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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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mich hin.
    Sie ist verdammt noch mal keinesfalls wie die anderen.
    Und sie ist die Einzige, die mich mit diesem Blick bedacht hat. Abgrundtief und geheimnisvoll. Glühend wie eine Schweißflamme. Ich tue alles für diesen Blick.
    Auch die Kleider, die sie trägt, sind andersartig. Schwer zu sagen, ob sie bloß vorsichtig ist oder ob es ein bewusster Stil ist, an dem sie arbeitet. Ich kenne mich mit so etwas gar nicht aus. Sie sieht ein bisschen aus wie Mama auf alten Fotos. Lange Röcke und knappe Jacken und weich herabfallendes Haar. Kein knalliges Rosa oder Glitzerzeug, wie Filippa es schätzt. Und keinerlei Schminke. Sie ist sie selbst und dabei ungemein natürlich.
    Nach den Sommerferien erschien sie in einer weißen Bluse, die so dünn war, dass man ihre Brustwarzen sehen konnte. Als sie die ersten Kommentare hörte, zog sie sich ein kurzes Samtjäckchen über. Ihre weißen Wangen wurden von einem leichten Rosa überzogen, das einzige Anzeichen dafür, dass es ihr unbehaglich war.
    Sie ist ein ganz besonderes Wesen. Still, aufrecht, schmal und mit langem Haar, das über den Rücken herabhängt. Wie eine Elfe. Oder wie Goldlöckchen mit ihrem wallenden Engelshaar. Ich muss ständig an sie denken.
    In der Klasse höre ich manchmal, wie die Jungs unken, sie sei ziemlich lahm, ängstlich und habe keine Einfälle. Und hässlich. Kein Make-up. Still, geradezu unsichtbar, aber ich sehe sie deutlich.
    Besonders ihre zurückhaltende Art finde ich berauschend. Sie ist schüchtern. Es ist, als hätte ich sie ganz für mich allein. Und dass die anderen Jungs über sie reden, erfüllt mich mit Stolz. Aber gleichzeitig auch mit Wut. Sie haben kein Recht, sie anzufassen. Nicht einmal mit Worten. Und sie ist keine Null. Sie ist das klügste Mädel der Klasse.
    Ich glaube, sie wusste ganz genau, was sie tat, als sie ihr kleines Köpfchen zur Seite neigte und zu mir hochschaute. Die Anmache war ganz eindeutig. Sie hatte mich und niemand anders auserwählt, und bereits beim ersten Versuch hatte sie mich am Haken. Ansonsten ist sie vorsichtig, es ist gar nicht ihre Art herumzuflirten, sie zieht sich eher zurück. Außer mir gegenüber. Sie öffnet sich mir. Wie eine Knospe, die aufgeht. Wir können über fast alles reden. Aber so ist sie nur in meiner Gegenwart, da bin ich mir ganz sicher.
    Sie geht auch immer alleine, und zwar aus freien Stücken, genau wie ich. Die anderen Mädchen beobachten sie verstimmt. Sie ist klüger als sie und kein Busenwunder. Sie sind wahrscheinlich eifersüchtig, fühlen sich banal und dumm. Ganz einfach minderwertig. Sie schließt sie aus ihrem Leben aus, und das ärgert sie natürlich. Sie will so bald wie möglich die Stadt verlassen, hat sie gesagt. In einen größeren Ort, an dem sie sich entfalten kann. Sie und ich, wir haben hinsichtlich der Zukunft die gleichen Vorstellungen. Wir wollen ein bisschen mehr als die anderen. Nicht stecken bleiben. Ihr konnte ich meinen Plan anvertrauen. Dass ich Arzt werden will. Es stellte sich heraus, dass sie den gleichen Berufswunsch hegt. Wir sind uns sehr ähnlich, wir zwei.
    Wir hatten die Angewohnheit, zum Jachthafen beim Corallen hinunterzuradeln und dann auf den Felsen weit draußen am Wasser spazieren zu gehen. Nie zuvor bin ich so nahe neben jemandem hergegangen. Und nie zuvor habe ich jemandem erlaubt, meine Hand zu ergreifen.
    Aber mit ihr war es schön. Und kein bisschen lächerlich.
    Wir beschlossen, niemals in der Schule zusammen gesehen zu werden, und an diese Abmachung haben wir uns strengstens gehalten. Niemand anderes darf etwas erfahren. Wir sind etwas Besonderes, intensiver als andere. Niemand darf sich einmischen.
    Ich für meinen Teil bin recht froh darüber, dass sie nicht darauf gedrungen hat, zu mir nach Hause zu kommen. Vielleicht geht das ja später mal, aber vorher müssen Filippa und ich uns ordentlich ins Zeug legen und richtig sauber machen. Ich habe ein eigenes Zimmer, aber im ganzen Haus herrscht ein ziemliches Durcheinander, seit Mama die Biege gemacht hat. Keiner von uns hat die Kraft aufzuräumen. Der Alte ist unter der Woche nur selten zu Hause. Und an Wochenenden auch kaum. Wichtige Aufträge, behauptet er. Mir ist es vollkommen egal, was er so treibt. Es ist angenehm, ihn los zu sein. Filippa ergeht es offenbar ebenso. Sie kümmert sich um ihr eigenes Zeug.
    Mit den Schlägen ist Schluss. Der Alte lässt mich in Ruhe. Aber er lässt uns nicht los, weder Filippa noch mich.
    Mama ruft manchmal aus Göteborg an. Sie will

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