ich kann auch später zum Training gehen.«
    »Wo gehen Sie da hin?«
    Gillis Jensen stellte gern immer erst ein paar allgemeine Fragen, es war ihm eigentlich vollkommen gleichgültig, wo Larsson seinen Schweiß vergoss.
    »In die Gerdahalle.«
    »Da gehen viele hin.«
    »Bei meinen unregelmäßigen Arbeitszeiten ist die Gerdahalle ideal. Es gibt immer irgendein Training, an dem ich teilnehmen kann.«
    Anfangs unterhielten sie sich in der Diele, begaben sich dann aber in die Küche und nahmen auf zwei Stühlen Platz. Ein Tisch war nicht vorhanden. Gillis Jensen ignorierte dieses Detail. Er versuchte, es zu vermeiden, auf die behaarten Oberschenkel des Mannes zu starren.
    »Wirklich bedauerlich, dass sie tot ist«, meinte Kenneth Larsson. Seine Stimme klang aufrichtig.
    »Kannten Sie sie?«
    »Nicht wirklich. Sie wohnt erst seit ein paar Wochen hier. Sie besaß keinen Mietvertrag. Das ist recht üblich bei den Studenten. Wir grüßten uns im Treppenhaus. Nettes Mädchen.«
    Jensen sah ihn an, und Larsson errötete.
    »Sie wohnen alleine?«
    »Ja, allerdings. Aber … da war was unlängst abends. Etwa um Mitternacht«, sagte er und strich sich mit beiden Händen über die Oberschenkel, als könne er nicht still sitzen. »Ich lande immer vor dem Fernseher, wenn ich weiß, dass ich nicht aufstehen muss. Eine verdammt schlechte Angewohnheit … jedenfalls saß ich da und glotzte, als ich jemanden vor dem Fenster rufen hörte. Mein Fenster stand offen, da es recht warm war, also schaute ich raus und …«
    Die geschickt gewählte Pause wirkte wie ein starkes Abbremsen. Gillis Jensen starrte auf Larssons Lippen. Er wartete gehorsam auf die Fortsetzung. Aber es kam keine.
    »Und?«, drängte er.
    »Unten stand ein Mann.«
    Er sprach geradezu in Zeitlupe. Die Spannung stieg weiter. Gillis hatte ein gutes Gefühl. Das hier wird schnell gehen, dachte er, vorausgesetzt, der Mann lügt nicht.
    »Ein Mann?«
    »Ja.«
    Larsson hatte Kautabak unter der Oberlippe. Er blinzelte mit den Augen.
    »Jetzt wollen Sie natürlich wissen, ob ich den Mann genauer beschreiben kann.«
    Kenneth Larsson schloss die Augen, als versuchte er, sich das Bild ins Gedächtnis zurückzurufen. Jensen sah, dass sich der Tabak schwarz zwischen seinen Zähnen verfangen hatte.
    »Nach meiner Einschätzung war er recht jung. Aber ich kann mich auch irren.«
    Er saß immer noch mit geschlossenen Augen da.
    »Jung?«
    »Tja, vielleicht so um die fünfundzwanzig oder dreißig. Die Stimme klang jedenfalls jung. Es war dunkel draußen, ich wage also nicht, mehr zu sagen.«
    Er presste die Lippen zusammen und öffnete wieder die Augen.
    »Sie sagten, Sie hätten vor dem Fernseher gesessen«, fuhr Jensen fort.
    »Ja.«
    »Und wo steht der?«
    Sie erhoben sich und gingen ins Wohnzimmer. Es handelte sich um eine Zweizimmerwohnung, deren Grundriss mit der darüberliegenden, in der Emmy Höglund tot aufgefunden worden war, übereinstimmte.

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