Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Badminton-Training war und so was. Woher wussten die überhaupt, dass ich Badminton spiele? Ich hatte nicht mal meinen Schläger dabei.«
Ishigami vermutete, dass Kusanagi den Schläger in YasukosWohnung gesehen hatte. Die Beobachtungsgabe des Kommissars war nicht zu unterschätzen.
»Was sollen wir jetzt tun?« Yasuko war wieder am anderen Ende der Leitung.
»Nichts. Alles in Ordnung.« Ishigami verlieh seiner Stimme Festigkeit, um sie zu beruhigen. »Es läuft alles nach Plan. Ich vermute, die Kommissare werden bald wieder auftauchen, aber wenn Sie sich an meine Anweisungen halten, haben Sie nichts zu befürchten.«
»Vielen Dank, Herr Ishigami. Sie sind unsere einzige Rettung.«
»Nur noch etwas Geduld, bald ist alles vorbei. Also dann.«
Als Ishigami auflegte und seine Telefonkarte herauszog, bereute er den letzten Satz. Es war verantwortungslos von ihm zu behaupten, dass bald alles vorbei sein würde. Was hieß ›bald‹ denn konkret? Er sollte nicht von Dingen reden, die er nicht präzisieren konnte. Immerhin stimmte es, dass alles nach Plan verlief. Er hatte geahnt, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die Polizei herausfand, dass Togashi auf der Suche nach Yasuko gewesen war. Deshalb hatte er beschlossen, ein Alibi zu konstruieren. Auch damit, dass die Polizei das Alibi in Zweifel ziehen und sich Misato vornehmen würde, hatte er gerechnet. Wahrscheinlich hatte man gehofft, das Alibi durch eine Befragung des Mädchens zum Einsturz zu bringen. Er hatte die nötigen Vorkehrungen getroffen, aber vielleicht sollte er jetzt noch einmal genau prüfen, ob er nicht doch etwas übersehen hatte.
Als Ishigami wieder nach Hause kam, stand ein Mann vor seiner Tür. Er war ziemlich groß und trug einen dünnen, schwarzen Mantel. Wahrscheinlich hatte er Ishigami auf der Treppe gehört, denn er blickte ihm entgegen. Seine Brillengläser funkelten.
Noch ein Kommissar, dachte Ishigami zuerst. Nein, revidierte er seine Vermutung sofort. Die Schuhe des Mannes sahen zu gepflegt und neu aus. Argwöhnisch ging Ishigami auf ihn zu.
»Ishigami?« Der Mann lächelte.
Ishigami stutzte. Das Lächeln kam ihm bekannt vor. Er schnappte nach Luft, und seine Augen weiteten sich vor Staunen. »Manabu Yukawa?«
Lebhaft stiegen alte Erinnerungen in ihm auf. Über 20 Jahre war das jetzt her.
Kapitel 6
Wie immer an diesem Tag war der Hörsaal außergewöhnlich leer. Etwa 100 Studenten hatten darin Platz, aber momentan hielten sich nicht mehr als 20 darin auf. Die meisten saßen in der letzten Reihe, damit sie sich gleich nach der Überprüfung der Anwesenheit, heimlich verdrücken konnten, um an ihren Projekten zu arbeiten.
Nur sehr wenige der Doktoranden wollten Mathematiker werden. Wahrscheinlich war Ishigami sogar der einzige. Diese Veranstaltung über die historischen Hintergründe der angewandten Physik war nicht gerade beliebt bei den Studenten. Nicht einmal Ishigami war besonders interessiert an der Vorlesung, dennoch saß er stets auf dem zweiten Platz von links in der ersten Reihe. Dort oder auf dem nächsten verfügbaren Platz saß er in jeder Veranstaltung und in jedem Raum. Er setzte sich nie in die Mitte, weil er glaubte, von der Seite einen objektiveren Blick zu haben. Schließlich konnte selbst der hervorragendste Professor nicht immer recht haben.
Meistens saß er dort ziemlich allein auf weiter Flur, aber heute hatte sich ausnahmsweise ein Student direkt hinter ihm niedergelassen, wenn auch Ishigami keine Notiz von ihm nahm. Er hatte noch zu tun. Er zog ein Heft hervor und widmete sich der Aufgabe darin.
»Aha, ich sehe, du bist ein Anhänger von Erdős.«
Zuerst war Ishigami gar nicht bewusst, dass die Bemerkung an ihn gerichtet war. Doch dann sah er interessiert auf, weil der andere den Namen Erdős erwähnt hatte. Er wandte sich um.
Hinter ihm saß, das Kinn in die Hand gestützt, ein junger Mann mit schulterlangem Haar und offenem Hemdkragen. Ishigami kannte ihn vom Sehen, wusste aber nur, dass er Physik als Hauptfach studierte.
Gerade als Ishigami dachte, dass der Langhaarige nicht der sein konnte, der ihn angesprochen hatte, machte dieser eine weitere Bemerkung. Das Kinn hatte er noch immer in die Hand gestützt, als er sagte: »Mit Papier und Bleistift stößt du bald an deine Grenzen. Aber einen Versuch ist es immerhin wert.«
Verblüfft nahm Ishigami zur Kenntnis, dass es sich um die gleiche Stimme handelte.
»Du weißt, was ich hier mache?«
»Ich wollte nicht neugierig sein, aber
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