Verdacht auf Mord
Therese-Marie Dalin unterhalten. Ziemlich ausgiebig«, fuhr Mårtensson fort.
»Und wie war sie?«, fragte Swärd neugierig.
»Sie war natürlich immer noch verstört. Es wird sicher lange dauern, bis sie sich wieder gefasst hat.«
»Das kann man sich vorstellen«, meinte Jensen. »Vielleicht ist da ja jemand dabei, der nicht in diese Gesellschaft gehört.«
Claesson fuhr. Louise Jasinski trug eine Sonnenbrille, obwohl das Licht hinter den Wolken matt graugelb war. Ein Tiefdruckgebiet sei von Westen im Anzug, erläuterte eine Stimme aus dem Autoradio.
»Mit anderen Worten: Regen«, sagte sie. »Jetzt fängt das mit den Gummistiefeln und den Regensachen wieder an.«
Er fuhr Richtung Skeppsbron.
»Mal sehen, was du von ihr hältst«, sagte er leise.
Sie waren auf dem Weg zu Nina Bodén. Sie hatten sich mit ihr verabredet.
»Ich verstehe nicht, dass sie meinen letzten Besuch so in den falschen Hals gekriegt hat. Schließlich hat sie mich geradezu bekniet, mich mit der Sache zu befassen.«
»Wahrscheinlich geht es wie meistens um etwas ganz anderes. Vielleicht um den Sohn, Angst, Trauer und ein schlechtes Gewissen, alles bunt durcheinandergemischt.«
Er hatte sich inzwischen wieder einigermaßen gefangen.
»Ich glaube, sie besitzt ein Motiv«, meinte er.
»Ach?«
»Eifersucht.«
Louise verkniff sich einen Kommentar. Dieses Thema berührte sie persönlich.
»Und Leidenschaft.«
Sie starrte ihn an.
»Inwiefern?«
»Ich glaube, dass beide ein Verhältnis hatten.«
»Das ist nichts Ungewöhnliches.« Ihre Stimme war staubtrocken.
Louise ist verbittert, sie muss aufpassen, dachte Claesson.
»Sie hatten Gütertrennung vereinbart. Es geht zwar nicht um ein größeres Vermögen, aber doch um eine ordentliche Summe. Das Haus gehört beiden, aber das Vermögen und das Sommerhaus auf Gotland nur ihm. Obwohl eine Scheidung vermutlich einfacher gewesen wäre, als ihn gleich totzuschlagen, wenn sie es nun auf sein Geld abgesehen hatte.«
»Nicht unbedingt. Mit Toten ist leichter umzugehen als mit Leuten, die einen sitzenlassen. Außerdem hat man nachher einen besseren Status. Witwe zu sein ist besser, als sitzengelassen zu werden«, sagte sie unwirsch.
»Nun gut.« Claesson seufzte. »Aber sie kann den Mord rein praktisch nicht begangen haben.«
»Aber sie könnte einen Strohmann geschickt haben.«
»Hm.«
»Ihr Liebhaber. Wie ist es mit dem?«
»Weiß nicht. Ich habe da nur so Vermutungen. Ich weiß eigentlich auch gar nicht sicher, ob es einen gibt, und noch viel weniger, wer er ist.«
Aber jetzt ging es ihnen um etwas anderes.
Nina Bodén wirkte etwas munterer. Sie hatte nicht mehr so tiefe Ringe unter den Augen und schien sich außerdem die Zeit genommen zu haben, zum Friseur zu gehen. Auch an diesem Tag trug sie dunkle Hosen, dazu jedoch eine rosa Bluse.
Sie trippelte. Kurze, fast schwebende Schritte. Claesson fand furchtsame Frauen unheimlich. Hinter der zarten Fassade verbarg sich oft ein Wille aus Stahl.
Sie nahmen wieder im Wohnzimmer Platz. Sie musterte Louise Jasinski und verstand natürlich, warum diese mitgekommen war. Die Polizistin schien sie jedoch zu irritieren. Kommissar Claesson betrachtete sie mit größerem Zutrauen. Offenbar entschied sie sich für eine Seite. Spannung lag in der Luft.
Es wurde auch nicht besser davon, dass Louise Jasinski das Gespräch eröffnete.
»Wir interessieren uns nur für Dinge, die für die Aufklärung des Mordes an Ihrem Mann von Bedeutung sind. Manchmal lohnt es sich zurückzublicken.«
»Ach?«
Nina Bodén betrachtete sie mit glaskugelkaltem Blick.
»Ihr Mann wurde verdächtigt, Umgang mit einer jungen Frau, genauer gesagt, einer Schülerin gepflegt zu haben, deren Namen wir gerne wüssten.«
Louise vermied bewusst das Wort »Affäre«, weil nie etwas bewiesen worden war.
»Das ist mir vollkommen neu«, schnappte Nina Bodén.
»In Ordnung«, meinte Claesson und erhob sich sofort. »Dann bedanken wir uns.«
In der Diele gab sie auf.
»Es war eine furchtbare Zeit.«
Sie wandte sich an Claesson. Louise hielt sich im Hintergrund.
»Ja«, sagte er nickend.
»Das war reiner Rufmord. Ich weiß, dass er unschuldig war. Das waren nichts anderes als die Fantasien einer jungen Frau, die vollkommen außer Kontrolle geraten waren.«
Sie errötete bis hinab zur ordentlich geknöpften Bluse.
»Ihr Name ist Melinda Selander«, sagte Claesson. »Das stimmt doch?«
Nina Bodén nickte.
Der Junge
S ie ist nicht wie die anderen.
Ich sage es leise vor
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