Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
bemerkt.«
Die Freundin hieß Mika Ueno. Misato hatte ihr tatsächlich am 12. März erzählt, dass sie mit ihrer Mutter im Kino gewesen sei. Da Mika den Film auch gesehen hatte, hatten die beiden Mädchen sich länger darüber ausgetauscht.
»Seltsam, dass Misato ihrer Freundin erst zwei Tage später davon erzählt hat«, sagte Yukawa.
»Findest du auch, oder? Eigentlich wäre es doch normal gewesen, gleich am nächsten Tag davon zu erzählen. Deshalb kam mir der Gedanke, dass sie den Film vielleicht erst am 11. gesehen haben.«
»Wäre das möglich?«
»Ganz auszuschließen ist es nicht. Die Verdächtige arbeitet bis sechs, und wenn die Tochter direkt nach ihrer Badminton-AG aufgebrochen ist, hätten sie es noch in die Sieben-Uhr-Vorstellung schaffen können. Was sie, wie sie behaupten, am 10. getan haben.
»Die Tochter ist in einer Badminton-AG?«
»Als ich das erste Mal dort war, sah ich ihren Schläger in der Wohnung und wusste gleich Bescheid. Diese Badminton-Sache stört mich irgendwie. Das ist ja ein anstrengender Sport. Und auch wenn sie schon in der achten Klasse ist, müsste sie danach ziemlich erledigt sein.«
»Nicht, wenn sie eine Drückebergerin ist wie du«, sagte Yukawa, während er ein Stück Konnyaku mit Senf bestrich. Sie aßen O-den, ein winterliches Eintopfgericht.
»Unterbrich mich nicht. Was ich sagen will, ist –«
»Dass es eher ungewöhnlich für ein Schulmädchen ist, nach dem Sport ins Kino zu gehen und dann auch noch bis spät zum Karaoke – stimmt’s?«
Kusanagi sah seinen Freund erstaunt an. Genau das hatte er sagen wollen.
»Dennoch ist es nicht völlig unwahrscheinlich. Sie ist ja ein gesundes junges Mädchen, oder?«
»Ja, schon, aber ziemlich dünn. Sie wirkt nicht gerade kräftig.«
»Vielleicht war ihr Training an dem Tag nicht so anstrengend. Außerdem hat es sich doch bestätigt, dass sie am 10. in der Karaoke-Bar waren, oder?«
»Ja.«
»Um wie viel Uhr sind sie dort angekommen?«
»Um 21 Uhr 40.«
»Die Mutter hat bis 18 Uhr in dem Bento-Laden gearbeitet. Wenn der Mord in Shinozaki begangen wurde, hätten sie insgesamt zwei Stunden Zeit dafür gehabt und wären immer noch rechtzeitig beim Karaoke gewesen. Unmöglich ist das also nicht.« Seine Stäbchen noch in der Hand verschränkte Yukawa die Arme. Kusanagi sah seinen Freund scharf an und überlegte, wann er ihm erzählt hatte, dass die Verdächtige in einem Bento-Geschäft arbeitete.
»Sag mal, warum interessierst du dich plötzlich so für den Fall? Du nimmst doch sonst nicht so viel Anteil an meinen Ermittlungen.«
»Interesse würde ich es nicht nennen. Es macht mir nur Spaß, an wasserdichten Alibis zu kratzen.«
»So wasserdicht ist es gar nicht, nur schwer zu überprüfen.«
»Aber ihr habt nichts gegen die Verdächtige in der Hand, oder?«
»Stimmt, allerdings haben wir momentan auch keine anderen Verdächtigen. Außerdem trifft es sich einfach zu gut, dass sie ausgerechnet an dem Abend zufällig im Kino und beim Karaoke waren.«
»Ich verstehe, was du meinst. Aber vielleicht solltest du dein Augenmerk mal auf etwas anderes richten als ihr Alibi.«
»Du brauchst mir meine Arbeit nicht zu erklären. Wir sind schon dabei, uns um die Hintergründe zu kümmern.« Kusanagi zog eine Fotokopie aus seiner Manteltasche und breitete sie auf dem Tisch aus. Es war die Zeichnung eines Mannes.
»Wer ist das?«
»Das Opfer, als es noch am Leben war. Einige unserer Männer fragen am Bahnhof Shinozaki herum, ob ihn jemand gesehen hat.«
»Da fällt mir ein – die Kleidung des Mannes ist doch nur teilweise verbrannt? Er trug eine dunkelblaue Jacke, einen grauen Pullover und eine schwarze Hose, ja? So etwas trägt doch beinahe jeder Zweite.«
»Du sagst es. Anscheinend gibt es massenhaft Leute, die glauben, einen ähnlichen Mann gesehen zu haben. Wir wissen kaum, wo wir anfangen sollen.«
»Also haben sich bis jetzt noch keine verwertbaren Informationen ergeben?«
»Eigentlich nicht. Eine Frau sagt beispielsweise, sie hätte einen Mann wie ihn in der Nähe des Bahnhofs herumlungern sehen. Eine Büroangestellte auf dem Heimweg. Sie hat sich gemeldet, nachdem sie eins der Plakate gesehen hat, die wir im Bahnhof angebracht haben.«
»Immerhin etwas. Vielleicht kommt noch etwas Genaueres heraus, wenn ihr sie befragt.«
»Das haben wir auch ohne deine wertvollen Ratschläge sofort gemacht. Aber es scheint sich nicht um das Opfer gehandelt zu haben.«
»Warum nicht?«
»Erstens hat sie ihn nicht in
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